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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Erster Abschnitt.
Aber gerade diese Phase in der Geschichte der Gleiwitzerhütte ist von allgemeinem
Interesse. Nachdem die ersten Kanonen, nach englischer Art "in Kapsel und Masse
gegossen", die Schießproben bestanden hatten, befahl der König auf den erstatteten
speciellen Bericht der Artilleriebehörde, daß eiserne Geschütze in Zukunft nur vom
Inlande bezogen werden sollten.

Vom Jahre 1809 ab wurden in Gleiwitz auch "metallene" Geschütze gefer-
tigt und hierzu ein "Metallofen" gebaut. Besonders im Jahre 1813 brachten die
Lieferungen für das Heer die Gießerei in äußerst lebhaften Betrieb. Da es der
Armee an Munition mangelte, wurde ein neuer Cupolofen gebaut und mit den
bereits vorhandenen fünf Oefen einige Monate wechselweise Tag und Nacht im
Betrieb erhalten. Das Werk lieferte in diesem Zeitraume in zwei Monaten:
1500 Stück 50pfündige Bomben, 3100 Stück 50pfündige Granaten, 6200 Stück
10pfündige Granaten, 17.800 Stück 6pfündige Kanonenkugeln. Im Ganzen wurden
in den Jahren 1806 bis 1816 rund 400 Geschütze und Mörser hergestellt. Mit Wieder-
eintritt ruhiger Zeiten ging die Herstellung von Kriegsmaterial auf einen geringeren
Umfang zurück und die älteren Productionszweige wurden wieder aufgenommen.

Von den gräflich Guido Henckel-Donnersmarck'schen Industriewerken,
welche vornehmlich bedeutende Bauwerke umfassen, interessirt uns hier nur der
Hüttenbetrieb. Die Hütte "Bethlen-Falva" bei Schwientochlowitz umfaßt 2 Hoch-
öfen (Tagesleistung eines jeden 60 Tonnen), ein Puddel- und Walzwerk mit
18 Puddel- und 7 Schweißöfen (jährliche Leistung des Walzwerkes 24.000 Tonnen
Grob-, Fein- und Bandeisen) und eine Maschinenfabrik, welche hauptsächlich für
die verschiedenen industriellen Anlagen des Besitzers arbeitet und in der dazu-
gehörigen Eisengießerei jährlich mit zwei Cupolöfen circa 1000 Tonnen diverse
Gußsachen erzeugt. Zur Dampferzeugung dienen für den Gesammtbetrieb 50 Dampf-
kessel mit 2200 Quadratmeter Heizfläche. Die Gesammterzeugnisse beliefen sich im
Jahre 1891 auf 39.906 Tonnen Roheisen und 12.433 Tonnen Walzwerksproducte.

Die Bergwerks- und Hüttenindustrie der Standesherrschaft Beuthen-Sie-
mianowitz
(Grafen Hugo, Lacy, Arthur Henckel v. Donnersmarck) ist neben deren
bedeutenden Leistungsfähigkeit auch deshalb von großem Interesse, als der Berg-
bau in der alten Herrschaft Beuthen, soweit die Nachrichten reichen, bis ins
12. Jahrhundert zurückreicht. Schon im Jahre 1718 ist ein Holzkohlen-Hochofen
in Thätigkeit. In das Jahr 1805 fällt die Erbauung eines neuen großen Eisen-
hüttenwerkes, der "Antonienhütte", in das Jahr 1809 die Errichtung eines neuen
Hochofens, der "Lazarushütte". Von epochemachender Bedeutung aber für das Auf-
blühen der gräflich Henckel'schen Werke wurde die Erbauung der "Laurahütte"
(1837--1840), des ersten und größten Werkes dieser Art in Ostdeutschland und
eines der ausgedehntesten Etablissements in damaliger Zeit in ganz Deutschland,
bestehend in Hochofenanlagen, Puddel- und Walzwerken. Im Jahre 1842 entstand
in der "Hugohütte" bei Tarnowitz ein neues Hochofenwerk, von anderen, nicht dem
Eisengewerbe dienenden Schöpfungen, abgesehen.

Erſter Abſchnitt.
Aber gerade dieſe Phaſe in der Geſchichte der Gleiwitzerhütte iſt von allgemeinem
Intereſſe. Nachdem die erſten Kanonen, nach engliſcher Art »in Kapſel und Maſſe
gegoſſen«, die Schießproben beſtanden hatten, befahl der König auf den erſtatteten
ſpeciellen Bericht der Artilleriebehörde, daß eiſerne Geſchütze in Zukunft nur vom
Inlande bezogen werden ſollten.

Vom Jahre 1809 ab wurden in Gleiwitz auch »metallene« Geſchütze gefer-
tigt und hierzu ein »Metallofen« gebaut. Beſonders im Jahre 1813 brachten die
Lieferungen für das Heer die Gießerei in äußerſt lebhaften Betrieb. Da es der
Armee an Munition mangelte, wurde ein neuer Cupolofen gebaut und mit den
bereits vorhandenen fünf Oefen einige Monate wechſelweiſe Tag und Nacht im
Betrieb erhalten. Das Werk lieferte in dieſem Zeitraume in zwei Monaten:
1500 Stück 50pfündige Bomben, 3100 Stück 50pfündige Granaten, 6200 Stück
10pfündige Granaten, 17.800 Stück 6pfündige Kanonenkugeln. Im Ganzen wurden
in den Jahren 1806 bis 1816 rund 400 Geſchütze und Mörſer hergeſtellt. Mit Wieder-
eintritt ruhiger Zeiten ging die Herſtellung von Kriegsmaterial auf einen geringeren
Umfang zurück und die älteren Productionszweige wurden wieder aufgenommen.

Von den gräflich Guido Henckel-Donnersmarck'ſchen Induſtriewerken,
welche vornehmlich bedeutende Bauwerke umfaſſen, intereſſirt uns hier nur der
Hüttenbetrieb. Die Hütte »Bethlen-Falva« bei Schwientochlowitz umfaßt 2 Hoch-
öfen (Tagesleiſtung eines jeden 60 Tonnen), ein Puddel- und Walzwerk mit
18 Puddel- und 7 Schweißöfen (jährliche Leiſtung des Walzwerkes 24.000 Tonnen
Grob-, Fein- und Bandeiſen) und eine Maſchinenfabrik, welche hauptſächlich für
die verſchiedenen induſtriellen Anlagen des Beſitzers arbeitet und in der dazu-
gehörigen Eiſengießerei jährlich mit zwei Cupolöfen circa 1000 Tonnen diverſe
Gußſachen erzeugt. Zur Dampferzeugung dienen für den Geſammtbetrieb 50 Dampf-
keſſel mit 2200 Quadratmeter Heizfläche. Die Geſammterzeugniſſe beliefen ſich im
Jahre 1891 auf 39.906 Tonnen Roheiſen und 12.433 Tonnen Walzwerksproducte.

Die Bergwerks- und Hütteninduſtrie der Standesherrſchaft Beuthen-Sie-
mianowitz
(Grafen Hugo, Lacy, Arthur Henckel v. Donnersmarck) iſt neben deren
bedeutenden Leiſtungsfähigkeit auch deshalb von großem Intereſſe, als der Berg-
bau in der alten Herrſchaft Beuthen, ſoweit die Nachrichten reichen, bis ins
12. Jahrhundert zurückreicht. Schon im Jahre 1718 iſt ein Holzkohlen-Hochofen
in Thätigkeit. In das Jahr 1805 fällt die Erbauung eines neuen großen Eiſen-
hüttenwerkes, der »Antonienhütte«, in das Jahr 1809 die Errichtung eines neuen
Hochofens, der »Lazarushütte«. Von epochemachender Bedeutung aber für das Auf-
blühen der gräflich Henckel'ſchen Werke wurde die Erbauung der »Laurahütte«
(1837—1840), des erſten und größten Werkes dieſer Art in Oſtdeutſchland und
eines der ausgedehnteſten Etabliſſements in damaliger Zeit in ganz Deutſchland,
beſtehend in Hochofenanlagen, Puddel- und Walzwerken. Im Jahre 1842 entſtand
in der »Hugohütte« bei Tarnowitz ein neues Hochofenwerk, von anderen, nicht dem
Eiſengewerbe dienenden Schöpfungen, abgeſehen.

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[174/0204] Erſter Abſchnitt. Aber gerade dieſe Phaſe in der Geſchichte der Gleiwitzerhütte iſt von allgemeinem Intereſſe. Nachdem die erſten Kanonen, nach engliſcher Art »in Kapſel und Maſſe gegoſſen«, die Schießproben beſtanden hatten, befahl der König auf den erſtatteten ſpeciellen Bericht der Artilleriebehörde, daß eiſerne Geſchütze in Zukunft nur vom Inlande bezogen werden ſollten. Vom Jahre 1809 ab wurden in Gleiwitz auch »metallene« Geſchütze gefer- tigt und hierzu ein »Metallofen« gebaut. Beſonders im Jahre 1813 brachten die Lieferungen für das Heer die Gießerei in äußerſt lebhaften Betrieb. Da es der Armee an Munition mangelte, wurde ein neuer Cupolofen gebaut und mit den bereits vorhandenen fünf Oefen einige Monate wechſelweiſe Tag und Nacht im Betrieb erhalten. Das Werk lieferte in dieſem Zeitraume in zwei Monaten: 1500 Stück 50pfündige Bomben, 3100 Stück 50pfündige Granaten, 6200 Stück 10pfündige Granaten, 17.800 Stück 6pfündige Kanonenkugeln. Im Ganzen wurden in den Jahren 1806 bis 1816 rund 400 Geſchütze und Mörſer hergeſtellt. Mit Wieder- eintritt ruhiger Zeiten ging die Herſtellung von Kriegsmaterial auf einen geringeren Umfang zurück und die älteren Productionszweige wurden wieder aufgenommen. Von den gräflich Guido Henckel-Donnersmarck'ſchen Induſtriewerken, welche vornehmlich bedeutende Bauwerke umfaſſen, intereſſirt uns hier nur der Hüttenbetrieb. Die Hütte »Bethlen-Falva« bei Schwientochlowitz umfaßt 2 Hoch- öfen (Tagesleiſtung eines jeden 60 Tonnen), ein Puddel- und Walzwerk mit 18 Puddel- und 7 Schweißöfen (jährliche Leiſtung des Walzwerkes 24.000 Tonnen Grob-, Fein- und Bandeiſen) und eine Maſchinenfabrik, welche hauptſächlich für die verſchiedenen induſtriellen Anlagen des Beſitzers arbeitet und in der dazu- gehörigen Eiſengießerei jährlich mit zwei Cupolöfen circa 1000 Tonnen diverſe Gußſachen erzeugt. Zur Dampferzeugung dienen für den Geſammtbetrieb 50 Dampf- keſſel mit 2200 Quadratmeter Heizfläche. Die Geſammterzeugniſſe beliefen ſich im Jahre 1891 auf 39.906 Tonnen Roheiſen und 12.433 Tonnen Walzwerksproducte. Die Bergwerks- und Hütteninduſtrie der Standesherrſchaft Beuthen-Sie- mianowitz (Grafen Hugo, Lacy, Arthur Henckel v. Donnersmarck) iſt neben deren bedeutenden Leiſtungsfähigkeit auch deshalb von großem Intereſſe, als der Berg- bau in der alten Herrſchaft Beuthen, ſoweit die Nachrichten reichen, bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht. Schon im Jahre 1718 iſt ein Holzkohlen-Hochofen in Thätigkeit. In das Jahr 1805 fällt die Erbauung eines neuen großen Eiſen- hüttenwerkes, der »Antonienhütte«, in das Jahr 1809 die Errichtung eines neuen Hochofens, der »Lazarushütte«. Von epochemachender Bedeutung aber für das Auf- blühen der gräflich Henckel'ſchen Werke wurde die Erbauung der »Laurahütte« (1837—1840), des erſten und größten Werkes dieſer Art in Oſtdeutſchland und eines der ausgedehnteſten Etabliſſements in damaliger Zeit in ganz Deutſchland, beſtehend in Hochofenanlagen, Puddel- und Walzwerken. Im Jahre 1842 entſtand in der »Hugohütte« bei Tarnowitz ein neues Hochofenwerk, von anderen, nicht dem Eiſengewerbe dienenden Schöpfungen, abgeſehen.

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/204>, abgerufen am 25.11.2024.