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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Das Geschützwesen.
des Hartgusses auf Kriegsmaterial ausgedehnt, und damit legte Gruson den Grund
zu seiner nachmaligen Größe.

Zunächst fand die neue Eisensorte bei Geschossen jeder Art Anwendung. Da
sich dieselben bei Schießversuchen sehr bewährten, liefen in Kürze so zahlreiche Be-
stellungen ein, daß das Werk vergrößert werden mußte. Später ruhte die Fabrikation
der Hartguß-Granaten vollständig; dieselben wurden durch die Granaten aus
gehärtetem Stahl aus dem Felde geschlagen, deren Herstellung das Grusonwerk im
Jahre 1888 mit größtem Erfolge in Angriff nahm. Den Schwerpunkt der Abtheilung
für Kriegsmaterial bildete indeß nicht die Geschoßgießerei, sondern die Fabrikation
von Hartguß-Panzerplatten, denen das Grusonwerk vor Allem seinen Weltruf

[Abbildung] Fig. 596.

Gruson's Schnellfeuer-Kanone mit Pivot-Gelenk-Lafette (53 Millimeter).

verdankt. Vornehmlich dienen diese Platten zur Küstenvertheidigung. Sie zeigten
sich in der Gewaltprobe zu Spezzia im Jahre 1886 allen anderen Platten un-
bedingt überlegen, indem sie, ohne ihre Widerstandsfähigkeit zu verlieren, einer
Reihe von Schüssen aus dem Armstrong'schen 100 Tonnen-Geschütz von 43 Centi-
meter Caliber Stand hielten. Die Geschosse drangen höchstens 10 Centimeter tief
ein, obwohl sie mit einer lebendigen Kraft von 14.700 Metertonnen auftrafen,
wogegen die anderen Platten schon beim ersten Schuß in Trümmer gingen. Wir
kommen auf diesen Gegenstand noch eingehender zu sprechen.

Hand in Hand mit der Fabrikation der eigentlichen Panzer ging diejenige
der sogenannten Minimal-Schartenlafetten nach dem System des zu früh ver-
storbenen genialen Oberstlieutenants Schumann. Bezüglich des Baues dieser Panzer-
lafetten ist mit wenigen Worten Folgendes zu bemerken: Sie bestehen aus einer
gewölbten Panzerdecke, die mit der Lafette, beziehungsweise dem Geschütze, starr

Das Geſchützweſen.
des Hartguſſes auf Kriegsmaterial ausgedehnt, und damit legte Gruſon den Grund
zu ſeiner nachmaligen Größe.

Zunächſt fand die neue Eiſenſorte bei Geſchoſſen jeder Art Anwendung. Da
ſich dieſelben bei Schießverſuchen ſehr bewährten, liefen in Kürze ſo zahlreiche Be-
ſtellungen ein, daß das Werk vergrößert werden mußte. Später ruhte die Fabrikation
der Hartguß-Granaten vollſtändig; dieſelben wurden durch die Granaten aus
gehärtetem Stahl aus dem Felde geſchlagen, deren Herſtellung das Gruſonwerk im
Jahre 1888 mit größtem Erfolge in Angriff nahm. Den Schwerpunkt der Abtheilung
für Kriegsmaterial bildete indeß nicht die Geſchoßgießerei, ſondern die Fabrikation
von Hartguß-Panzerplatten, denen das Gruſonwerk vor Allem ſeinen Weltruf

[Abbildung] Fig. 596.

Gruſon's Schnellfeuer-Kanone mit Pivot-Gelenk-Lafette (53 Millimeter).

verdankt. Vornehmlich dienen dieſe Platten zur Küſtenvertheidigung. Sie zeigten
ſich in der Gewaltprobe zu Spezzia im Jahre 1886 allen anderen Platten un-
bedingt überlegen, indem ſie, ohne ihre Widerſtandsfähigkeit zu verlieren, einer
Reihe von Schüſſen aus dem Armſtrong'ſchen 100 Tonnen-Geſchütz von 43 Centi-
meter Caliber Stand hielten. Die Geſchoſſe drangen höchſtens 10 Centimeter tief
ein, obwohl ſie mit einer lebendigen Kraft von 14.700 Metertonnen auftrafen,
wogegen die anderen Platten ſchon beim erſten Schuß in Trümmer gingen. Wir
kommen auf dieſen Gegenſtand noch eingehender zu ſprechen.

Hand in Hand mit der Fabrikation der eigentlichen Panzer ging diejenige
der ſogenannten Minimal-Schartenlafetten nach dem Syſtem des zu früh ver-
ſtorbenen genialen Oberſtlieutenants Schumann. Bezüglich des Baues dieſer Panzer-
lafetten iſt mit wenigen Worten Folgendes zu bemerken: Sie beſtehen aus einer
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[741/0819] Das Geſchützweſen. des Hartguſſes auf Kriegsmaterial ausgedehnt, und damit legte Gruſon den Grund zu ſeiner nachmaligen Größe. Zunächſt fand die neue Eiſenſorte bei Geſchoſſen jeder Art Anwendung. Da ſich dieſelben bei Schießverſuchen ſehr bewährten, liefen in Kürze ſo zahlreiche Be- ſtellungen ein, daß das Werk vergrößert werden mußte. Später ruhte die Fabrikation der Hartguß-Granaten vollſtändig; dieſelben wurden durch die Granaten aus gehärtetem Stahl aus dem Felde geſchlagen, deren Herſtellung das Gruſonwerk im Jahre 1888 mit größtem Erfolge in Angriff nahm. Den Schwerpunkt der Abtheilung für Kriegsmaterial bildete indeß nicht die Geſchoßgießerei, ſondern die Fabrikation von Hartguß-Panzerplatten, denen das Gruſonwerk vor Allem ſeinen Weltruf [Abbildung Fig. 596. Gruſon's Schnellfeuer-Kanone mit Pivot-Gelenk-Lafette (53 Millimeter).] verdankt. Vornehmlich dienen dieſe Platten zur Küſtenvertheidigung. Sie zeigten ſich in der Gewaltprobe zu Spezzia im Jahre 1886 allen anderen Platten un- bedingt überlegen, indem ſie, ohne ihre Widerſtandsfähigkeit zu verlieren, einer Reihe von Schüſſen aus dem Armſtrong'ſchen 100 Tonnen-Geſchütz von 43 Centi- meter Caliber Stand hielten. Die Geſchoſſe drangen höchſtens 10 Centimeter tief ein, obwohl ſie mit einer lebendigen Kraft von 14.700 Metertonnen auftrafen, wogegen die anderen Platten ſchon beim erſten Schuß in Trümmer gingen. Wir kommen auf dieſen Gegenſtand noch eingehender zu ſprechen. Hand in Hand mit der Fabrikation der eigentlichen Panzer ging diejenige der ſogenannten Minimal-Schartenlafetten nach dem Syſtem des zu früh ver- ſtorbenen genialen Oberſtlieutenants Schumann. Bezüglich des Baues dieſer Panzer- lafetten iſt mit wenigen Worten Folgendes zu bemerken: Sie beſtehen aus einer gewölbten Panzerdecke, die mit der Lafette, beziehungsweiſe dem Geſchütze, ſtarr

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 741. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/819>, abgerufen am 23.11.2024.