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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Die Entwickelung der Kriegsmarinen.

Bezüglich der Entwickelung, welche die schwimmenden Kriegsmittel in den
einzelnen Staaten genommen haben, ist der verhältnißmäßig rasche Aufschwung der
deutschen Kriegsflotte von besonderem Interesse. Noch während des deutsch-
französischen Krieges befand sich die deutsche Seemacht in einem Zustande, welcher
es ihr unmöglich machte, mit der zehnfach überlegenen französischen Flotte einen
Gang zu wagen. Damals waren nur fünf Panzerschiffe vorhanden, von denen zur
Zeit alle bis auf eines ausrangirt sind, beziehungsweise als Hafenwachschiffe Ver-
wendung finden.

Der sofort nach den Kriegsereignissen aufgestellte Flottengründungsplan stellte
als leitende Gesichtspunkte auf: Vertretung und wirksamer Schutz des deutschen
Seehandels auf allen Meeren; starke Vertheidigung der vaterländischen Küsten und
Entwickelung des eigenen Offensivvermögens. Mit dem Jahre 1884 war die Durch-
führung dieses ersten Planes vollendet. Ihm sind vor Allem, bis auf wenige Aus-
nahmen, die jetzigen Panzer II. und III. Classe, die Panzerkanonenboote und ein
Theil der Kreuzerflotte zu verdanken. Bis zum Jahre 1890 wandte Deutschland
sein Augenmerk neben dem Ausbau der Kreuzerflotte und der Anschaffung ver-
wandter Schiffe vorzugsweise auf die Vervollkommnung des Torpedowesens. Um
diese Zeit wurden vier Schlachtschiffe ersten Ranges auf Stapel gelegt und galt
als Grundsatz bei diesen einen ganz neuen Typus darstellenden Panzer, die Er-
reichung höchster Kampfkraft mit möglichst sparsamen Mitteln.

Das Deplacement dieser vier deutschen Panzerschiffe I. Classe ist nicht ganz
gleich, es schwankt zwischen 10.000 und 10.300 Tonnen. Die Länge beträgt
116 Meter, die größte Breite 20 Meter, der größte Tiefgang 7.4 Meter und die
Höhe bis zum Oberdeck 13.2 Meter. Der Schiffsrumpf, ausschließlich aus deutschem
Stahl erbaut, ist nach dem Doppelbodensystem construirt und ferner durch ein
Längsschott und eine Anzahl von Querschotten derart getheilt, daß im Ganzen
circa 120 wasserdichte Abtheilungen entstehen. Dieses weit ausgedehnte Zellensystem
dürfte einen wirksamen Schutz gegen Torpedos abgeben. Die Panzerung aus Nickel-
Flußsthal, beziehungsweise aus Compoundplatten bestehend, umgiebt das ganze
Fahrzeug an der Wasserlinie als Gürtelpanzer. Die Stärke beträgt vorne und
hinten 30, an den Langseiten 40 Centimeter. Ein Panzerdeck schützt ferner noch
die Maschinenanlagen, Munitionsräume, Dampfsteuerapparat u. s. w. gegen mehr
von oben kommende Treffer oder solche, die den Panzer durchbrechen. Die schwerste
Bestückung ist in drei festen Brustwehrthürmen, die mit 30 Centimeter starkem
Panzer versehen sind, untergebracht, von denen einer so hoch angeordnet ist, daß
er auch bei schwerem Seegang benützt werden kann. Der mittlere und der hintere
Thurm befinden sich auf dem Hauptdeck, ersterer unter der die hinteren Decks-
aufbauten mit dem Oberdeck verbindenden Brücke, letzterer hinter diesen Aufbauten.

Alle drei Thürme beherrschen die Breitseiten, je einer kann außerdem in der
Jagd- und Retraiterichtung in Action treten. Die Geschütze feuern über Bank.
Gegen das aus den Marsen feindlicher Schiffe kommende Feuer der Revolver-

Die Entwickelung der Kriegsmarinen.

Bezüglich der Entwickelung, welche die ſchwimmenden Kriegsmittel in den
einzelnen Staaten genommen haben, iſt der verhältnißmäßig raſche Aufſchwung der
deutſchen Kriegsflotte von beſonderem Intereſſe. Noch während des deutſch-
franzöſiſchen Krieges befand ſich die deutſche Seemacht in einem Zuſtande, welcher
es ihr unmöglich machte, mit der zehnfach überlegenen franzöſiſchen Flotte einen
Gang zu wagen. Damals waren nur fünf Panzerſchiffe vorhanden, von denen zur
Zeit alle bis auf eines ausrangirt ſind, beziehungsweiſe als Hafenwachſchiffe Ver-
wendung finden.

Der ſofort nach den Kriegsereigniſſen aufgeſtellte Flottengründungsplan ſtellte
als leitende Geſichtspunkte auf: Vertretung und wirkſamer Schutz des deutſchen
Seehandels auf allen Meeren; ſtarke Vertheidigung der vaterländiſchen Küſten und
Entwickelung des eigenen Offenſivvermögens. Mit dem Jahre 1884 war die Durch-
führung dieſes erſten Planes vollendet. Ihm ſind vor Allem, bis auf wenige Aus-
nahmen, die jetzigen Panzer II. und III. Claſſe, die Panzerkanonenboote und ein
Theil der Kreuzerflotte zu verdanken. Bis zum Jahre 1890 wandte Deutſchland
ſein Augenmerk neben dem Ausbau der Kreuzerflotte und der Anſchaffung ver-
wandter Schiffe vorzugsweiſe auf die Vervollkommnung des Torpedoweſens. Um
dieſe Zeit wurden vier Schlachtſchiffe erſten Ranges auf Stapel gelegt und galt
als Grundſatz bei dieſen einen ganz neuen Typus darſtellenden Panzer, die Er-
reichung höchſter Kampfkraft mit möglichſt ſparſamen Mitteln.

Das Deplacement dieſer vier deutſchen Panzerſchiffe I. Claſſe iſt nicht ganz
gleich, es ſchwankt zwiſchen 10.000 und 10.300 Tonnen. Die Länge beträgt
116 Meter, die größte Breite 20 Meter, der größte Tiefgang 7‧4 Meter und die
Höhe bis zum Oberdeck 13‧2 Meter. Der Schiffsrumpf, ausſchließlich aus deutſchem
Stahl erbaut, iſt nach dem Doppelbodenſyſtem conſtruirt und ferner durch ein
Längsſchott und eine Anzahl von Querſchotten derart getheilt, daß im Ganzen
circa 120 waſſerdichte Abtheilungen entſtehen. Dieſes weit ausgedehnte Zellenſyſtem
dürfte einen wirkſamen Schutz gegen Torpedos abgeben. Die Panzerung aus Nickel-
Flußſthal, beziehungsweiſe aus Compoundplatten beſtehend, umgiebt das ganze
Fahrzeug an der Waſſerlinie als Gürtelpanzer. Die Stärke beträgt vorne und
hinten 30, an den Langſeiten 40 Centimeter. Ein Panzerdeck ſchützt ferner noch
die Maſchinenanlagen, Munitionsräume, Dampfſteuerapparat u. ſ. w. gegen mehr
von oben kommende Treffer oder ſolche, die den Panzer durchbrechen. Die ſchwerſte
Beſtückung iſt in drei feſten Bruſtwehrthürmen, die mit 30 Centimeter ſtarkem
Panzer verſehen ſind, untergebracht, von denen einer ſo hoch angeordnet iſt, daß
er auch bei ſchwerem Seegang benützt werden kann. Der mittlere und der hintere
Thurm befinden ſich auf dem Hauptdeck, erſterer unter der die hinteren Decks-
aufbauten mit dem Oberdeck verbindenden Brücke, letzterer hinter dieſen Aufbauten.

Alle drei Thürme beherrſchen die Breitſeiten, je einer kann außerdem in der
Jagd- und Retraiterichtung in Action treten. Die Geſchütze feuern über Bank.
Gegen das aus den Marſen feindlicher Schiffe kommende Feuer der Revolver-

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[567/0629] Die Entwickelung der Kriegsmarinen. Bezüglich der Entwickelung, welche die ſchwimmenden Kriegsmittel in den einzelnen Staaten genommen haben, iſt der verhältnißmäßig raſche Aufſchwung der deutſchen Kriegsflotte von beſonderem Intereſſe. Noch während des deutſch- franzöſiſchen Krieges befand ſich die deutſche Seemacht in einem Zuſtande, welcher es ihr unmöglich machte, mit der zehnfach überlegenen franzöſiſchen Flotte einen Gang zu wagen. Damals waren nur fünf Panzerſchiffe vorhanden, von denen zur Zeit alle bis auf eines ausrangirt ſind, beziehungsweiſe als Hafenwachſchiffe Ver- wendung finden. Der ſofort nach den Kriegsereigniſſen aufgeſtellte Flottengründungsplan ſtellte als leitende Geſichtspunkte auf: Vertretung und wirkſamer Schutz des deutſchen Seehandels auf allen Meeren; ſtarke Vertheidigung der vaterländiſchen Küſten und Entwickelung des eigenen Offenſivvermögens. Mit dem Jahre 1884 war die Durch- führung dieſes erſten Planes vollendet. Ihm ſind vor Allem, bis auf wenige Aus- nahmen, die jetzigen Panzer II. und III. Claſſe, die Panzerkanonenboote und ein Theil der Kreuzerflotte zu verdanken. Bis zum Jahre 1890 wandte Deutſchland ſein Augenmerk neben dem Ausbau der Kreuzerflotte und der Anſchaffung ver- wandter Schiffe vorzugsweiſe auf die Vervollkommnung des Torpedoweſens. Um dieſe Zeit wurden vier Schlachtſchiffe erſten Ranges auf Stapel gelegt und galt als Grundſatz bei dieſen einen ganz neuen Typus darſtellenden Panzer, die Er- reichung höchſter Kampfkraft mit möglichſt ſparſamen Mitteln. Das Deplacement dieſer vier deutſchen Panzerſchiffe I. Claſſe iſt nicht ganz gleich, es ſchwankt zwiſchen 10.000 und 10.300 Tonnen. Die Länge beträgt 116 Meter, die größte Breite 20 Meter, der größte Tiefgang 7‧4 Meter und die Höhe bis zum Oberdeck 13‧2 Meter. Der Schiffsrumpf, ausſchließlich aus deutſchem Stahl erbaut, iſt nach dem Doppelbodenſyſtem conſtruirt und ferner durch ein Längsſchott und eine Anzahl von Querſchotten derart getheilt, daß im Ganzen circa 120 waſſerdichte Abtheilungen entſtehen. Dieſes weit ausgedehnte Zellenſyſtem dürfte einen wirkſamen Schutz gegen Torpedos abgeben. Die Panzerung aus Nickel- Flußſthal, beziehungsweiſe aus Compoundplatten beſtehend, umgiebt das ganze Fahrzeug an der Waſſerlinie als Gürtelpanzer. Die Stärke beträgt vorne und hinten 30, an den Langſeiten 40 Centimeter. Ein Panzerdeck ſchützt ferner noch die Maſchinenanlagen, Munitionsräume, Dampfſteuerapparat u. ſ. w. gegen mehr von oben kommende Treffer oder ſolche, die den Panzer durchbrechen. Die ſchwerſte Beſtückung iſt in drei feſten Bruſtwehrthürmen, die mit 30 Centimeter ſtarkem Panzer verſehen ſind, untergebracht, von denen einer ſo hoch angeordnet iſt, daß er auch bei ſchwerem Seegang benützt werden kann. Der mittlere und der hintere Thurm befinden ſich auf dem Hauptdeck, erſterer unter der die hinteren Decks- aufbauten mit dem Oberdeck verbindenden Brücke, letzterer hinter dieſen Aufbauten. Alle drei Thürme beherrſchen die Breitſeiten, je einer kann außerdem in der Jagd- und Retraiterichtung in Action treten. Die Geſchütze feuern über Bank. Gegen das aus den Marſen feindlicher Schiffe kommende Feuer der Revolver-

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/629>, abgerufen am 22.11.2024.