Hilfe des Joltaues -- durch die See -- hin- und hergeholt, bis die Rettungs- action beendet ist.
In den Häfen bezeichnen verschiedenartig geformte oder sonstwie kenntlich gemachte schwimmende Bojen (Tonnen) das Fahrwasser. Die bemerkenswerthesten darunter sind die "Heultonnen", deren Bewegung im Seegang zur Tonerzeugung benützt wird, "Glockentonnen", deren Bewegung im Seegang ein Läutewerk in Betrieb setzt; schließlich "Leuchttonnen", mit comprimirtem Gas gefüllt, zur Speisung einer Laterne; eine Füllung hält mehrere Monate an. Auch elektrisch beleuchtete Tonnen finden Anwendung, indem sie durch eine Kabelleitung mit der Lichtanlage des Hafens verbunden werden.
Jeder Oceandampfer ist mit einer großen Anzahl Rettungsboote von bewährter Construction ausgerüstet, die derart angebracht sind, daß sie in kürzester Zeit zu Wasser gelassen werden können. Vor Antritt der Reise, von jedem Hafen aus, hat der erste Officier dafür zu sorgen, daß jedes Boot mit Brot und Wasser, sowie mit Compaß, Rudern, Mast, Segeln, Steuer, Oel und allen zur Ausrüstung gehörigen Gegenständen versehen ist. Jedes der Rettungsboote, welche neuerdings ganz aus Stahl hergestellt werden und mit Luftkästen versehen sind, kann 60 bis 80 Personen aufnehmen. Um ferner die Boote schnell und sicher zu Wasser bringen zu können -- ein Manöver, das häufig nur schwierig auszuführen ist -- besitzt die Mehrzahl derselben beim Norddeutschen Lloyd eine vom Capitän Bruns dieser Gesellschaft erfundene Vorrichtung, einen Patent-Fallapparat, durch welchen das Boot mittelst eines einzigen Hebelzuges in den Davits (Aufhängebalken) nach außen geschwungen und selbstthätig in etwa 11 Secunden zu Wasser gelassen wird. Als Neuerung bei den Lloydschiffen mag bemerkt werden, daß fallweise die Boote auf der Regelung selbst stehen und durch das bloße Durchschneiden je einer Leine zu Wasser gebracht werden. Die Bemannung der numerirten Boote wird nach der Musterrolle sofort beim Aussegeln aus dem Hafen vorgenommen und die Liste der für jedes Boot bestimmten Mannschaften, sowie die Zahl der auf- zunehmenden Fahrgäste in allen Räumen des Schiffes aufgehängt.
Außer den stählernen Rettungsbooten besitzt jeder transatlantische Dampfer des Lloyd eine Anzahl sogenannter Sheperischer Patentflöße, große eiserne und mit Luft gefüllte, an den Enden kegelförmig zugespitzte Cylinder, welche durch Holzlattenwerk verbunden sind, während in dem letzteren der Proviant, das Wasser und der Segelapparat geborgen ist. Dieselben stehen für gewöhnlich frei auf Deck, wo sie als Bänke benützt werden können, und brauchen im Falle der Gefahr nur über Bord geworfen zu werden. Zu den neuesten Anschaffungen des Lloyd gehören die Patent-Segeltuchboote. Dieselben bestehen im Großen und Ganzen aus zwei parallel laufenden Stahlrahmen, von der Form eines Bootquerschnittes; sie sind mit getheertem, durchaus wasserdichtem Segeltuch überzogen und für gewöhnlich zusammengelegt, so daß sie einer großen Reisetasche nicht unähnlich sehen. Im Falle der Gefahr werden durch wenige Handgriffe die Rahmen auf-
Die Entwickelung des eiſernen Schiffbaues.
Hilfe des Joltaues — durch die See — hin- und hergeholt, bis die Rettungs- action beendet iſt.
In den Häfen bezeichnen verſchiedenartig geformte oder ſonſtwie kenntlich gemachte ſchwimmende Bojen (Tonnen) das Fahrwaſſer. Die bemerkenswertheſten darunter ſind die »Heultonnen«, deren Bewegung im Seegang zur Tonerzeugung benützt wird, »Glockentonnen«, deren Bewegung im Seegang ein Läutewerk in Betrieb ſetzt; ſchließlich »Leuchttonnen«, mit comprimirtem Gas gefüllt, zur Speiſung einer Laterne; eine Füllung hält mehrere Monate an. Auch elektriſch beleuchtete Tonnen finden Anwendung, indem ſie durch eine Kabelleitung mit der Lichtanlage des Hafens verbunden werden.
Jeder Oceandampfer iſt mit einer großen Anzahl Rettungsboote von bewährter Conſtruction ausgerüſtet, die derart angebracht ſind, daß ſie in kürzeſter Zeit zu Waſſer gelaſſen werden können. Vor Antritt der Reiſe, von jedem Hafen aus, hat der erſte Officier dafür zu ſorgen, daß jedes Boot mit Brot und Waſſer, ſowie mit Compaß, Rudern, Maſt, Segeln, Steuer, Oel und allen zur Ausrüſtung gehörigen Gegenſtänden verſehen iſt. Jedes der Rettungsboote, welche neuerdings ganz aus Stahl hergeſtellt werden und mit Luftkäſten verſehen ſind, kann 60 bis 80 Perſonen aufnehmen. Um ferner die Boote ſchnell und ſicher zu Waſſer bringen zu können — ein Manöver, das häufig nur ſchwierig auszuführen iſt — beſitzt die Mehrzahl derſelben beim Norddeutſchen Lloyd eine vom Capitän Bruns dieſer Geſellſchaft erfundene Vorrichtung, einen Patent-Fallapparat, durch welchen das Boot mittelſt eines einzigen Hebelzuges in den Davits (Aufhängebalken) nach außen geſchwungen und ſelbſtthätig in etwa 11 Secunden zu Waſſer gelaſſen wird. Als Neuerung bei den Lloydſchiffen mag bemerkt werden, daß fallweiſe die Boote auf der Regelung ſelbſt ſtehen und durch das bloße Durchſchneiden je einer Leine zu Waſſer gebracht werden. Die Bemannung der numerirten Boote wird nach der Muſterrolle ſofort beim Ausſegeln aus dem Hafen vorgenommen und die Liſte der für jedes Boot beſtimmten Mannſchaften, ſowie die Zahl der auf- zunehmenden Fahrgäſte in allen Räumen des Schiffes aufgehängt.
Außer den ſtählernen Rettungsbooten beſitzt jeder transatlantiſche Dampfer des Lloyd eine Anzahl ſogenannter Sheperiſcher Patentflöße, große eiſerne und mit Luft gefüllte, an den Enden kegelförmig zugeſpitzte Cylinder, welche durch Holzlattenwerk verbunden ſind, während in dem letzteren der Proviant, das Waſſer und der Segelapparat geborgen iſt. Dieſelben ſtehen für gewöhnlich frei auf Deck, wo ſie als Bänke benützt werden können, und brauchen im Falle der Gefahr nur über Bord geworfen zu werden. Zu den neueſten Anſchaffungen des Lloyd gehören die Patent-Segeltuchboote. Dieſelben beſtehen im Großen und Ganzen aus zwei parallel laufenden Stahlrahmen, von der Form eines Bootquerſchnittes; ſie ſind mit getheertem, durchaus waſſerdichtem Segeltuch überzogen und für gewöhnlich zuſammengelegt, ſo daß ſie einer großen Reiſetaſche nicht unähnlich ſehen. Im Falle der Gefahr werden durch wenige Handgriffe die Rahmen auf-
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Die Entwickelung des eiſernen Schiffbaues.
Hilfe des Joltaues — durch die See — hin- und hergeholt, bis die Rettungs-
action beendet iſt.
In den Häfen bezeichnen verſchiedenartig geformte oder ſonſtwie kenntlich
gemachte ſchwimmende Bojen (Tonnen) das Fahrwaſſer. Die bemerkenswertheſten
darunter ſind die »Heultonnen«, deren Bewegung im Seegang zur Tonerzeugung
benützt wird, »Glockentonnen«, deren Bewegung im Seegang ein Läutewerk in
Betrieb ſetzt; ſchließlich »Leuchttonnen«, mit comprimirtem Gas gefüllt, zur Speiſung
einer Laterne; eine Füllung hält mehrere Monate an. Auch elektriſch beleuchtete
Tonnen finden Anwendung, indem ſie durch eine Kabelleitung mit der Lichtanlage
des Hafens verbunden werden.
Jeder Oceandampfer iſt mit einer großen Anzahl Rettungsboote von
bewährter Conſtruction ausgerüſtet, die derart angebracht ſind, daß ſie in kürzeſter
Zeit zu Waſſer gelaſſen werden können. Vor Antritt der Reiſe, von jedem Hafen
aus, hat der erſte Officier dafür zu ſorgen, daß jedes Boot mit Brot und Waſſer,
ſowie mit Compaß, Rudern, Maſt, Segeln, Steuer, Oel und allen zur Ausrüſtung
gehörigen Gegenſtänden verſehen iſt. Jedes der Rettungsboote, welche neuerdings
ganz aus Stahl hergeſtellt werden und mit Luftkäſten verſehen ſind, kann 60 bis
80 Perſonen aufnehmen. Um ferner die Boote ſchnell und ſicher zu Waſſer bringen
zu können — ein Manöver, das häufig nur ſchwierig auszuführen iſt — beſitzt
die Mehrzahl derſelben beim Norddeutſchen Lloyd eine vom Capitän Bruns
dieſer Geſellſchaft erfundene Vorrichtung, einen Patent-Fallapparat, durch welchen
das Boot mittelſt eines einzigen Hebelzuges in den Davits (Aufhängebalken) nach
außen geſchwungen und ſelbſtthätig in etwa 11 Secunden zu Waſſer gelaſſen
wird. Als Neuerung bei den Lloydſchiffen mag bemerkt werden, daß fallweiſe die
Boote auf der Regelung ſelbſt ſtehen und durch das bloße Durchſchneiden je einer
Leine zu Waſſer gebracht werden. Die Bemannung der numerirten Boote wird
nach der Muſterrolle ſofort beim Ausſegeln aus dem Hafen vorgenommen und die
Liſte der für jedes Boot beſtimmten Mannſchaften, ſowie die Zahl der auf-
zunehmenden Fahrgäſte in allen Räumen des Schiffes aufgehängt.
Außer den ſtählernen Rettungsbooten beſitzt jeder transatlantiſche Dampfer
des Lloyd eine Anzahl ſogenannter Sheperiſcher Patentflöße, große eiſerne und
mit Luft gefüllte, an den Enden kegelförmig zugeſpitzte Cylinder, welche durch
Holzlattenwerk verbunden ſind, während in dem letzteren der Proviant, das Waſſer
und der Segelapparat geborgen iſt. Dieſelben ſtehen für gewöhnlich frei auf Deck,
wo ſie als Bänke benützt werden können, und brauchen im Falle der Gefahr nur
über Bord geworfen zu werden. Zu den neueſten Anſchaffungen des Lloyd gehören
die Patent-Segeltuchboote. Dieſelben beſtehen im Großen und Ganzen aus
zwei parallel laufenden Stahlrahmen, von der Form eines Bootquerſchnittes;
ſie ſind mit getheertem, durchaus waſſerdichtem Segeltuch überzogen und für
gewöhnlich zuſammengelegt, ſo daß ſie einer großen Reiſetaſche nicht unähnlich
ſehen. Im Falle der Gefahr werden durch wenige Handgriffe die Rahmen auf-
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/507>, abgerufen am 22.11.2024.
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