pse_099.001 an einem späteren Zeitpunkt neu oder nochmals beleuchtet pse_099.002 werden.
pse_099.003 Ein Blick auf die Geschichte der Auffassung von Tragik pse_099.004 zeigt eine eigenartige Entwicklung. Sie setzt mit der Poetik pse_099.005 des Aristoteles ein. Diese selbst und die Geschichte ihrer Deutung pse_099.006 bis zur unmittelbaren Gegenwart wäre ein Kapitel für pse_099.007 sich. Entscheidend aber ist, daß Aristoteles selbst von Tatsachen pse_099.008 ausgeht und solche feststellt, keine Forderungen aufstellt. pse_099.009 Die Tragödie war eine gegebene Dichtform von bestimmter pse_099.010 Wirkung. Auf diese Gemütswirkung hin war die pse_099.011 Tragödie angelegt. Man sagt, daß Aristoteles diese Wirkung pse_099.012 in Furcht und Mitleid sah. Es ist die Frage, ob diese Übersetzung pse_099.013 das Wesentliche der griechischen Worte phobos und pse_099.014 eleos trifft. Bei Betrachtung der Tragödie werden wir noch pse_099.015 einiges hören. Gegenstand der Tragödie ist der Mensch in pse_099.016 einer vernichtenden Lage. Tragödie als bestimmte Form von pse_099.017 bestimmter Wirkung: das ist der Inhalt aller Aristoteles- pse_099.018 Kommentare seit Robortelli (1548 in Florenz) und aller anderen pse_099.019 Tragik-Theorien bis zur deutschen Klassik, auch noch pse_099.020 bei Schiller. Noch manche Theoretiker späterer Zeit legen pse_099.021 diesen Blickpunkt an, in neuester Zeit sogar wieder entschiedener pse_099.022 (O. Mann). Schiller selbst sieht aber das Tragische auch pse_099.023 schon im Bereich der menschlichen Sittlichkeit aus seiner pse_099.024 idealistischen Philosophie. Damit wird deutlich das Tragische pse_099.025 aus der Dichtungslehre im engen Sinn gelöst. Denn tatsächlich pse_099.026 sind ja in der Tragödie, die einen Menschen in vernichtender pse_099.027 Lage zeigt, auch Seinsprobleme gestaltet. Allerdings pse_099.028 werden sie zunächst bewußt erlebt und gestaltet nur in der pse_099.029 Tragödie. Aber allmählich lernt man aus ihr solche Zusammenhänge pse_099.030 im Leben überhaupt zu sehen, und damit wird pse_099.031 Tragik eine Sache der Philosophie. Das beginnt bei Friedrich pse_099.032 Schlegel und erreicht die volle Entfaltung mit Hegel. Statt pse_099.033 Darstellung des Scheiterns in der Kunstform der Tragödie pse_099.034 nun eine allgemein menschliche Konzeption der Tragik aus pse_099.035 einer bestimmten Weltsicht. Tragik wird damit eine Kraft pse_099.036 in der geschichtlichen Entwicklung der Menschheit, eine geschichtliche pse_099.037 Realität. Die Tragödie hat nun diese tragische pse_099.038 Weltanschauung zu gestalten. Wir sehen das in Versuchen
pse_099.001 an einem späteren Zeitpunkt neu oder nochmals beleuchtet pse_099.002 werden.
pse_099.003 Ein Blick auf die Geschichte der Auffassung von Tragik pse_099.004 zeigt eine eigenartige Entwicklung. Sie setzt mit der Poetik pse_099.005 des Aristoteles ein. Diese selbst und die Geschichte ihrer Deutung pse_099.006 bis zur unmittelbaren Gegenwart wäre ein Kapitel für pse_099.007 sich. Entscheidend aber ist, daß Aristoteles selbst von Tatsachen pse_099.008 ausgeht und solche feststellt, keine Forderungen aufstellt. pse_099.009 Die Tragödie war eine gegebene Dichtform von bestimmter pse_099.010 Wirkung. Auf diese Gemütswirkung hin war die pse_099.011 Tragödie angelegt. Man sagt, daß Aristoteles diese Wirkung pse_099.012 in Furcht und Mitleid sah. Es ist die Frage, ob diese Übersetzung pse_099.013 das Wesentliche der griechischen Worte phobos und pse_099.014 eleos trifft. Bei Betrachtung der Tragödie werden wir noch pse_099.015 einiges hören. Gegenstand der Tragödie ist der Mensch in pse_099.016 einer vernichtenden Lage. Tragödie als bestimmte Form von pse_099.017 bestimmter Wirkung: das ist der Inhalt aller Aristoteles- pse_099.018 Kommentare seit Robortelli (1548 in Florenz) und aller anderen pse_099.019 Tragik-Theorien bis zur deutschen Klassik, auch noch pse_099.020 bei Schiller. Noch manche Theoretiker späterer Zeit legen pse_099.021 diesen Blickpunkt an, in neuester Zeit sogar wieder entschiedener pse_099.022 (O. Mann). Schiller selbst sieht aber das Tragische auch pse_099.023 schon im Bereich der menschlichen Sittlichkeit aus seiner pse_099.024 idealistischen Philosophie. Damit wird deutlich das Tragische pse_099.025 aus der Dichtungslehre im engen Sinn gelöst. Denn tatsächlich pse_099.026 sind ja in der Tragödie, die einen Menschen in vernichtender pse_099.027 Lage zeigt, auch Seinsprobleme gestaltet. Allerdings pse_099.028 werden sie zunächst bewußt erlebt und gestaltet nur in der pse_099.029 Tragödie. Aber allmählich lernt man aus ihr solche Zusammenhänge pse_099.030 im Leben überhaupt zu sehen, und damit wird pse_099.031 Tragik eine Sache der Philosophie. Das beginnt bei Friedrich pse_099.032 Schlegel und erreicht die volle Entfaltung mit Hegel. Statt pse_099.033 Darstellung des Scheiterns in der Kunstform der Tragödie pse_099.034 nun eine allgemein menschliche Konzeption der Tragik aus pse_099.035 einer bestimmten Weltsicht. Tragik wird damit eine Kraft pse_099.036 in der geschichtlichen Entwicklung der Menschheit, eine geschichtliche pse_099.037 Realität. Die Tragödie hat nun diese tragische pse_099.038 Weltanschauung zu gestalten. Wir sehen das in Versuchen
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pse_099.003
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des Aristoteles ein. Diese selbst und die Geschichte ihrer Deutung pse_099.006
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sich. Entscheidend aber ist, daß Aristoteles selbst von Tatsachen pse_099.008
ausgeht und solche feststellt, keine Forderungen aufstellt. pse_099.009
Die Tragödie war eine gegebene Dichtform von bestimmter pse_099.010
Wirkung. Auf diese Gemütswirkung hin war die pse_099.011
Tragödie angelegt. Man sagt, daß Aristoteles diese Wirkung pse_099.012
in Furcht und Mitleid sah. Es ist die Frage, ob diese Übersetzung pse_099.013
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eleos trifft. Bei Betrachtung der Tragödie werden wir noch pse_099.015
einiges hören. Gegenstand der Tragödie ist der Mensch in pse_099.016
einer vernichtenden Lage. Tragödie als bestimmte Form von pse_099.017
bestimmter Wirkung: das ist der Inhalt aller Aristoteles- pse_099.018
Kommentare seit Robortelli (1548 in Florenz) und aller anderen pse_099.019
Tragik-Theorien bis zur deutschen Klassik, auch noch pse_099.020
bei Schiller. Noch manche Theoretiker späterer Zeit legen pse_099.021
diesen Blickpunkt an, in neuester Zeit sogar wieder entschiedener pse_099.022
(O. Mann). Schiller selbst sieht aber das Tragische auch pse_099.023
schon im Bereich der menschlichen Sittlichkeit aus seiner pse_099.024
idealistischen Philosophie. Damit wird deutlich das Tragische pse_099.025
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sind ja in der Tragödie, die einen Menschen in vernichtender pse_099.027
Lage zeigt, auch Seinsprobleme gestaltet. Allerdings pse_099.028
werden sie zunächst bewußt erlebt und gestaltet nur in der pse_099.029
Tragödie. Aber allmählich lernt man aus ihr solche Zusammenhänge pse_099.030
im Leben überhaupt zu sehen, und damit wird pse_099.031
Tragik eine Sache der Philosophie. Das beginnt bei Friedrich pse_099.032
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Darstellung des Scheiterns in der Kunstform der Tragödie pse_099.034
nun eine allgemein menschliche Konzeption der Tragik aus pse_099.035
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/115>, abgerufen am 25.11.2024.
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