pse_268.001 damit Motive, Gehaltsträger oder bestimmte Formgebilde pse_268.002 gemeint, die sich wiederholen.
pse_268.003 Verwandt damit sind schon Formen, die für Einleitungen pse_268.004 oder Anfänge üblich werden, also Gliederungstopoi: Musenanrufe, pse_268.005 Aufforderung zur Rückkehr zu etwas, was man pse_268.006 früher beiseite gelassen hat.
pse_268.007
Aber saget vor allem, was jetzt im Hause geschieht.
pse_268.008 "Hermann und Dorothea"pse_268.009
Das kann so weit führen, daß der Dichter die Gliederung zu pse_268.010 diskutieren beginnt, sie dadurch problematisch macht, aber pse_268.011 zugleich betont. Th. Mann tut das manchmal.
pse_268.012 Der Ausdruck "Leitmotiv" stammt aus der Musik, wird pse_268.013 aber auch für Motive in der Dichtung verwendet, die durch pse_268.014 wiederholtes Auftreten gliedernd wirken. In Otto Ludwigs pse_268.015 "Zwischen Himmel und Erde" wischt sich Apollonius immer pse_268.016 die Staubfäserchen vom Rock; in Ludwigs "Heiteretei" sagt pse_268.017 ein ängstlicher Schneider jedesmal, wenn er vor seiner bösen pse_268.018 Stiefmutter aus dem Hause flüchtet: "Respekt muß sein im pse_268.019 Hause." Zu diesen Leitmotiven kann man auch die stehenden pse_268.020 Beiwörter rechnen; besonders bekannt sind sie aus Homer: pse_268.021 die kuhäugige Hero, der listenreiche Odysseus, der schnellfüßige pse_268.022 Achill usw. Dadurch wird immer das gleiche Bild von pse_268.023 der Gestalt vorgestellt, sie wird immer als dieselbe betont pse_268.024 und damit immer ein klarer Punkt in der Erzählung erreicht. pse_268.025 Tiefer führt schon, wenn Storm den Titel "Aquis submersus" pse_268.026 in der Novelle immer häufiger gegen Ende wiederholt, bis pse_268.027 es endlich ein Symbol für das ruhmlose Versinken des Malers pse_268.028 wird.
pse_268.029 Damit stoßen wir neuerdings auf das Symbol, hier nun pse_268.030 aber in seiner tiefsten und entscheidendsten Bedeutung für pse_268.031 die Dichtung. Was wir früher vom sprachlichen Symbol pse_268.032 gesagt haben, gilt auch für weitere Formen des Symbols; also pse_268.033 für bestimmte auffällige Handlungsteile, Motive, Bildgruppen, pse_268.034 Aufbauformen und auch Personen.
pse_268.035 Das Eigenartige am echten dichterischen Symbol ist, daß pse_268.036 es erst im Schaffen des Dichters entsteht, daß es erst im Lauf pse_268.037 des Werkes dazu wird. Dadurch, daß der Dichter im Gegenstand,
pse_268.001 damit Motive, Gehaltsträger oder bestimmte Formgebilde pse_268.002 gemeint, die sich wiederholen.
pse_268.003 Verwandt damit sind schon Formen, die für Einleitungen pse_268.004 oder Anfänge üblich werden, also Gliederungstopoi: Musenanrufe, pse_268.005 Aufforderung zur Rückkehr zu etwas, was man pse_268.006 früher beiseite gelassen hat.
pse_268.007
Aber saget vor allem, was jetzt im Hause geschieht.
pse_268.008 »Hermann und Dorothea«pse_268.009
Das kann so weit führen, daß der Dichter die Gliederung zu pse_268.010 diskutieren beginnt, sie dadurch problematisch macht, aber pse_268.011 zugleich betont. Th. Mann tut das manchmal.
pse_268.012 Der Ausdruck »Leitmotiv« stammt aus der Musik, wird pse_268.013 aber auch für Motive in der Dichtung verwendet, die durch pse_268.014 wiederholtes Auftreten gliedernd wirken. In Otto Ludwigs pse_268.015 »Zwischen Himmel und Erde« wischt sich Apollonius immer pse_268.016 die Staubfäserchen vom Rock; in Ludwigs »Heiteretei« sagt pse_268.017 ein ängstlicher Schneider jedesmal, wenn er vor seiner bösen pse_268.018 Stiefmutter aus dem Hause flüchtet: »Respekt muß sein im pse_268.019 Hause.« Zu diesen Leitmotiven kann man auch die stehenden pse_268.020 Beiwörter rechnen; besonders bekannt sind sie aus Homer: pse_268.021 die kuhäugige Hero, der listenreiche Odysseus, der schnellfüßige pse_268.022 Achill usw. Dadurch wird immer das gleiche Bild von pse_268.023 der Gestalt vorgestellt, sie wird immer als dieselbe betont pse_268.024 und damit immer ein klarer Punkt in der Erzählung erreicht. pse_268.025 Tiefer führt schon, wenn Storm den Titel »Aquis submersus« pse_268.026 in der Novelle immer häufiger gegen Ende wiederholt, bis pse_268.027 es endlich ein Symbol für das ruhmlose Versinken des Malers pse_268.028 wird.
pse_268.029 Damit stoßen wir neuerdings auf das Symbol, hier nun pse_268.030 aber in seiner tiefsten und entscheidendsten Bedeutung für pse_268.031 die Dichtung. Was wir früher vom sprachlichen Symbol pse_268.032 gesagt haben, gilt auch für weitere Formen des Symbols; also pse_268.033 für bestimmte auffällige Handlungsteile, Motive, Bildgruppen, pse_268.034 Aufbauformen und auch Personen.
pse_268.035 Das Eigenartige am echten dichterischen Symbol ist, daß pse_268.036 es erst im Schaffen des Dichters entsteht, daß es erst im Lauf pse_268.037 des Werkes dazu wird. Dadurch, daß der Dichter im Gegenstand,
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damit Motive, Gehaltsträger oder bestimmte Formgebilde pse_268.002
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Verwandt damit sind schon Formen, die für Einleitungen pse_268.004
oder Anfänge üblich werden, also Gliederungstopoi: Musenanrufe, pse_268.005
Aufforderung zur Rückkehr zu etwas, was man pse_268.006
früher beiseite gelassen hat.
pse_268.007
Aber saget vor allem, was jetzt im Hause geschieht.
pse_268.008
»Hermann und Dorothea«
pse_268.009
Das kann so weit führen, daß der Dichter die Gliederung zu pse_268.010
diskutieren beginnt, sie dadurch problematisch macht, aber pse_268.011
zugleich betont. Th. Mann tut das manchmal.
pse_268.012
Der Ausdruck »Leitmotiv« stammt aus der Musik, wird pse_268.013
aber auch für Motive in der Dichtung verwendet, die durch pse_268.014
wiederholtes Auftreten gliedernd wirken. In Otto Ludwigs pse_268.015
»Zwischen Himmel und Erde« wischt sich Apollonius immer pse_268.016
die Staubfäserchen vom Rock; in Ludwigs »Heiteretei« sagt pse_268.017
ein ängstlicher Schneider jedesmal, wenn er vor seiner bösen pse_268.018
Stiefmutter aus dem Hause flüchtet: »Respekt muß sein im pse_268.019
Hause.« Zu diesen Leitmotiven kann man auch die stehenden pse_268.020
Beiwörter rechnen; besonders bekannt sind sie aus Homer: pse_268.021
die kuhäugige Hero, der listenreiche Odysseus, der schnellfüßige pse_268.022
Achill usw. Dadurch wird immer das gleiche Bild von pse_268.023
der Gestalt vorgestellt, sie wird immer als dieselbe betont pse_268.024
und damit immer ein klarer Punkt in der Erzählung erreicht. pse_268.025
Tiefer führt schon, wenn Storm den Titel »Aquis submersus« pse_268.026
in der Novelle immer häufiger gegen Ende wiederholt, bis pse_268.027
es endlich ein Symbol für das ruhmlose Versinken des Malers pse_268.028
wird.
pse_268.029
Damit stoßen wir neuerdings auf das Symbol, hier nun pse_268.030
aber in seiner tiefsten und entscheidendsten Bedeutung für pse_268.031
die Dichtung. Was wir früher vom sprachlichen Symbol pse_268.032
gesagt haben, gilt auch für weitere Formen des Symbols; also pse_268.033
für bestimmte auffällige Handlungsteile, Motive, Bildgruppen, pse_268.034
Aufbauformen und auch Personen.
pse_268.035
Das Eigenartige am echten dichterischen Symbol ist, daß pse_268.036
es erst im Schaffen des Dichters entsteht, daß es erst im Lauf pse_268.037
des Werkes dazu wird. Dadurch, daß der Dichter im Gegenstand,
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/284>, abgerufen am 22.11.2024.
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