Schornstein war früher mit einem sehr auffällig profilirten Funkenfänger versehen; die neuesten Typen zeigen eine Form des Schornsteins, welche derjenigen der europäischen Locomotiven durchaus gleicht. Die Maschinen aus der berühmten Baldwin'schen Fabrik zu Philadelphia haben in der Essenmündung ein trichter- förmig über der Dampfausströmung angebrachtes Drahtsieb, wodurch der Schorn- stein einfach cylindrisch kurz an sein Ende geführt werden kann. Den vorderen Verschluß der Rauchkammer bildet ein gußeiserner Rahmen, auf welchem sich eine stark ausgebauchte, kreisförmige Thüre befindet.
Der Regulatorhebel wird horizontal dirigirt und befindet sich an der vor- deren Feuerbüchsenwand. Auf dem Dampfdome befinden sich stets zwei Sicherheits- ventile, von denen das eine durch Federwerke im Führerstande beliebig belastet werden kann, während das zweite, welches auf 9--12 Atmosphären gestellt ist, dem Führer unzugänglich ist. Die Speisung des Kessels erfolgt meist durch Speise- pumpen, doch finden die Injectoren immer mehr Eingang. Die Dampfpfeife, von der übrigens sehr mäßiger Gebrauch gemacht wird, hat einen tieferen Ton als bei uns. Die für die amerikanischen Locomotiven charakteristische Alarm- oder Signal- glocke hängt in einer auf dem Langkessel befestigten Gabel und wird durch den Heizer mittelst einer Leine, seltener durch einen mittelst Dampf betriebenen Mechanismus bethätigt.
Der Führerstand -- von dessen bequemer Einrichtung bereits flüchtig die Rede war -- ist ganz verschieden von dem europäischer Locomotiven. Er ist völlig in sich abgeschlossen und bildet einen förmlichen kleinen Wohnraum. Selbst der gepolsterte Sitz mit Rücklehne fehlt nicht. An den Wänden der Cabine sieht man Bilder in Rahmen, Fahrpläne, Instructionen und dergleichen. Das Fahrpersonale, welches fast nie gewechselt wird, versteht auch sonst, seinen Aufenthalt sich behaglich zu gestalten. Der Führerstand liegt ziemlich hoch, so daß der Heizer eine Stufe herabsteigen muß, wenn er feuern will. Durch diese Anordnung ist der Führer nicht in der Lage, die Feuerung zu übersehen. In der Vorderwand der Cabine befindet sich auf jeder Seite eine Thür, welche auf die neben dem Kessel laufende Plattform führt.
Bezüglich des Treib- und Laufwerkes amerikanischer Locomotiven sind mancherlei Eigenthümlichkeiten hervorzuheben. Die Dampfcylinder sind oft zu beiden Seiten symmetrisch, in welchem Falle sie durch ein Fußstück verbunden sind. Dieses sehr kräftige Mittelstück enthält die eingegossenen Dampfröhren von der Rauchkammer bis zum Cylinder; es bildet die Unterstützung mit der Rauchkammer, mit welcher es verschraubt ist, und außerdem hat es am unteren Ende den hohen Spurzapfen, welcher sich auf die Spurplatte des Triebgestelles legt. Uebrigens giebt es auch abweichende Constructionen, z. B. daß je ein Cylinder mit seinen Dampf-Ein- und Ausströmungsröhren zu einem Stück gegossen ist und diese beiden Gußstücke in der Längenachse der Locomotive zusammenstoßen und gegenseitig ver- schraubt sind. Dagegen ist der Schieberkasten nicht aus einem Stück mit dem
Die Locomotiven.
Schornſtein war früher mit einem ſehr auffällig profilirten Funkenfänger verſehen; die neueſten Typen zeigen eine Form des Schornſteins, welche derjenigen der europäiſchen Locomotiven durchaus gleicht. Die Maſchinen aus der berühmten Baldwin'ſchen Fabrik zu Philadelphia haben in der Eſſenmündung ein trichter- förmig über der Dampfausſtrömung angebrachtes Drahtſieb, wodurch der Schorn- ſtein einfach cylindriſch kurz an ſein Ende geführt werden kann. Den vorderen Verſchluß der Rauchkammer bildet ein gußeiſerner Rahmen, auf welchem ſich eine ſtark ausgebauchte, kreisförmige Thüre befindet.
Der Regulatorhebel wird horizontal dirigirt und befindet ſich an der vor- deren Feuerbüchſenwand. Auf dem Dampfdome befinden ſich ſtets zwei Sicherheits- ventile, von denen das eine durch Federwerke im Führerſtande beliebig belaſtet werden kann, während das zweite, welches auf 9—12 Atmoſphären geſtellt iſt, dem Führer unzugänglich iſt. Die Speiſung des Keſſels erfolgt meiſt durch Speiſe- pumpen, doch finden die Injectoren immer mehr Eingang. Die Dampfpfeife, von der übrigens ſehr mäßiger Gebrauch gemacht wird, hat einen tieferen Ton als bei uns. Die für die amerikaniſchen Locomotiven charakteriſtiſche Alarm- oder Signal- glocke hängt in einer auf dem Langkeſſel befeſtigten Gabel und wird durch den Heizer mittelſt einer Leine, ſeltener durch einen mittelſt Dampf betriebenen Mechanismus bethätigt.
Der Führerſtand — von deſſen bequemer Einrichtung bereits flüchtig die Rede war — iſt ganz verſchieden von dem europäiſcher Locomotiven. Er iſt völlig in ſich abgeſchloſſen und bildet einen förmlichen kleinen Wohnraum. Selbſt der gepolſterte Sitz mit Rücklehne fehlt nicht. An den Wänden der Cabine ſieht man Bilder in Rahmen, Fahrpläne, Inſtructionen und dergleichen. Das Fahrperſonale, welches faſt nie gewechſelt wird, verſteht auch ſonſt, ſeinen Aufenthalt ſich behaglich zu geſtalten. Der Führerſtand liegt ziemlich hoch, ſo daß der Heizer eine Stufe herabſteigen muß, wenn er feuern will. Durch dieſe Anordnung iſt der Führer nicht in der Lage, die Feuerung zu überſehen. In der Vorderwand der Cabine befindet ſich auf jeder Seite eine Thür, welche auf die neben dem Keſſel laufende Plattform führt.
Bezüglich des Treib- und Laufwerkes amerikaniſcher Locomotiven ſind mancherlei Eigenthümlichkeiten hervorzuheben. Die Dampfcylinder ſind oft zu beiden Seiten ſymmetriſch, in welchem Falle ſie durch ein Fußſtück verbunden ſind. Dieſes ſehr kräftige Mittelſtück enthält die eingegoſſenen Dampfröhren von der Rauchkammer bis zum Cylinder; es bildet die Unterſtützung mit der Rauchkammer, mit welcher es verſchraubt iſt, und außerdem hat es am unteren Ende den hohen Spurzapfen, welcher ſich auf die Spurplatte des Triebgeſtelles legt. Uebrigens giebt es auch abweichende Conſtructionen, z. B. daß je ein Cylinder mit ſeinen Dampf-Ein- und Ausſtrömungsröhren zu einem Stück gegoſſen iſt und dieſe beiden Gußſtücke in der Längenachſe der Locomotive zuſammenſtoßen und gegenſeitig ver- ſchraubt ſind. Dagegen iſt der Schieberkaſten nicht aus einem Stück mit dem
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Die Locomotiven.
Schornſtein war früher mit einem ſehr auffällig profilirten Funkenfänger verſehen;
die neueſten Typen zeigen eine Form des Schornſteins, welche derjenigen der
europäiſchen Locomotiven durchaus gleicht. Die Maſchinen aus der berühmten
Baldwin'ſchen Fabrik zu Philadelphia haben in der Eſſenmündung ein trichter-
förmig über der Dampfausſtrömung angebrachtes Drahtſieb, wodurch der Schorn-
ſtein einfach cylindriſch kurz an ſein Ende geführt werden kann. Den vorderen
Verſchluß der Rauchkammer bildet ein gußeiſerner Rahmen, auf welchem ſich eine
ſtark ausgebauchte, kreisförmige Thüre befindet.
Der Regulatorhebel wird horizontal dirigirt und befindet ſich an der vor-
deren Feuerbüchſenwand. Auf dem Dampfdome befinden ſich ſtets zwei Sicherheits-
ventile, von denen das eine durch Federwerke im Führerſtande beliebig belaſtet
werden kann, während das zweite, welches auf 9—12 Atmoſphären geſtellt iſt,
dem Führer unzugänglich iſt. Die Speiſung des Keſſels erfolgt meiſt durch Speiſe-
pumpen, doch finden die Injectoren immer mehr Eingang. Die Dampfpfeife, von
der übrigens ſehr mäßiger Gebrauch gemacht wird, hat einen tieferen Ton als bei
uns. Die für die amerikaniſchen Locomotiven charakteriſtiſche Alarm- oder Signal-
glocke hängt in einer auf dem Langkeſſel befeſtigten Gabel und wird durch den
Heizer mittelſt einer Leine, ſeltener durch einen mittelſt Dampf betriebenen
Mechanismus bethätigt.
Der Führerſtand — von deſſen bequemer Einrichtung bereits flüchtig die
Rede war — iſt ganz verſchieden von dem europäiſcher Locomotiven. Er iſt völlig
in ſich abgeſchloſſen und bildet einen förmlichen kleinen Wohnraum. Selbſt der
gepolſterte Sitz mit Rücklehne fehlt nicht. An den Wänden der Cabine ſieht man
Bilder in Rahmen, Fahrpläne, Inſtructionen und dergleichen. Das Fahrperſonale,
welches faſt nie gewechſelt wird, verſteht auch ſonſt, ſeinen Aufenthalt ſich behaglich
zu geſtalten. Der Führerſtand liegt ziemlich hoch, ſo daß der Heizer eine Stufe
herabſteigen muß, wenn er feuern will. Durch dieſe Anordnung iſt der Führer
nicht in der Lage, die Feuerung zu überſehen. In der Vorderwand der Cabine
befindet ſich auf jeder Seite eine Thür, welche auf die neben dem Keſſel laufende
Plattform führt.
Bezüglich des Treib- und Laufwerkes amerikaniſcher Locomotiven ſind
mancherlei Eigenthümlichkeiten hervorzuheben. Die Dampfcylinder ſind oft zu
beiden Seiten ſymmetriſch, in welchem Falle ſie durch ein Fußſtück verbunden ſind.
Dieſes ſehr kräftige Mittelſtück enthält die eingegoſſenen Dampfröhren von der
Rauchkammer bis zum Cylinder; es bildet die Unterſtützung mit der Rauchkammer,
mit welcher es verſchraubt iſt, und außerdem hat es am unteren Ende den hohen
Spurzapfen, welcher ſich auf die Spurplatte des Triebgeſtelles legt. Uebrigens
giebt es auch abweichende Conſtructionen, z. B. daß je ein Cylinder mit ſeinen
Dampf-Ein- und Ausſtrömungsröhren zu einem Stück gegoſſen iſt und dieſe beiden
Gußſtücke in der Längenachſe der Locomotive zuſammenſtoßen und gegenſeitig ver-
ſchraubt ſind. Dagegen iſt der Schieberkaſten nicht aus einem Stück mit dem
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 921. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/1003>, abgerufen am 23.11.2024.
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