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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.

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Ueberblick auf Gesammt-Armenien.

Das Charakteristische an allen diesen Gebirgen ist die Wald-
armuth. Nur geringfügige Bestände erhalten sich in einer Höhe
von 5--8000 Fuß über dem Meere 1. Dafür sind aber die
Thäler fruchtbar und allenthalben mit Baum-Culturen geschmückt,
wo es der Boden zuläßt 2. Die Waldbäume, welche dennoch vor-
kommen, sind die Buche und die Eiche, seltener Ahorn, Birke
und Fichte. Der Weinstock gedeiht in manchen Gegenden, be-
sonders in der mittleren Araxes-Ebene (bei Nachitschewan), am
Van-See bei Musch, bei Erzingian u. s. w. Das Obst ist ein
Hauptproduct des Landes, doch kommen eigentliche Südfrüchte
nicht vor. Von den Feldfrüchten werden Weizen, Korn, Mais,
Hirse, Sorgo, Bohnen und etwas Reis gebaut, besonders die
ersteren Sorten in der Ebene am oberen Eufrat. Ebendort,
sowie in einigen anderen Gegenden dieses Gebietes, wird der
Maulbeerbaum gepflegt, im Süden die Baumwollstaude und
bei Musch und Bitlis auch der Tabak gebaut 3.

Wir begeben uns nun von dieser orographischen Zone auf
das linke Ufer des Araxes, wo wir zunächst das Karser Plateau,
später jenes von Tschaldyr und Ardaghan betreten. Die Rand-
und Kettengebirge sind hier nirgends mehr massig und selbst die
orographische Begrenzungslinie, die, um das Quellgebiet des Kur
herum, in großem westlichen Bogen in das Achalzicho-Imere-
tinische Scheidegebirge übergeht, dürfte kaum Anspruch auf Be-
deutung erheben. Im Westen ist diese Zone, welche gleich jener
südlichen bis Erzerum reicht, durch die große Thalsenkung des
Tschuruk-Flusses begrenzt und jenseits nehmen die Kettenzüge
des pontischen Hinterlandes, ein, nur einmal in seiner Längen-
mitte unterbrochener (bei Gümüsch-Chana durch den Charschut-Fluß)
mächtiger Gebirgswall mit einer Total-Entwickelung von nahezu
50 deutschen Meilen ihren Anfang. Freilich sind hiebei auch die

1 Radde, a. a. O., 12.
2 Mit einer Anzahl schlanker Pappelbäume bezahlt der Mohammedaner
den Kalim dem Vater seiner Braut und der reiche Armenier am Araxes
zählt nach Tausenden die Pappelstämme, welche den Canälen entlang in
mehreren Reihen nebeneinander gepflanzt werden und die bei raschem
Wuchse schon im achten Jahre einzeln den Werth von drei bis vier Rubeln
repräsentiren (Ebd.)
3 Sax, "Türkei", 46.
Ueberblick auf Geſammt-Armenien.

Das Charakteriſtiſche an allen dieſen Gebirgen iſt die Wald-
armuth. Nur geringfügige Beſtände erhalten ſich in einer Höhe
von 5—8000 Fuß über dem Meere 1. Dafür ſind aber die
Thäler fruchtbar und allenthalben mit Baum-Culturen geſchmückt,
wo es der Boden zuläßt 2. Die Waldbäume, welche dennoch vor-
kommen, ſind die Buche und die Eiche, ſeltener Ahorn, Birke
und Fichte. Der Weinſtock gedeiht in manchen Gegenden, be-
ſonders in der mittleren Araxes-Ebene (bei Nachitſchewan), am
Van-See bei Muſch, bei Erzingian u. ſ. w. Das Obſt iſt ein
Hauptproduct des Landes, doch kommen eigentliche Südfrüchte
nicht vor. Von den Feldfrüchten werden Weizen, Korn, Mais,
Hirſe, Sorgo, Bohnen und etwas Reis gebaut, beſonders die
erſteren Sorten in der Ebene am oberen Eufrat. Ebendort,
ſowie in einigen anderen Gegenden dieſes Gebietes, wird der
Maulbeerbaum gepflegt, im Süden die Baumwollſtaude und
bei Muſch und Bitlis auch der Tabak gebaut 3.

Wir begeben uns nun von dieſer orographiſchen Zone auf
das linke Ufer des Araxes, wo wir zunächſt das Karſer Plateau,
ſpäter jenes von Tſchaldyr und Ardaghan betreten. Die Rand-
und Kettengebirge ſind hier nirgends mehr maſſig und ſelbſt die
orographiſche Begrenzungslinie, die, um das Quellgebiet des Kur
herum, in großem weſtlichen Bogen in das Achalzicho-Imere-
tiniſche Scheidegebirge übergeht, dürfte kaum Anſpruch auf Be-
deutung erheben. Im Weſten iſt dieſe Zone, welche gleich jener
ſüdlichen bis Erzerum reicht, durch die große Thalſenkung des
Tſchuruk-Fluſſes begrenzt und jenſeits nehmen die Kettenzüge
des pontiſchen Hinterlandes, ein, nur einmal in ſeiner Längen-
mitte unterbrochener (bei Gümüſch-Chana durch den Charſchut-Fluß)
mächtiger Gebirgswall mit einer Total-Entwickelung von nahezu
50 deutſchen Meilen ihren Anfang. Freilich ſind hiebei auch die

1 Radde, a. a. O., 12.
2 Mit einer Anzahl ſchlanker Pappelbäume bezahlt der Mohammedaner
den Kalim dem Vater ſeiner Braut und der reiche Armenier am Araxes
zählt nach Tauſenden die Pappelſtämme, welche den Canälen entlang in
mehreren Reihen nebeneinander gepflanzt werden und die bei raſchem
Wuchſe ſchon im achten Jahre einzeln den Werth von drei bis vier Rubeln
repräſentiren (Ebd.)
3 Sax, „Türkei“, 46.
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[122/0154] Ueberblick auf Geſammt-Armenien. Das Charakteriſtiſche an allen dieſen Gebirgen iſt die Wald- armuth. Nur geringfügige Beſtände erhalten ſich in einer Höhe von 5—8000 Fuß über dem Meere 1. Dafür ſind aber die Thäler fruchtbar und allenthalben mit Baum-Culturen geſchmückt, wo es der Boden zuläßt 2. Die Waldbäume, welche dennoch vor- kommen, ſind die Buche und die Eiche, ſeltener Ahorn, Birke und Fichte. Der Weinſtock gedeiht in manchen Gegenden, be- ſonders in der mittleren Araxes-Ebene (bei Nachitſchewan), am Van-See bei Muſch, bei Erzingian u. ſ. w. Das Obſt iſt ein Hauptproduct des Landes, doch kommen eigentliche Südfrüchte nicht vor. Von den Feldfrüchten werden Weizen, Korn, Mais, Hirſe, Sorgo, Bohnen und etwas Reis gebaut, beſonders die erſteren Sorten in der Ebene am oberen Eufrat. Ebendort, ſowie in einigen anderen Gegenden dieſes Gebietes, wird der Maulbeerbaum gepflegt, im Süden die Baumwollſtaude und bei Muſch und Bitlis auch der Tabak gebaut 3. Wir begeben uns nun von dieſer orographiſchen Zone auf das linke Ufer des Araxes, wo wir zunächſt das Karſer Plateau, ſpäter jenes von Tſchaldyr und Ardaghan betreten. Die Rand- und Kettengebirge ſind hier nirgends mehr maſſig und ſelbſt die orographiſche Begrenzungslinie, die, um das Quellgebiet des Kur herum, in großem weſtlichen Bogen in das Achalzicho-Imere- tiniſche Scheidegebirge übergeht, dürfte kaum Anſpruch auf Be- deutung erheben. Im Weſten iſt dieſe Zone, welche gleich jener ſüdlichen bis Erzerum reicht, durch die große Thalſenkung des Tſchuruk-Fluſſes begrenzt und jenſeits nehmen die Kettenzüge des pontiſchen Hinterlandes, ein, nur einmal in ſeiner Längen- mitte unterbrochener (bei Gümüſch-Chana durch den Charſchut-Fluß) mächtiger Gebirgswall mit einer Total-Entwickelung von nahezu 50 deutſchen Meilen ihren Anfang. Freilich ſind hiebei auch die 1 Radde, a. a. O., 12. 2 Mit einer Anzahl ſchlanker Pappelbäume bezahlt der Mohammedaner den Kalim dem Vater ſeiner Braut und der reiche Armenier am Araxes zählt nach Tauſenden die Pappelſtämme, welche den Canälen entlang in mehreren Reihen nebeneinander gepflanzt werden und die bei raſchem Wuchſe ſchon im achten Jahre einzeln den Werth von drei bis vier Rubeln repräſentiren (Ebd.) 3 Sax, „Türkei“, 46.

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_armenien_1878/154>, abgerufen am 24.11.2024.