Dieser Uebelstand kommt bei den Zwillingsmaschinen, d. h. bei solchen Maschinen, welche aus zwei getrennten, auf eine gemeinschaftliche Kurbelwelle wir- kenden Maschinen bestehen, in Wegfall, da hier die Kurbeln um 90° versetzt sind. Es wird also, wenn die eine Maschine sich in der Todtlage befindet, die andere durch ihre Kraft die Todtlage der ersteren paralysiren. Außerdem kommt solchen
[Abbildung]
Fig. 181.
Zwillingsmaschine, System Woolf.
Maschinen vermöge des gegenseitigen Aus- gleiches der einwirkenden Kräfte eine große Gleichförmigkeit der Bewegung und der Leistung zu. Es ist ferner die Anordnung getroffen, daß die eine der beiden Maschinen außer Betrieb gesetzt werden kann. Das Schwungrad ist beiden Maschinen gemeinsam und gewöhnlich in der Mitte zwischen ihnen angebracht.
Der Zwillingsmaschine kommt indeß noch ein anderer Vortheil zu. Das Zwei- Cylindersystem gestattet nämlich, den im Cylinder verbrauchten und mit einer gewissen Spannung entweichenden Dampf nochmals zu einer Arbeit in einem zweiten Cylinder heranzuziehen, wobei der eine Cylinder mit frischem Kesseldampf, der zweite Cylinder mit dem aus dem ersten ent-
[Abbildung]
Fig. 182.
Oscillirende Cylinder.
weichenden Dampf gespeist wird. Die Fig. 181 zeigt eine solche Anordnung nach dem System Woolf. Die Cylinder haben gegeneinander verschiedene Lagen -- vor-, neben-, über- oder ineinander -- und zwar hat man einen kleinen Cylinder für den frischen Kesseldampf, den "Hochdruckcylinder" (h), und einen größeren für den aus dem kleineren Cylinder entweichenden Dampf, den "Niederdruckcylinder" (n). Während also sonst der Auspuff verloren geht, strömt er hier durch ein Rohr (r) in die zweite Dampfkammer, wo er wirksam wird.
Eine Spielart der Zwillingsmaschinen sind die Compoundmaschinen, bei welchen der in einem Cylinder gebrauchte Dampf in einem zweiten neuerlich zur Wirkung gebracht wird, wobei jedoch die Kurbeln unter 90° gegeneinander stehen. Dies bedingt jedoch, daß wenn der Kolben des Niederdruckcylinders in seiner Mittellage ist, der Hochdruckcylinder sich in der Todtlage befindet, der Kolben des Niederdruckcylinders den halben Weg ohne Dampf zurücklegen würde, wäre
Dritter Abſchnitt.
Dieſer Uebelſtand kommt bei den Zwillingsmaſchinen, d. h. bei ſolchen Maſchinen, welche aus zwei getrennten, auf eine gemeinſchaftliche Kurbelwelle wir- kenden Maſchinen beſtehen, in Wegfall, da hier die Kurbeln um 90° verſetzt ſind. Es wird alſo, wenn die eine Maſchine ſich in der Todtlage befindet, die andere durch ihre Kraft die Todtlage der erſteren paralyſiren. Außerdem kommt ſolchen
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Fig. 181.
Zwillingsmaſchine, Syſtem Woolf.
Maſchinen vermöge des gegenſeitigen Aus- gleiches der einwirkenden Kräfte eine große Gleichförmigkeit der Bewegung und der Leiſtung zu. Es iſt ferner die Anordnung getroffen, daß die eine der beiden Maſchinen außer Betrieb geſetzt werden kann. Das Schwungrad iſt beiden Maſchinen gemeinſam und gewöhnlich in der Mitte zwiſchen ihnen angebracht.
Der Zwillingsmaſchine kommt indeß noch ein anderer Vortheil zu. Das Zwei- Cylinderſyſtem geſtattet nämlich, den im Cylinder verbrauchten und mit einer gewiſſen Spannung entweichenden Dampf nochmals zu einer Arbeit in einem zweiten Cylinder heranzuziehen, wobei der eine Cylinder mit friſchem Keſſeldampf, der zweite Cylinder mit dem aus dem erſten ent-
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Fig. 182.
Oscillirende Cylinder.
weichenden Dampf geſpeiſt wird. Die Fig. 181 zeigt eine ſolche Anordnung nach dem Syſtem Woolf. Die Cylinder haben gegeneinander verſchiedene Lagen — vor-, neben-, über- oder ineinander — und zwar hat man einen kleinen Cylinder für den friſchen Keſſeldampf, den »Hochdruckcylinder« (h), und einen größeren für den aus dem kleineren Cylinder entweichenden Dampf, den »Niederdruckcylinder« (n). Während alſo ſonſt der Auspuff verloren geht, ſtrömt er hier durch ein Rohr (r) in die zweite Dampfkammer, wo er wirkſam wird.
Eine Spielart der Zwillingsmaſchinen ſind die Compoundmaſchinen, bei welchen der in einem Cylinder gebrauchte Dampf in einem zweiten neuerlich zur Wirkung gebracht wird, wobei jedoch die Kurbeln unter 90° gegeneinander ſtehen. Dies bedingt jedoch, daß wenn der Kolben des Niederdruckcylinders in ſeiner Mittellage iſt, der Hochdruckcylinder ſich in der Todtlage befindet, der Kolben des Niederdruckcylinders den halben Weg ohne Dampf zurücklegen würde, wäre
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Dritter Abſchnitt.
Dieſer Uebelſtand kommt bei den Zwillingsmaſchinen, d. h. bei ſolchen
Maſchinen, welche aus zwei getrennten, auf eine gemeinſchaftliche Kurbelwelle wir-
kenden Maſchinen beſtehen, in Wegfall, da hier die Kurbeln um 90° verſetzt ſind.
Es wird alſo, wenn die eine Maſchine ſich in der Todtlage befindet, die andere
durch ihre Kraft die Todtlage der erſteren paralyſiren. Außerdem kommt ſolchen
[Abbildung Fig. 181. Zwillingsmaſchine, Syſtem Woolf.]
Maſchinen vermöge des gegenſeitigen Aus-
gleiches der einwirkenden Kräfte eine große
Gleichförmigkeit der Bewegung und der
Leiſtung zu. Es iſt ferner die Anordnung
getroffen, daß die eine der beiden Maſchinen
außer Betrieb geſetzt werden kann. Das
Schwungrad iſt beiden Maſchinen gemeinſam
und gewöhnlich in der Mitte zwiſchen ihnen
angebracht.
Der Zwillingsmaſchine kommt indeß
noch ein anderer Vortheil zu. Das Zwei-
Cylinderſyſtem geſtattet nämlich, den im
Cylinder verbrauchten und mit einer gewiſſen Spannung entweichenden Dampf
nochmals zu einer Arbeit in einem zweiten Cylinder heranzuziehen, wobei der eine
Cylinder mit friſchem Keſſeldampf, der zweite Cylinder mit dem aus dem erſten ent-
[Abbildung Fig. 182. Oscillirende Cylinder.]
weichenden Dampf geſpeiſt wird. Die
Fig. 181 zeigt eine ſolche Anordnung
nach dem Syſtem Woolf. Die Cylinder
haben gegeneinander verſchiedene Lagen
— vor-, neben-, über- oder ineinander
— und zwar hat man einen kleinen
Cylinder für den friſchen Keſſeldampf,
den »Hochdruckcylinder« (h), und einen
größeren für den aus dem kleineren
Cylinder entweichenden Dampf, den
»Niederdruckcylinder« (n). Während
alſo ſonſt der Auspuff verloren geht,
ſtrömt er hier durch ein Rohr (r)
in die zweite Dampfkammer, wo er
wirkſam wird.
Eine Spielart der Zwillingsmaſchinen ſind die Compoundmaſchinen,
bei welchen der in einem Cylinder gebrauchte Dampf in einem zweiten neuerlich
zur Wirkung gebracht wird, wobei jedoch die Kurbeln unter 90° gegeneinander
ſtehen. Dies bedingt jedoch, daß wenn der Kolben des Niederdruckcylinders in
ſeiner Mittellage iſt, der Hochdruckcylinder ſich in der Todtlage befindet, der Kolben
des Niederdruckcylinders den halben Weg ohne Dampf zurücklegen würde, wäre
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/252>, abgerufen am 22.11.2024.
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