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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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1. Kapitel. Fischereirecht und Fischereipolizei.
die Gefahren, welche durch diese Verunreinigungen veranlasst werden, erst
zu spät erkannt worden sind, weshalb man sich meist vollendeten That-
sachen gegenüber befindet, deren Änderung gewöhnlich nur mit grossen
Kosten möglich ist und rechtlich meist nicht erzwungen werden kann.
Bei Errichtung der Fabriken hätten dagegen in den meisten Fällen leicht
Vorkehrungen getroffen werden können, durch welche diese Schädlich-
keiten entweder ganz ausgeschlossen oder wenigstens auf ein möglichst
geringes Mass beschränkt worden wären.

Die schädlichen Einflüsse der Industrie lassen sich zu drei grossen
Gruppen zusammenfassen:

1. Heisses Wasser und Dampf, welche aus einem Fabrikbetriebe
oder einer Dampfkesselanlage in einen Bach geleitet werden, töten die
Fische durch Temperaturerhöhung und Verminderung des Luftgehaltes
des Wassers; meist enthalten die Maschinen-Speisewässer auch noch für
die Fische schädliche Zusätze, um die Bildung von Kesselstein zu verhüten.

2. Giftige Metallsalze werden namentlich beim Montanbetriebe
und der chemischen Grossindustrie, aber auch bei einigen anderen Ge-
werbebetrieben als Abwässer fortgeleitet. Die Holzstoff- und Papier-
fabriken, nicht minder auch die Textilindustrie entlassen die sehr ge-
fährlichen Fischgifte: Chlor und schweflige Säure sowie Laugen und
Mineralsäuren.

3. Faulende organische Stoffe sind für die Fischerei ausser-
ordentlich schädlich, weil sie dem Wasser Sauerstoff entziehen, und weil
sich beim Faulen neben direkt giftigen organischen Zersetzungsprodukten
auch Schwefelwasserstoff bildet. In dieser Richtung stehen die Stärke-
und Zuckerfabriken obenan, zahlreiche andere Betriebe und Industrien
schaden in gleicher Weise bald in höherem, bald in geringerem Masse.

Die Mittel, welche zur Verfügung stehen, um diese Schädlichkeiten
zu beseitigen oder doch zu mindern, sind folgende:

Heisses Wasser und Dampf sollen nicht direkt in die Bäche, son-
dern erst in besondere Abflusskanäle geleitet werden. Die organischen
und anorganischen Stoffe in den Abwässern lassen sich vor ihrer Ein-
leitung in die natürlichen Gewässer dadurch unschädlich machen, dass
sie zunächst je nach ihrer Beschaffenheit in Absatzbassins oder in
Filteranlagen geführt werden und hier ausser der mechanischen Rei-
nigung auch eine Reinigung auf chemischem Wege, namentlich durch
Zusatz von Ätzkalk, erfahren. Ein vortrefflich wirkendes Reinigungsver-
fahren gegenüber den faulenden organischen Stoffen besteht in der Riesel-
filtration,
welche leider nur in beschränktem Masse anwendbar ist.

In Berücksichtigung der hier in Hinblick auf den vorliegenden
Zweck lediglich skizzierten Schädlichkeiten der Abwässer und der vor-
handenen Möglichkeit, diese ganz oder teilweise zu beseitigen, verbieten
die neueren Fischereigesetze sämtlich das Einleiten oder Einwerfen von

1. Kapitel. Fischereirecht und Fischereipolizei.
die Gefahren, welche durch diese Verunreinigungen veranlaſst werden, erst
zu spät erkannt worden sind, weshalb man sich meist vollendeten That-
sachen gegenüber befindet, deren Änderung gewöhnlich nur mit groſsen
Kosten möglich ist und rechtlich meist nicht erzwungen werden kann.
Bei Errichtung der Fabriken hätten dagegen in den meisten Fällen leicht
Vorkehrungen getroffen werden können, durch welche diese Schädlich-
keiten entweder ganz ausgeschlossen oder wenigstens auf ein möglichst
geringes Maſs beschränkt worden wären.

Die schädlichen Einflüsse der Industrie lassen sich zu drei groſsen
Gruppen zusammenfassen:

1. Heiſses Wasser und Dampf, welche aus einem Fabrikbetriebe
oder einer Dampfkesselanlage in einen Bach geleitet werden, töten die
Fische durch Temperaturerhöhung und Verminderung des Luftgehaltes
des Wassers; meist enthalten die Maschinen-Speisewässer auch noch für
die Fische schädliche Zusätze, um die Bildung von Kesselstein zu verhüten.

2. Giftige Metallsalze werden namentlich beim Montanbetriebe
und der chemischen Groſsindustrie, aber auch bei einigen anderen Ge-
werbebetrieben als Abwässer fortgeleitet. Die Holzstoff- und Papier-
fabriken, nicht minder auch die Textilindustrie entlassen die sehr ge-
fährlichen Fischgifte: Chlor und schweflige Säure sowie Laugen und
Mineralsäuren.

3. Faulende organische Stoffe sind für die Fischerei auſser-
ordentlich schädlich, weil sie dem Wasser Sauerstoff entziehen, und weil
sich beim Faulen neben direkt giftigen organischen Zersetzungsprodukten
auch Schwefelwasserstoff bildet. In dieser Richtung stehen die Stärke-
und Zuckerfabriken obenan, zahlreiche andere Betriebe und Industrien
schaden in gleicher Weise bald in höherem, bald in geringerem Maſse.

Die Mittel, welche zur Verfügung stehen, um diese Schädlichkeiten
zu beseitigen oder doch zu mindern, sind folgende:

Heiſses Wasser und Dampf sollen nicht direkt in die Bäche, son-
dern erst in besondere Abfluſskanäle geleitet werden. Die organischen
und anorganischen Stoffe in den Abwässern lassen sich vor ihrer Ein-
leitung in die natürlichen Gewässer dadurch unschädlich machen, daſs
sie zunächst je nach ihrer Beschaffenheit in Absatzbassins oder in
Filteranlagen geführt werden und hier auſser der mechanischen Rei-
nigung auch eine Reinigung auf chemischem Wege, namentlich durch
Zusatz von Ätzkalk, erfahren. Ein vortrefflich wirkendes Reinigungsver-
fahren gegenüber den faulenden organischen Stoffen besteht in der Riesel-
filtration,
welche leider nur in beschränktem Maſse anwendbar ist.

In Berücksichtigung der hier in Hinblick auf den vorliegenden
Zweck lediglich skizzierten Schädlichkeiten der Abwässer und der vor-
handenen Möglichkeit, diese ganz oder teilweise zu beseitigen, verbieten
die neueren Fischereigesetze sämtlich das Einleiten oder Einwerfen von

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[349/0367] 1. Kapitel. Fischereirecht und Fischereipolizei. die Gefahren, welche durch diese Verunreinigungen veranlaſst werden, erst zu spät erkannt worden sind, weshalb man sich meist vollendeten That- sachen gegenüber befindet, deren Änderung gewöhnlich nur mit groſsen Kosten möglich ist und rechtlich meist nicht erzwungen werden kann. Bei Errichtung der Fabriken hätten dagegen in den meisten Fällen leicht Vorkehrungen getroffen werden können, durch welche diese Schädlich- keiten entweder ganz ausgeschlossen oder wenigstens auf ein möglichst geringes Maſs beschränkt worden wären. Die schädlichen Einflüsse der Industrie lassen sich zu drei groſsen Gruppen zusammenfassen: 1. Heiſses Wasser und Dampf, welche aus einem Fabrikbetriebe oder einer Dampfkesselanlage in einen Bach geleitet werden, töten die Fische durch Temperaturerhöhung und Verminderung des Luftgehaltes des Wassers; meist enthalten die Maschinen-Speisewässer auch noch für die Fische schädliche Zusätze, um die Bildung von Kesselstein zu verhüten. 2. Giftige Metallsalze werden namentlich beim Montanbetriebe und der chemischen Groſsindustrie, aber auch bei einigen anderen Ge- werbebetrieben als Abwässer fortgeleitet. Die Holzstoff- und Papier- fabriken, nicht minder auch die Textilindustrie entlassen die sehr ge- fährlichen Fischgifte: Chlor und schweflige Säure sowie Laugen und Mineralsäuren. 3. Faulende organische Stoffe sind für die Fischerei auſser- ordentlich schädlich, weil sie dem Wasser Sauerstoff entziehen, und weil sich beim Faulen neben direkt giftigen organischen Zersetzungsprodukten auch Schwefelwasserstoff bildet. In dieser Richtung stehen die Stärke- und Zuckerfabriken obenan, zahlreiche andere Betriebe und Industrien schaden in gleicher Weise bald in höherem, bald in geringerem Maſse. Die Mittel, welche zur Verfügung stehen, um diese Schädlichkeiten zu beseitigen oder doch zu mindern, sind folgende: Heiſses Wasser und Dampf sollen nicht direkt in die Bäche, son- dern erst in besondere Abfluſskanäle geleitet werden. Die organischen und anorganischen Stoffe in den Abwässern lassen sich vor ihrer Ein- leitung in die natürlichen Gewässer dadurch unschädlich machen, daſs sie zunächst je nach ihrer Beschaffenheit in Absatzbassins oder in Filteranlagen geführt werden und hier auſser der mechanischen Rei- nigung auch eine Reinigung auf chemischem Wege, namentlich durch Zusatz von Ätzkalk, erfahren. Ein vortrefflich wirkendes Reinigungsver- fahren gegenüber den faulenden organischen Stoffen besteht in der Riesel- filtration, welche leider nur in beschränktem Maſse anwendbar ist. In Berücksichtigung der hier in Hinblick auf den vorliegenden Zweck lediglich skizzierten Schädlichkeiten der Abwässer und der vor- handenen Möglichkeit, diese ganz oder teilweise zu beseitigen, verbieten die neueren Fischereigesetze sämtlich das Einleiten oder Einwerfen von

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/367>, abgerufen am 02.05.2024.