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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.

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Die Stammheimat der Osmanen. -- Hellespont und Ilion. -- Smyrna. --
Zwischen Taurus und Halys. -- Die Gartenstadt Amasia. -- Sinope,
ein Culturbild. -- Allgemeines über Anatolien.

Es sind keine fünfzig Jahre her, daß die Wiege des Os-
manenthums im westlichen Centrum Kleinasiens von europäischen
Reisenden zuerst durchforscht wurde 1, und dennoch erscheint nun-
mehr ein Ausflug in jenes selten betretene Gebiet nichts weniger
als ein kühnes Wagniß. Schon heute pflegen die Besucher
Stambuls, die es nicht blos bei einem Spaziergange durch und
um die Chalifenstadt bewenden lassen wollen, die "ottomanische
Staatsbahn" Scutari-Ismid, welche seinerzeit Edhem Pascha auf
ziemlich krummem Wege zu Stande gebracht hatte, zu benützen,
um sich an Bithyniens Landschaften zu ergötzen. Von Ismid ab
befindet man sich aber innerhalb weniger Reittage, nach Passirung
einiger romantischer Thalpartien des Sakaria (Sangarius) auf
den ersten baumlosen Steppen zwischen Brussa und Angora.
Und so wollen wir hier gleich verbleiben und einen Blick auf
das fragliche Territorium werfen ... Der Weideboden, der sich
unabsehbar zu beiden Seiten des dahinschleichenden Sakaria
dehnt, ist für Nomaden einladend genug. Leider vermag hier
der Winter sehr strenge zu sein, und wie die abgelaufenen Jahre
bewiesen haben, erwachsen aus einem solchen mitunter sehr be-
denkliche Consequenzen für das Wohl und Wehe der im Allge-
meinen ziemlich armen Bewohner 2. Für die turkmenischen
Nomaden bleibt indeß das Sakariathal nur eine Art Winter-

1 Aucher Eloy (1835); W. Hamilton (1836); v. Vincke (1838).
2 Vgl. des Verfassers "Unter dem Halbmonde", 159 u. ff.
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Die Stammheimat der Osmanen. — Hellespont und Ilion. — Smyrna. —
Zwiſchen Taurus und Halys. — Die Gartenſtadt Amaſia. — Sinope,
ein Culturbild. — Allgemeines über Anatolien.

Es ſind keine fünfzig Jahre her, daß die Wiege des Os-
manenthums im weſtlichen Centrum Kleinaſiens von europäiſchen
Reiſenden zuerſt durchforſcht wurde 1, und dennoch erſcheint nun-
mehr ein Ausflug in jenes ſelten betretene Gebiet nichts weniger
als ein kühnes Wagniß. Schon heute pflegen die Beſucher
Stambuls, die es nicht blos bei einem Spaziergange durch und
um die Chalifenſtadt bewenden laſſen wollen, die „ottomaniſche
Staatsbahn“ Scutari-Ismid, welche ſeinerzeit Edhem Paſcha auf
ziemlich krummem Wege zu Stande gebracht hatte, zu benützen,
um ſich an Bithyniens Landſchaften zu ergötzen. Von Ismid ab
befindet man ſich aber innerhalb weniger Reittage, nach Paſſirung
einiger romantiſcher Thalpartien des Sakaria (Sangarius) auf
den erſten baumloſen Steppen zwiſchen Bruſſa und Angora.
Und ſo wollen wir hier gleich verbleiben und einen Blick auf
das fragliche Territorium werfen … Der Weideboden, der ſich
unabſehbar zu beiden Seiten des dahinſchleichenden Sakaria
dehnt, iſt für Nomaden einladend genug. Leider vermag hier
der Winter ſehr ſtrenge zu ſein, und wie die abgelaufenen Jahre
bewieſen haben, erwachſen aus einem ſolchen mitunter ſehr be-
denkliche Conſequenzen für das Wohl und Wehe der im Allge-
meinen ziemlich armen Bewohner 2. Für die turkmeniſchen
Nomaden bleibt indeß das Sakariathal nur eine Art Winter-

1 Aucher Eloy (1835); W. Hamilton (1836); v. Vincke (1838).
2 Vgl. des Verfaſſers „Unter dem Halbmonde“, 159 u. ff.
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[[147]/0179] Die Stammheimat der Osmanen. — Hellespont und Ilion. — Smyrna. — Zwiſchen Taurus und Halys. — Die Gartenſtadt Amaſia. — Sinope, ein Culturbild. — Allgemeines über Anatolien. Es ſind keine fünfzig Jahre her, daß die Wiege des Os- manenthums im weſtlichen Centrum Kleinaſiens von europäiſchen Reiſenden zuerſt durchforſcht wurde 1, und dennoch erſcheint nun- mehr ein Ausflug in jenes ſelten betretene Gebiet nichts weniger als ein kühnes Wagniß. Schon heute pflegen die Beſucher Stambuls, die es nicht blos bei einem Spaziergange durch und um die Chalifenſtadt bewenden laſſen wollen, die „ottomaniſche Staatsbahn“ Scutari-Ismid, welche ſeinerzeit Edhem Paſcha auf ziemlich krummem Wege zu Stande gebracht hatte, zu benützen, um ſich an Bithyniens Landſchaften zu ergötzen. Von Ismid ab befindet man ſich aber innerhalb weniger Reittage, nach Paſſirung einiger romantiſcher Thalpartien des Sakaria (Sangarius) auf den erſten baumloſen Steppen zwiſchen Bruſſa und Angora. Und ſo wollen wir hier gleich verbleiben und einen Blick auf das fragliche Territorium werfen … Der Weideboden, der ſich unabſehbar zu beiden Seiten des dahinſchleichenden Sakaria dehnt, iſt für Nomaden einladend genug. Leider vermag hier der Winter ſehr ſtrenge zu ſein, und wie die abgelaufenen Jahre bewieſen haben, erwachſen aus einem ſolchen mitunter ſehr be- denkliche Conſequenzen für das Wohl und Wehe der im Allge- meinen ziemlich armen Bewohner 2. Für die turkmeniſchen Nomaden bleibt indeß das Sakariathal nur eine Art Winter- 1 Aucher Eloy (1835); W. Hamilton (1836); v. Vincke (1838). 2 Vgl. des Verfaſſers „Unter dem Halbmonde“, 159 u. ff. 10*

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878, S. [147]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_armenien_1878/179>, abgerufen am 03.05.2024.