Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Eisenarchitektur.

Man erkennt sofort, daß dieser Arbeitsvorgang nur durch zähe, ausdauernde
und unerschrockene Leute zu bewältigen war. Während der ersten Campagne konnte
nur siebenmal gelandet werden und wurden in [Abbildung] Fig. 209.

Eiserner Leuchtthurm auf der Insel Buda
(Spanien).


acht Arbeitsstunden 15 Bohrlöcher angebracht.
Das nächstfolgende Jahr wurde die Arbeit unter
gleichen Gefahren und mit derselben Energie fort-
gesetzt. Es wurden diesmal 40 Bohrlöcher herge-
stellt und konnten überdies einzelne Vorsprünge
abgeschlagen werden, wodurch eine bessere Auflage
für die spätere Fundirung gewonnen wurde. Im
dritten Baujahre konnten galvanisirte Eisenstangen
von 6 Centimeter im Gevierte und 1 Meter Länge
in die gebohrten Löcher eingesteckt und einzelne
kleine Partien mit Cement ausgefüllt werden.
Dies fand jedesmal statt, wenn ein ausnahms-
weise ruhiger Zustand des Meeres die Aussicht
bot, das Material am Felsen landen zu können.
Auf diese Weise wurden bis zum Schlusse des
dritten Arbeitsjahres 25 Cubikmeter Cement-
mauerwerk fertiggestellt. Das war im Jahre 1870.
Drei Jahre später bildeten 114 Cubikmeter Mauer-
werk bereits ein gesichertes, geräumiges Plateau,
auf welchem die nachfolgenden Arbeiten mit immer
größerer Sicherheit, Raschheit und Bequemlichkeit
fortgesetzt werden konnten, bis dieser merkwürdige
Bau seine Vollendung erreichte.

Mit diesem einen Beispiele sind die Schwierig-
keiten, die sich solchen Bauten entgegenstellen, wohl
zur Genüge gekennzeichnet. Die Frage, ob es hier
nicht möglich gewesen wäre, von der neuerdings
so häufig angewendeten Eisenconstruction
Anwendung zu machen, läßt sich dahin
beantworten, daß dies in dem vor-
liegenden Falle deshalb nicht möglich
war, weil das Bohren von Löchern von
so bedeutendem Durchmesser, wie für
eiserne Träger nothwendig gewesen wäre,
einerseits zu viel Zeit in Anspruch ge-
nommen hätte, andererseits die Möglich-
keit nicht ausgeschlossen war, daß der engbegrenzte Felsen den Sprengungen nicht
genügenden Widerstand geboten hätte. Ueberdies schien es unmöglich, die schweren


Die Eiſenarchitektur.

Man erkennt ſofort, daß dieſer Arbeitsvorgang nur durch zähe, ausdauernde
und unerſchrockene Leute zu bewältigen war. Während der erſten Campagne konnte
nur ſiebenmal gelandet werden und wurden in [Abbildung] Fig. 209.

Eiſerner Leuchtthurm auf der Inſel Buda
(Spanien).


acht Arbeitsſtunden 15 Bohrlöcher angebracht.
Das nächſtfolgende Jahr wurde die Arbeit unter
gleichen Gefahren und mit derſelben Energie fort-
geſetzt. Es wurden diesmal 40 Bohrlöcher herge-
ſtellt und konnten überdies einzelne Vorſprünge
abgeſchlagen werden, wodurch eine beſſere Auflage
für die ſpätere Fundirung gewonnen wurde. Im
dritten Baujahre konnten galvaniſirte Eiſenſtangen
von 6 Centimeter im Gevierte und 1 Meter Länge
in die gebohrten Löcher eingeſteckt und einzelne
kleine Partien mit Cement ausgefüllt werden.
Dies fand jedesmal ſtatt, wenn ein ausnahms-
weiſe ruhiger Zuſtand des Meeres die Ausſicht
bot, das Material am Felſen landen zu können.
Auf dieſe Weiſe wurden bis zum Schluſſe des
dritten Arbeitsjahres 25 Cubikmeter Cement-
mauerwerk fertiggeſtellt. Das war im Jahre 1870.
Drei Jahre ſpäter bildeten 114 Cubikmeter Mauer-
werk bereits ein geſichertes, geräumiges Plateau,
auf welchem die nachfolgenden Arbeiten mit immer
größerer Sicherheit, Raſchheit und Bequemlichkeit
fortgeſetzt werden konnten, bis dieſer merkwürdige
Bau ſeine Vollendung erreichte.

Mit dieſem einen Beiſpiele ſind die Schwierig-
keiten, die ſich ſolchen Bauten entgegenſtellen, wohl
zur Genüge gekennzeichnet. Die Frage, ob es hier
nicht möglich geweſen wäre, von der neuerdings
ſo häufig angewendeten Eiſenconſtruction
Anwendung zu machen, läßt ſich dahin
beantworten, daß dies in dem vor-
liegenden Falle deshalb nicht möglich
war, weil das Bohren von Löchern von
ſo bedeutendem Durchmeſſer, wie für
eiſerne Träger nothwendig geweſen wäre,
einerſeits zu viel Zeit in Anſpruch ge-
nommen hätte, andererſeits die Möglich-
keit nicht ausgeſchloſſen war, daß der engbegrenzte Felſen den Sprengungen nicht
genügenden Widerſtand geboten hätte. Ueberdies ſchien es unmöglich, die ſchweren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0291" n="255"/><lb/>
            <fw place="top" type="header">Die Ei&#x017F;enarchitektur.</fw><lb/>
            <p>Man erkennt &#x017F;ofort, daß die&#x017F;er Arbeitsvorgang nur durch zähe, ausdauernde<lb/>
und uner&#x017F;chrockene Leute zu bewältigen war. Während der er&#x017F;ten Campagne konnte<lb/>
nur &#x017F;iebenmal gelandet werden und wurden in  <figure><head>Fig. 209.</head><p> Ei&#x017F;erner Leuchtthurm auf der In&#x017F;el Buda<lb/>
(Spanien).</p></figure><lb/>
acht Arbeits&#x017F;tunden 15 Bohrlöcher angebracht.<lb/>
Das näch&#x017F;tfolgende Jahr wurde die Arbeit unter<lb/>
gleichen Gefahren und mit der&#x017F;elben Energie fort-<lb/>
ge&#x017F;etzt. Es wurden diesmal 40 Bohrlöcher herge-<lb/>
&#x017F;tellt und konnten überdies einzelne Vor&#x017F;prünge<lb/>
abge&#x017F;chlagen werden, wodurch eine be&#x017F;&#x017F;ere Auflage<lb/>
für die &#x017F;pätere Fundirung gewonnen wurde. Im<lb/>
dritten Baujahre konnten galvani&#x017F;irte Ei&#x017F;en&#x017F;tangen<lb/>
von 6 Centimeter im Gevierte und 1 Meter Länge<lb/>
in die gebohrten Löcher einge&#x017F;teckt und einzelne<lb/>
kleine Partien mit Cement ausgefüllt werden.<lb/>
Dies fand jedesmal &#x017F;tatt, wenn ein ausnahms-<lb/>
wei&#x017F;e ruhiger Zu&#x017F;tand des Meeres die Aus&#x017F;icht<lb/>
bot, das Material am Fel&#x017F;en landen zu können.<lb/>
Auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e wurden bis zum Schlu&#x017F;&#x017F;e des<lb/>
dritten Arbeitsjahres 25 Cubikmeter Cement-<lb/>
mauerwerk fertigge&#x017F;tellt. Das war im Jahre 1870.<lb/>
Drei Jahre &#x017F;päter bildeten 114 Cubikmeter Mauer-<lb/>
werk bereits ein ge&#x017F;ichertes, geräumiges Plateau,<lb/>
auf welchem die nachfolgenden Arbeiten mit immer<lb/>
größerer Sicherheit, Ra&#x017F;chheit und Bequemlichkeit<lb/>
fortge&#x017F;etzt werden konnten, bis die&#x017F;er merkwürdige<lb/>
Bau &#x017F;eine Vollendung erreichte.</p><lb/>
            <p>Mit die&#x017F;em einen Bei&#x017F;piele &#x017F;ind die Schwierig-<lb/>
keiten, die &#x017F;ich &#x017F;olchen Bauten entgegen&#x017F;tellen, wohl<lb/>
zur Genüge gekennzeichnet. Die Frage, ob es hier<lb/>
nicht möglich gewe&#x017F;en wäre, von der neuerdings<lb/>
&#x017F;o häufig angewendeten Ei&#x017F;encon&#x017F;truction<lb/>
Anwendung zu machen, läßt &#x017F;ich dahin<lb/>
beantworten, daß dies in dem vor-<lb/>
liegenden Falle deshalb nicht möglich<lb/>
war, weil das Bohren von Löchern von<lb/>
&#x017F;o bedeutendem Durchme&#x017F;&#x017F;er, wie für<lb/>
ei&#x017F;erne Träger nothwendig gewe&#x017F;en wäre,<lb/>
einer&#x017F;eits zu viel Zeit in An&#x017F;pruch ge-<lb/>
nommen hätte, anderer&#x017F;eits die Möglich-<lb/>
keit nicht ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en war, daß der engbegrenzte Fel&#x017F;en den Sprengungen nicht<lb/>
genügenden Wider&#x017F;tand geboten hätte. Ueberdies &#x017F;chien es unmöglich, die &#x017F;chweren<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0291] Die Eiſenarchitektur. Man erkennt ſofort, daß dieſer Arbeitsvorgang nur durch zähe, ausdauernde und unerſchrockene Leute zu bewältigen war. Während der erſten Campagne konnte nur ſiebenmal gelandet werden und wurden in [Abbildung Fig. 209. Eiſerner Leuchtthurm auf der Inſel Buda (Spanien).] acht Arbeitsſtunden 15 Bohrlöcher angebracht. Das nächſtfolgende Jahr wurde die Arbeit unter gleichen Gefahren und mit derſelben Energie fort- geſetzt. Es wurden diesmal 40 Bohrlöcher herge- ſtellt und konnten überdies einzelne Vorſprünge abgeſchlagen werden, wodurch eine beſſere Auflage für die ſpätere Fundirung gewonnen wurde. Im dritten Baujahre konnten galvaniſirte Eiſenſtangen von 6 Centimeter im Gevierte und 1 Meter Länge in die gebohrten Löcher eingeſteckt und einzelne kleine Partien mit Cement ausgefüllt werden. Dies fand jedesmal ſtatt, wenn ein ausnahms- weiſe ruhiger Zuſtand des Meeres die Ausſicht bot, das Material am Felſen landen zu können. Auf dieſe Weiſe wurden bis zum Schluſſe des dritten Arbeitsjahres 25 Cubikmeter Cement- mauerwerk fertiggeſtellt. Das war im Jahre 1870. Drei Jahre ſpäter bildeten 114 Cubikmeter Mauer- werk bereits ein geſichertes, geräumiges Plateau, auf welchem die nachfolgenden Arbeiten mit immer größerer Sicherheit, Raſchheit und Bequemlichkeit fortgeſetzt werden konnten, bis dieſer merkwürdige Bau ſeine Vollendung erreichte. Mit dieſem einen Beiſpiele ſind die Schwierig- keiten, die ſich ſolchen Bauten entgegenſtellen, wohl zur Genüge gekennzeichnet. Die Frage, ob es hier nicht möglich geweſen wäre, von der neuerdings ſo häufig angewendeten Eiſenconſtruction Anwendung zu machen, läßt ſich dahin beantworten, daß dies in dem vor- liegenden Falle deshalb nicht möglich war, weil das Bohren von Löchern von ſo bedeutendem Durchmeſſer, wie für eiſerne Träger nothwendig geweſen wäre, einerſeits zu viel Zeit in Anſpruch ge- nommen hätte, andererſeits die Möglich- keit nicht ausgeſchloſſen war, daß der engbegrenzte Felſen den Sprengungen nicht genügenden Widerſtand geboten hätte. Ueberdies ſchien es unmöglich, die ſchweren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/291
Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/291>, abgerufen am 22.11.2024.