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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.

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Cypern. Die Völker Anatoliens. Griechen.
strecken der Ostküste zu, die er zwischen den Ruinen der alten
Stadt Salamis und Famagosta erreicht1.

Zum Schlusse unserer Schilderungen erscheint es am Platze
auch Einiges über die allgemeine Lage der Bewohner und ihre
nationalen Bestrebungen vorzubringen, und zwar hauptsächlich
mit Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen der herrschenden
Race, den Türken, und der christlichen Raja. Diese ist hier
wohl vorherrschend das griechische Element. Zwar bei Ismid
am innersten Golfende der Marmara-See und um Angora finden
sich noch immer zahlreiche armenische Colonien, das ganze nörd-
liche Gestade aber, namentlich aber das westliche, jenem ureigenen

1 Im Uebrigen ist unter osmanischer Herrschaft dies einstmalige
Insel-Juwel des östlichen Mittelmeeres seinem completen Ruin nicht ent-
gangen. Die Ebene des Pedias, welche im Alterthum ein einziger Wald
war, besitzt heute kaum einige Sträucher und wegen barbarischer Ent-
holzung der Olympus-Hänge versiegen nunmehr auch die wenigen Bäche,
denen die jetzige Vegetation ihr Dasein verdankt. Dabei kommt hin und
wieder ein genialer Gouverneur auf den Einfall, im Flachlande artesische
Brunnen zu graben, oder etwa die drakonische Maßregel zu ergreifen,
jeder erwachsene männliche Bewohner der Insel habe binnen Jahresfrist
einen Baum zu pflanzen. (Vgl. Seiff, "Reisen etc." 83.) Vollends ein
Bild der Verwahrlosung liefern die einzelnen Städte, einst die prächtigen
Heimstätten der Könige aus dem Hause Lusignan, so im Norden das
mauernumgürtete Lewkosia mit seinen altehrwürdigen gothischen Domen,
auf deren Thürmen seit drei Jahrhunderten das moslemische Glaubens-
symbol blinkt. Nur die zahlreichen Palmenkronen beleben hier das starre
Städtebild. Sie beschatten die alten, venetianischen Festungswerke und
stehen auch noch vor den dunklen Thorwarten, an denen zahllose Krüppel
und Aussätzige, denen der Eintritt in die Stadt verwehrt ist, herum-
lungern. (Seiff, a. a. O., 90.) Besonders düstere Erinnerungen knüpfen
sich an die östliche Küstenstadt Famagosta, dem letzten Platze, der von
Selim II. den Venetianern entrissen wurde. Als man dem heldenmüthigen
Vertheidiger Nobile Bagradino, trotz der ihm zugesagten ehrenhaften
Capitulationsbedingungen, gefangen und verstümmelt hatte, rief ihm Mu-
stafa zu, er solle doch nun seinen Christus anrufen, damit er ihm zu Hilfe
komme. Dann ward der Unerschrockene lebendig geschunden und die aus-
gestopfte Haut in Stambul öffentlich ausgestellt ... In die alten, ver-
fallenen Paläste sind später die Türken untergekrochen und darin ver-
blieben, ohne einen Stein zu verrücken. (Vgl. Petermann, "Reisen im
Orient", I, 360.) Leben und natürliche Frische herrscht nur dort (auf den
Olympus-Höhen), wohin der Fuß der officiellen Landesbeglücker seltener
gelangt (Unger und Kotschy, "Die Insel Cypern", 1865.) etc. . .

Cypern. Die Völker Anatoliens. Griechen.
ſtrecken der Oſtküſte zu, die er zwiſchen den Ruinen der alten
Stadt Salamis und Famagoſta erreicht1.

Zum Schluſſe unſerer Schilderungen erſcheint es am Platze
auch Einiges über die allgemeine Lage der Bewohner und ihre
nationalen Beſtrebungen vorzubringen, und zwar hauptſächlich
mit Berückſichtigung des Verhältniſſes zwiſchen der herrſchenden
Race, den Türken, und der chriſtlichen Raja. Dieſe iſt hier
wohl vorherrſchend das griechiſche Element. Zwar bei Ismid
am innerſten Golfende der Marmara-See und um Angora finden
ſich noch immer zahlreiche armeniſche Colonien, das ganze nörd-
liche Geſtade aber, namentlich aber das weſtliche, jenem ureigenen

1 Im Uebrigen iſt unter osmaniſcher Herrſchaft dies einſtmalige
Inſel-Juwel des öſtlichen Mittelmeeres ſeinem completen Ruin nicht ent-
gangen. Die Ebene des Pedias, welche im Alterthum ein einziger Wald
war, beſitzt heute kaum einige Sträucher und wegen barbariſcher Ent-
holzung der Olympus-Hänge verſiegen nunmehr auch die wenigen Bäche,
denen die jetzige Vegetation ihr Daſein verdankt. Dabei kommt hin und
wieder ein genialer Gouverneur auf den Einfall, im Flachlande arteſiſche
Brunnen zu graben, oder etwa die drakoniſche Maßregel zu ergreifen,
jeder erwachſene männliche Bewohner der Inſel habe binnen Jahresfriſt
einen Baum zu pflanzen. (Vgl. Seiff, „Reiſen ꝛc.“ 83.) Vollends ein
Bild der Verwahrloſung liefern die einzelnen Städte, einſt die prächtigen
Heimſtätten der Könige aus dem Hauſe Luſignan, ſo im Norden das
mauernumgürtete Lewkoſia mit ſeinen altehrwürdigen gothiſchen Domen,
auf deren Thürmen ſeit drei Jahrhunderten das moslemiſche Glaubens-
ſymbol blinkt. Nur die zahlreichen Palmenkronen beleben hier das ſtarre
Städtebild. Sie beſchatten die alten, venetianiſchen Feſtungswerke und
ſtehen auch noch vor den dunklen Thorwarten, an denen zahlloſe Krüppel
und Ausſätzige, denen der Eintritt in die Stadt verwehrt iſt, herum-
lungern. (Seiff, a. a. O., 90.) Beſonders düſtere Erinnerungen knüpfen
ſich an die öſtliche Küſtenſtadt Famagoſta, dem letzten Platze, der von
Selim II. den Venetianern entriſſen wurde. Als man dem heldenmüthigen
Vertheidiger Nobile Bagradino, trotz der ihm zugeſagten ehrenhaften
Capitulationsbedingungen, gefangen und verſtümmelt hatte, rief ihm Mu-
ſtafa zu, er ſolle doch nun ſeinen Chriſtus anrufen, damit er ihm zu Hilfe
komme. Dann ward der Unerſchrockene lebendig geſchunden und die aus-
geſtopfte Haut in Stambul öffentlich ausgeſtellt … In die alten, ver-
fallenen Paläſte ſind ſpäter die Türken untergekrochen und darin ver-
blieben, ohne einen Stein zu verrücken. (Vgl. Petermann, „Reiſen im
Orient“, I, 360.) Leben und natürliche Friſche herrſcht nur dort (auf den
Olympus-Höhen), wohin der Fuß der officiellen Landesbeglücker ſeltener
gelangt (Unger und Kotſchy, „Die Inſel Cypern“, 1865.) ꝛc. . .
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[217/0249] Cypern. Die Völker Anatoliens. Griechen. ſtrecken der Oſtküſte zu, die er zwiſchen den Ruinen der alten Stadt Salamis und Famagoſta erreicht 1. Zum Schluſſe unſerer Schilderungen erſcheint es am Platze auch Einiges über die allgemeine Lage der Bewohner und ihre nationalen Beſtrebungen vorzubringen, und zwar hauptſächlich mit Berückſichtigung des Verhältniſſes zwiſchen der herrſchenden Race, den Türken, und der chriſtlichen Raja. Dieſe iſt hier wohl vorherrſchend das griechiſche Element. Zwar bei Ismid am innerſten Golfende der Marmara-See und um Angora finden ſich noch immer zahlreiche armeniſche Colonien, das ganze nörd- liche Geſtade aber, namentlich aber das weſtliche, jenem ureigenen 1 Im Uebrigen iſt unter osmaniſcher Herrſchaft dies einſtmalige Inſel-Juwel des öſtlichen Mittelmeeres ſeinem completen Ruin nicht ent- gangen. Die Ebene des Pedias, welche im Alterthum ein einziger Wald war, beſitzt heute kaum einige Sträucher und wegen barbariſcher Ent- holzung der Olympus-Hänge verſiegen nunmehr auch die wenigen Bäche, denen die jetzige Vegetation ihr Daſein verdankt. Dabei kommt hin und wieder ein genialer Gouverneur auf den Einfall, im Flachlande arteſiſche Brunnen zu graben, oder etwa die drakoniſche Maßregel zu ergreifen, jeder erwachſene männliche Bewohner der Inſel habe binnen Jahresfriſt einen Baum zu pflanzen. (Vgl. Seiff, „Reiſen ꝛc.“ 83.) Vollends ein Bild der Verwahrloſung liefern die einzelnen Städte, einſt die prächtigen Heimſtätten der Könige aus dem Hauſe Luſignan, ſo im Norden das mauernumgürtete Lewkoſia mit ſeinen altehrwürdigen gothiſchen Domen, auf deren Thürmen ſeit drei Jahrhunderten das moslemiſche Glaubens- ſymbol blinkt. Nur die zahlreichen Palmenkronen beleben hier das ſtarre Städtebild. Sie beſchatten die alten, venetianiſchen Feſtungswerke und ſtehen auch noch vor den dunklen Thorwarten, an denen zahlloſe Krüppel und Ausſätzige, denen der Eintritt in die Stadt verwehrt iſt, herum- lungern. (Seiff, a. a. O., 90.) Beſonders düſtere Erinnerungen knüpfen ſich an die öſtliche Küſtenſtadt Famagoſta, dem letzten Platze, der von Selim II. den Venetianern entriſſen wurde. Als man dem heldenmüthigen Vertheidiger Nobile Bagradino, trotz der ihm zugeſagten ehrenhaften Capitulationsbedingungen, gefangen und verſtümmelt hatte, rief ihm Mu- ſtafa zu, er ſolle doch nun ſeinen Chriſtus anrufen, damit er ihm zu Hilfe komme. Dann ward der Unerſchrockene lebendig geſchunden und die aus- geſtopfte Haut in Stambul öffentlich ausgeſtellt … In die alten, ver- fallenen Paläſte ſind ſpäter die Türken untergekrochen und darin ver- blieben, ohne einen Stein zu verrücken. (Vgl. Petermann, „Reiſen im Orient“, I, 360.) Leben und natürliche Friſche herrſcht nur dort (auf den Olympus-Höhen), wohin der Fuß der officiellen Landesbeglücker ſeltener gelangt (Unger und Kotſchy, „Die Inſel Cypern“, 1865.) ꝛc. . .

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_armenien_1878/249>, abgerufen am 25.11.2024.