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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959.

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und nach ichhaltigen Vergleichen. "Der alte Bauer versank pse_218.002
ganz in die bittere drohende Schweigsamkeit, das Erbe seines pse_218.003
Geschlechtes, und oft saß er da, wie ein Stoß vergessenen pse_218.004
Holzes tief im Walde steht, von Nässe versäuert, rissig, von pse_218.005
Flechten überkrochen, mit gelöster Rinde" (Stehr, Heiligenhof). pse_218.006
Der Grundbereich wird hier nicht intensiviert, sondern pse_218.007
in ein Naturbild eingeordnet: auch der Mensch erscheint so pse_218.008
als Stück Natur. So werden aus umfassendem Blick auf weite pse_218.009
Bereiche tiefere Zusammenhänge erfaßbar, die als Wirklichkeit pse_218.010
gesehen sind; daher der Indikativ des Vorgangswortes. pse_218.011
"Die Augen blühten in stiller Klarheit auf und standen regungslos pse_218.012
wie horchende Spiegel. Es war das Sehen eines Lauschens pse_218.013
in ihnen, ein umgekehrter Blick, so, als breite sich die pse_218.014
Welt nicht draußen vor ihnen aus, als zöge alles durch die pse_218.015
Tiefen ihres Innern vorüber" (ebenda). Hier wird der Vergleichsbereich pse_218.016
vom Grundbereich aus gestaltet, er ist seinetwegen pse_218.017
geschaffen und von ihm aus gesehen. So wird ein pse_218.018
fester Ansatzpunkt für ihn gewonnen, er ist eingeordnet, pse_218.019
und daher steht das Vorgangswort im Konjunktiv.

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Die Wirkung der Vergleiche ist in verschiedener Richtung pse_218.021
zu verfolgen. Da zwei Bereiche hier sprachlich wirken, tritt pse_218.022
eine Verschmelzung ein: Der Dichter gestaltet einen Grundbereich, pse_218.023
aber er will ihn durch besondere Beleuchtung noch pse_218.024
tiefer wirken lassen; das geschieht durch den Bezug zum pse_218.025
Vergleichsbereich. Durch dessen Gestalt erscheint auch der pse_218.026
Grundbereich in besonderem Licht. Aus einer einheitlichen pse_218.027
inneren Haltung, aus der beide erwachsen, vollzieht sich die pse_218.028
Verschmelzung zu neuem Gehalt. Die Grade der Verschmelzung pse_218.029
können verschieden sein. Hier kann auch ein Beziehungswissen pse_218.030
mitwirken. Die Gefühlskomponenten sind reichhaltig: pse_218.031
jeder Bereich für sich kann gefühlhaft gestaltet sein, der Verschmelzungsvorgang pse_218.032
weckt ein weiteres Gefühl, und endlich pse_218.033
auch das Ergebnis. Das rationale Rückgrat, das jedem Vergleich pse_218.034
doch zugrunde liegt, verhindert Gefühlsübersteigerung. pse_218.035
Vergleiche erreichen eine Vereindringlichung der Gestaltung pse_218.036
nach verschiedenen Seiten. So kann aus großen Vergleichen pse_218.037
ein Stück Weltbild sprachlich aufgebaut werden. Vergleiche pse_218.038
bilden in einer Dichtung immer Hochtonstellen, besondere

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und nach ichhaltigen Vergleichen. »Der alte Bauer versank pse_218.002
ganz in die bittere drohende Schweigsamkeit, das Erbe seines pse_218.003
Geschlechtes, und oft saß er da, wie ein Stoß vergessenen pse_218.004
Holzes tief im Walde steht, von Nässe versäuert, rissig, von pse_218.005
Flechten überkrochen, mit gelöster Rinde« (Stehr, Heiligenhof). pse_218.006
Der Grundbereich wird hier nicht intensiviert, sondern pse_218.007
in ein Naturbild eingeordnet: auch der Mensch erscheint so pse_218.008
als Stück Natur. So werden aus umfassendem Blick auf weite pse_218.009
Bereiche tiefere Zusammenhänge erfaßbar, die als Wirklichkeit pse_218.010
gesehen sind; daher der Indikativ des Vorgangswortes. pse_218.011
»Die Augen blühten in stiller Klarheit auf und standen regungslos pse_218.012
wie horchende Spiegel. Es war das Sehen eines Lauschens pse_218.013
in ihnen, ein umgekehrter Blick, so, als breite sich die pse_218.014
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Tiefen ihres Innern vorüber« (ebenda). Hier wird der Vergleichsbereich pse_218.016
vom Grundbereich aus gestaltet, er ist seinetwegen pse_218.017
geschaffen und von ihm aus gesehen. So wird ein pse_218.018
fester Ansatzpunkt für ihn gewonnen, er ist eingeordnet, pse_218.019
und daher steht das Vorgangswort im Konjunktiv.

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Die Wirkung der Vergleiche ist in verschiedener Richtung pse_218.021
zu verfolgen. Da zwei Bereiche hier sprachlich wirken, tritt pse_218.022
eine Verschmelzung ein: Der Dichter gestaltet einen Grundbereich, pse_218.023
aber er will ihn durch besondere Beleuchtung noch pse_218.024
tiefer wirken lassen; das geschieht durch den Bezug zum pse_218.025
Vergleichsbereich. Durch dessen Gestalt erscheint auch der pse_218.026
Grundbereich in besonderem Licht. Aus einer einheitlichen pse_218.027
inneren Haltung, aus der beide erwachsen, vollzieht sich die pse_218.028
Verschmelzung zu neuem Gehalt. Die Grade der Verschmelzung pse_218.029
können verschieden sein. Hier kann auch ein Beziehungswissen pse_218.030
mitwirken. Die Gefühlskomponenten sind reichhaltig: pse_218.031
jeder Bereich für sich kann gefühlhaft gestaltet sein, der Verschmelzungsvorgang pse_218.032
weckt ein weiteres Gefühl, und endlich pse_218.033
auch das Ergebnis. Das rationale Rückgrat, das jedem Vergleich pse_218.034
doch zugrunde liegt, verhindert Gefühlsübersteigerung. pse_218.035
Vergleiche erreichen eine Vereindringlichung der Gestaltung pse_218.036
nach verschiedenen Seiten. So kann aus großen Vergleichen pse_218.037
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[218/0234] pse_218.001 und nach ichhaltigen Vergleichen. »Der alte Bauer versank pse_218.002 ganz in die bittere drohende Schweigsamkeit, das Erbe seines pse_218.003 Geschlechtes, und oft saß er da, wie ein Stoß vergessenen pse_218.004 Holzes tief im Walde steht, von Nässe versäuert, rissig, von pse_218.005 Flechten überkrochen, mit gelöster Rinde« (Stehr, Heiligenhof). pse_218.006 Der Grundbereich wird hier nicht intensiviert, sondern pse_218.007 in ein Naturbild eingeordnet: auch der Mensch erscheint so pse_218.008 als Stück Natur. So werden aus umfassendem Blick auf weite pse_218.009 Bereiche tiefere Zusammenhänge erfaßbar, die als Wirklichkeit pse_218.010 gesehen sind; daher der Indikativ des Vorgangswortes. pse_218.011 »Die Augen blühten in stiller Klarheit auf und standen regungslos pse_218.012 wie horchende Spiegel. Es war das Sehen eines Lauschens pse_218.013 in ihnen, ein umgekehrter Blick, so, als breite sich die pse_218.014 Welt nicht draußen vor ihnen aus, als zöge alles durch die pse_218.015 Tiefen ihres Innern vorüber« (ebenda). Hier wird der Vergleichsbereich pse_218.016 vom Grundbereich aus gestaltet, er ist seinetwegen pse_218.017 geschaffen und von ihm aus gesehen. So wird ein pse_218.018 fester Ansatzpunkt für ihn gewonnen, er ist eingeordnet, pse_218.019 und daher steht das Vorgangswort im Konjunktiv. pse_218.020 Die Wirkung der Vergleiche ist in verschiedener Richtung pse_218.021 zu verfolgen. Da zwei Bereiche hier sprachlich wirken, tritt pse_218.022 eine Verschmelzung ein: Der Dichter gestaltet einen Grundbereich, pse_218.023 aber er will ihn durch besondere Beleuchtung noch pse_218.024 tiefer wirken lassen; das geschieht durch den Bezug zum pse_218.025 Vergleichsbereich. Durch dessen Gestalt erscheint auch der pse_218.026 Grundbereich in besonderem Licht. Aus einer einheitlichen pse_218.027 inneren Haltung, aus der beide erwachsen, vollzieht sich die pse_218.028 Verschmelzung zu neuem Gehalt. Die Grade der Verschmelzung pse_218.029 können verschieden sein. Hier kann auch ein Beziehungswissen pse_218.030 mitwirken. Die Gefühlskomponenten sind reichhaltig: pse_218.031 jeder Bereich für sich kann gefühlhaft gestaltet sein, der Verschmelzungsvorgang pse_218.032 weckt ein weiteres Gefühl, und endlich pse_218.033 auch das Ergebnis. Das rationale Rückgrat, das jedem Vergleich pse_218.034 doch zugrunde liegt, verhindert Gefühlsübersteigerung. pse_218.035 Vergleiche erreichen eine Vereindringlichung der Gestaltung pse_218.036 nach verschiedenen Seiten. So kann aus großen Vergleichen pse_218.037 ein Stück Weltbild sprachlich aufgebaut werden. Vergleiche pse_218.038 bilden in einer Dichtung immer Hochtonstellen, besondere

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Zitationshilfe: Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/234>, abgerufen am 24.11.2024.