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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.

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Die Bodenplastik Anatoliens.
im Innern liegende Plateauland mit seinen unermeßlichen Weiden,
das ist die eigentliche Wiege der Osmaniden. Dort mögen sie
schalten, wie sie es bisher gewöhnt waren, oder sich dem allge-
meinen Fortschritte anschließen, um einen Antheil an der Wieder-
geburt der alten Culturstriche am ägäischen Gestade zu nehmen,
soweit es in ihrer Macht steht und in ihrem Willen liegt ...

Nach diesen allgemeinen Vorbemerkungen wollen wir uns
nun ein wenig mit der Geographie des Landes beschäftigen,
indem wir vorerst mit den Details der plastischen Gliederung
Anatoliens beginnen.

Südlich des Germejli-Tschai, einem Nebenflusse des Jeschil-
Irmak (Iris), schließen der 7500 Fuß hohe Kösch-Dagh, der
Jildiz- und Tschamlibel-Dagh die östliche pontisch-armenische
Küstenregion ab und von Siwas über Angora hinaus nimmt
ein nahezu ganz baumloses, im Mittel 3000 Fuß hohes Plateau
seine Ausdehnung, vom Kyzil-Irmak (Halys) und dessen Neben-
flüssen durchschnitten. Es ist dies das nördliche anatolische
Binnenland von Bozuk, das an seinem südwestlichen Rande in
die Salzsteppe von Konja übergeht und bei Angora in die durch-
schnittlich kaum 2500 Fuß hohen Flußlandschaften des Sakaria
abfällt. Das Tafelland von Bozuk nimmt südwärts seine Aus-
dehnung noch über den Kyzil-Irmak hinaus, bis an den Anti-
Taurus, wo bei Kaisarieh der erloschene Vulkan Erdschisch-Dagh
(Argäus, bei 13,000 Fuß hoch) als vollkommen isolirter Berg-
riese aus der baumlosen Ebene emporsteigt. Es umfaßt circa
500 Quadrat-Meilen und ist fast ausschließlich gypsiger Steppen-
boden, sporadisch mit Wachholdergestrüpp bewachsen. Im Süd-
westen Kaisariehs schließt das nördliche anatolische Binnenland
an das Plateau von Karamanien (3000 Fuß) an, eine gleichfalls
vegetationsarme Ebene mit kesselartigen Einsenkungen, in welchen
die Seen von Beischehr, Ilgun, Akschehr und Eber liegen, nicht
zu vergessen den großen Salzsee Tüz-Tschölü (2500 Fuß) bei
Akserai. Begrenzt wird das südliche anatolische Binnenland vom
cilicischen Taurus, dann vom Erdschisch-Dagh, Kodscha-, Karadja-
und Sultan-Dagh. In der Basaltregion von Karahissar erhebt
sich der Emir-Dagh mit den Quellen des Sakaria, Said und
Pursak, Flüsse, die insgesammt mit ihren sehr gewundenen Läufen
die nördliche Senkung durchströmen. Die Region des Sakaria,

Schweiger-Lerchenfeld, Freih. von, Armenien. 14

Die Bodenplaſtik Anatoliens.
im Innern liegende Plateauland mit ſeinen unermeßlichen Weiden,
das iſt die eigentliche Wiege der Osmaniden. Dort mögen ſie
ſchalten, wie ſie es bisher gewöhnt waren, oder ſich dem allge-
meinen Fortſchritte anſchließen, um einen Antheil an der Wieder-
geburt der alten Culturſtriche am ägäiſchen Geſtade zu nehmen,
ſoweit es in ihrer Macht ſteht und in ihrem Willen liegt …

Nach dieſen allgemeinen Vorbemerkungen wollen wir uns
nun ein wenig mit der Geographie des Landes beſchäftigen,
indem wir vorerſt mit den Details der plaſtiſchen Gliederung
Anatoliens beginnen.

Südlich des Germejli-Tſchai, einem Nebenfluſſe des Jeſchil-
Irmak (Iris), ſchließen der 7500 Fuß hohe Köſch-Dagh, der
Jildiz- und Tſchamlibel-Dagh die öſtliche pontiſch-armeniſche
Küſtenregion ab und von Siwas über Angora hinaus nimmt
ein nahezu ganz baumloſes, im Mittel 3000 Fuß hohes Plateau
ſeine Ausdehnung, vom Kyzil-Irmak (Halys) und deſſen Neben-
flüſſen durchſchnitten. Es iſt dies das nördliche anatoliſche
Binnenland von Bozuk, das an ſeinem ſüdweſtlichen Rande in
die Salzſteppe von Konja übergeht und bei Angora in die durch-
ſchnittlich kaum 2500 Fuß hohen Flußlandſchaften des Sakaria
abfällt. Das Tafelland von Bozuk nimmt ſüdwärts ſeine Aus-
dehnung noch über den Kyzil-Irmak hinaus, bis an den Anti-
Taurus, wo bei Kaiſarieh der erloſchene Vulkan Erdſchiſch-Dagh
(Argäus, bei 13,000 Fuß hoch) als vollkommen iſolirter Berg-
rieſe aus der baumloſen Ebene emporſteigt. Es umfaßt circa
500 Quadrat-Meilen und iſt faſt ausſchließlich gypſiger Steppen-
boden, ſporadiſch mit Wachholdergeſtrüpp bewachſen. Im Süd-
weſten Kaiſariehs ſchließt das nördliche anatoliſche Binnenland
an das Plateau von Karamanien (3000 Fuß) an, eine gleichfalls
vegetationsarme Ebene mit keſſelartigen Einſenkungen, in welchen
die Seen von Beiſchehr, Ilgun, Akſchehr und Eber liegen, nicht
zu vergeſſen den großen Salzſee Tüz-Tſchölü (2500 Fuß) bei
Akſerai. Begrenzt wird das ſüdliche anatoliſche Binnenland vom
ciliciſchen Taurus, dann vom Erdſchiſch-Dagh, Kodſcha-, Karadja-
und Sultan-Dagh. In der Baſaltregion von Karahiſſar erhebt
ſich der Emir-Dagh mit den Quellen des Sakaria, Said und
Purſak, Flüſſe, die insgeſammt mit ihren ſehr gewundenen Läufen
die nördliche Senkung durchſtrömen. Die Region des Sakaria,

Schweiger-Lerchenfeld, Freih. von, Armenien. 14
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[209/0241] Die Bodenplaſtik Anatoliens. im Innern liegende Plateauland mit ſeinen unermeßlichen Weiden, das iſt die eigentliche Wiege der Osmaniden. Dort mögen ſie ſchalten, wie ſie es bisher gewöhnt waren, oder ſich dem allge- meinen Fortſchritte anſchließen, um einen Antheil an der Wieder- geburt der alten Culturſtriche am ägäiſchen Geſtade zu nehmen, ſoweit es in ihrer Macht ſteht und in ihrem Willen liegt … Nach dieſen allgemeinen Vorbemerkungen wollen wir uns nun ein wenig mit der Geographie des Landes beſchäftigen, indem wir vorerſt mit den Details der plaſtiſchen Gliederung Anatoliens beginnen. Südlich des Germejli-Tſchai, einem Nebenfluſſe des Jeſchil- Irmak (Iris), ſchließen der 7500 Fuß hohe Köſch-Dagh, der Jildiz- und Tſchamlibel-Dagh die öſtliche pontiſch-armeniſche Küſtenregion ab und von Siwas über Angora hinaus nimmt ein nahezu ganz baumloſes, im Mittel 3000 Fuß hohes Plateau ſeine Ausdehnung, vom Kyzil-Irmak (Halys) und deſſen Neben- flüſſen durchſchnitten. Es iſt dies das nördliche anatoliſche Binnenland von Bozuk, das an ſeinem ſüdweſtlichen Rande in die Salzſteppe von Konja übergeht und bei Angora in die durch- ſchnittlich kaum 2500 Fuß hohen Flußlandſchaften des Sakaria abfällt. Das Tafelland von Bozuk nimmt ſüdwärts ſeine Aus- dehnung noch über den Kyzil-Irmak hinaus, bis an den Anti- Taurus, wo bei Kaiſarieh der erloſchene Vulkan Erdſchiſch-Dagh (Argäus, bei 13,000 Fuß hoch) als vollkommen iſolirter Berg- rieſe aus der baumloſen Ebene emporſteigt. Es umfaßt circa 500 Quadrat-Meilen und iſt faſt ausſchließlich gypſiger Steppen- boden, ſporadiſch mit Wachholdergeſtrüpp bewachſen. Im Süd- weſten Kaiſariehs ſchließt das nördliche anatoliſche Binnenland an das Plateau von Karamanien (3000 Fuß) an, eine gleichfalls vegetationsarme Ebene mit keſſelartigen Einſenkungen, in welchen die Seen von Beiſchehr, Ilgun, Akſchehr und Eber liegen, nicht zu vergeſſen den großen Salzſee Tüz-Tſchölü (2500 Fuß) bei Akſerai. Begrenzt wird das ſüdliche anatoliſche Binnenland vom ciliciſchen Taurus, dann vom Erdſchiſch-Dagh, Kodſcha-, Karadja- und Sultan-Dagh. In der Baſaltregion von Karahiſſar erhebt ſich der Emir-Dagh mit den Quellen des Sakaria, Said und Purſak, Flüſſe, die insgeſammt mit ihren ſehr gewundenen Läufen die nördliche Senkung durchſtrömen. Die Region des Sakaria, Schweiger-Lerchenfeld, Freih. von, Armenien. 14

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_armenien_1878/241>, abgerufen am 27.04.2024.