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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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§ 2. Wildschaden und Wildschadensersatz.

Diejenigen Wildgattungen, welche besonders in Betracht kommen,
sind: Rot- und Damwild, im Walde auch das Rehwild; Elch-
wild
ist nur lokal von Bedeutung.

Vom Federwilde sind nur die Fasanen zu berücksichtigen.

Bezüglich des Schwarzwildes ist fast allgemein anerkannter
Grundsatz, dass dasselbe nur in dichten Einfriedigungen gehegt werden
darf und der Jagdberechtigte, aus dessen Gehege das Schwarzwild aus-
bricht, für den hierdurch verursachten Schaden haftbar ist. Ausserdem
besteht aber doch meist auch noch die regelmässige Ersatzpflicht des
Jagdpächters, sowie in manchen Staaten (Preussen, Ungarn, Oesterreich)
die Freigabe der Jagd auf Schwarzwild an alle Grundbesitzer.

Die besonders schädlichen Kaninchen sind in Preussen, ebenso
auch in Ungarn dem freien Tierfange überlassen, und es besteht keine
Ersatzpflicht für den durch sie verursachten Schaden.

Die fortschreitende Kultur hat schon seit langer Zeit dazu gedrängt,
gewisse, besonders schädliche Tiergattungen nicht als Gegenstand der
gesetzlich geschützten Jagdausübung zu betrachten, sondern sie im
öffentlichen Interesse dem freien Tierfange preiszugeben.

In alter Zeit waren es besonders die Wölfe und Bären, welche
schon der Sachsenspiegel selbst in den Bannforsten jedermann zu er-
legen gestattete, und welche auch heute noch in jenen Gegenden, wo
sie regelmässig vorkommen, für vogelfrei erklärt oder Gegenstand poli-
lizeilicher Vertilgungsmassregeln sind. 1) Ihnen hat sich das Schwarz-
wild
angeschlossen und neuerdings die in manchen Gegenden von
Deutschland bereits zu einer wahren Landplage gewordenen Kaninchen.
Am weitesten in dieser Beziehung geht das ungarische Jagdgesetz,
welches auch die Vertilgung der Füchse, Marder, Iltisse u. s. w. jedem
Grundbesitzer überlässt. 2) Eine Wildschadenersatzpflicht für derartige
Tiere kann nur dadurch begründet werden, dass dem Grundbesitzer im
öffentlichen Interesse gewisse Beschränkungen bei der Ausübung der

Wilde in Baumschulen, in Obstgärten oder an einzeln stehenden jungen Bäumen
verursachte Schaden nur dann vergütet, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden
erfolgte, obgleich die unter gewöhnlichen Umständen ausreichenden Schutzanstalten
angebracht waren.
1) Bezüglich der Wölfe besteht heutzutage noch in Frankreich die Einrichtung
eines besonderen Personals für die Wolfsjagden, bestehend aus einem grand-veneur
und den lieutenants de louveterie (vgl. Reglement du 20 aoaut 1814, portant organi-
sation de la louveterie). Für die Verfolgung der Wölfe sind folgende Gesetze mass-
gebend: Arrete du 19 pluviose an V, concernant la chasse des animaux nuisibles
und: loi du 10 messidor an V, relative a la destruction des loups.
2) Ungarn, Jagdgesetz von 1883, § 8: Durch Raub- oder schädliche Tiere
(Bären, Wölfe, Füchse, Wildkatzen, Steinmarder, Wildschweine, Dachse, Kaninchen,
Hamster, Ziesel, Iltisse, Wiesel, Edelmarder, Fischotter) verursachte Schäden werden, da
derlei Wild von dem Grundbesitzer wann immer vertilgt werden kann, nicht vergütet.
§ 2. Wildschaden und Wildschadensersatz.

Diejenigen Wildgattungen, welche besonders in Betracht kommen,
sind: Rot- und Damwild, im Walde auch das Rehwild; Elch-
wild
ist nur lokal von Bedeutung.

Vom Federwilde sind nur die Fasanen zu berücksichtigen.

Bezüglich des Schwarzwildes ist fast allgemein anerkannter
Grundsatz, daſs dasselbe nur in dichten Einfriedigungen gehegt werden
darf und der Jagdberechtigte, aus dessen Gehege das Schwarzwild aus-
bricht, für den hierdurch verursachten Schaden haftbar ist. Auſserdem
besteht aber doch meist auch noch die regelmäſsige Ersatzpflicht des
Jagdpächters, sowie in manchen Staaten (Preuſsen, Ungarn, Oesterreich)
die Freigabe der Jagd auf Schwarzwild an alle Grundbesitzer.

Die besonders schädlichen Kaninchen sind in Preuſsen, ebenso
auch in Ungarn dem freien Tierfange überlassen, und es besteht keine
Ersatzpflicht für den durch sie verursachten Schaden.

Die fortschreitende Kultur hat schon seit langer Zeit dazu gedrängt,
gewisse, besonders schädliche Tiergattungen nicht als Gegenstand der
gesetzlich geschützten Jagdausübung zu betrachten, sondern sie im
öffentlichen Interesse dem freien Tierfange preiszugeben.

In alter Zeit waren es besonders die Wölfe und Bären, welche
schon der Sachsenspiegel selbst in den Bannforsten jedermann zu er-
legen gestattete, und welche auch heute noch in jenen Gegenden, wo
sie regelmäſsig vorkommen, für vogelfrei erklärt oder Gegenstand poli-
lizeilicher Vertilgungsmaſsregeln sind. 1) Ihnen hat sich das Schwarz-
wild
angeschlossen und neuerdings die in manchen Gegenden von
Deutschland bereits zu einer wahren Landplage gewordenen Kaninchen.
Am weitesten in dieser Beziehung geht das ungarische Jagdgesetz,
welches auch die Vertilgung der Füchse, Marder, Iltisse u. s. w. jedem
Grundbesitzer überläſst. 2) Eine Wildschadenersatzpflicht für derartige
Tiere kann nur dadurch begründet werden, daſs dem Grundbesitzer im
öffentlichen Interesse gewisse Beschränkungen bei der Ausübung der

Wilde in Baumschulen, in Obstgärten oder an einzeln stehenden jungen Bäumen
verursachte Schaden nur dann vergütet, wenn nachgewiesen wird, daſs der Schaden
erfolgte, obgleich die unter gewöhnlichen Umständen ausreichenden Schutzanstalten
angebracht waren.
1) Bezüglich der Wölfe besteht heutzutage noch in Frankreich die Einrichtung
eines besonderen Personals für die Wolfsjagden, bestehend aus einem grand-veneur
und den lieutenants de louveterie (vgl. Règlement du 20 août 1814, portant organi-
sation de la louveterie). Für die Verfolgung der Wölfe sind folgende Gesetze maſs-
gebend: Arrêté du 19 pluviôse an V, concernant la chasse des animaux nuisibles
und: loi du 10 messidor an V, relative à la destruction des loups.
2) Ungarn, Jagdgesetz von 1883, § 8: Durch Raub- oder schädliche Tiere
(Bären, Wölfe, Füchse, Wildkatzen, Steinmarder, Wildschweine, Dachse, Kaninchen,
Hamster, Ziesel, Iltisse, Wiesel, Edelmarder, Fischotter) verursachte Schäden werden, da
derlei Wild von dem Grundbesitzer wann immer vertilgt werden kann, nicht vergütet.
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[319/0337] § 2. Wildschaden und Wildschadensersatz. Diejenigen Wildgattungen, welche besonders in Betracht kommen, sind: Rot- und Damwild, im Walde auch das Rehwild; Elch- wild ist nur lokal von Bedeutung. Vom Federwilde sind nur die Fasanen zu berücksichtigen. Bezüglich des Schwarzwildes ist fast allgemein anerkannter Grundsatz, daſs dasselbe nur in dichten Einfriedigungen gehegt werden darf und der Jagdberechtigte, aus dessen Gehege das Schwarzwild aus- bricht, für den hierdurch verursachten Schaden haftbar ist. Auſserdem besteht aber doch meist auch noch die regelmäſsige Ersatzpflicht des Jagdpächters, sowie in manchen Staaten (Preuſsen, Ungarn, Oesterreich) die Freigabe der Jagd auf Schwarzwild an alle Grundbesitzer. Die besonders schädlichen Kaninchen sind in Preuſsen, ebenso auch in Ungarn dem freien Tierfange überlassen, und es besteht keine Ersatzpflicht für den durch sie verursachten Schaden. Die fortschreitende Kultur hat schon seit langer Zeit dazu gedrängt, gewisse, besonders schädliche Tiergattungen nicht als Gegenstand der gesetzlich geschützten Jagdausübung zu betrachten, sondern sie im öffentlichen Interesse dem freien Tierfange preiszugeben. In alter Zeit waren es besonders die Wölfe und Bären, welche schon der Sachsenspiegel selbst in den Bannforsten jedermann zu er- legen gestattete, und welche auch heute noch in jenen Gegenden, wo sie regelmäſsig vorkommen, für vogelfrei erklärt oder Gegenstand poli- lizeilicher Vertilgungsmaſsregeln sind. 1) Ihnen hat sich das Schwarz- wild angeschlossen und neuerdings die in manchen Gegenden von Deutschland bereits zu einer wahren Landplage gewordenen Kaninchen. Am weitesten in dieser Beziehung geht das ungarische Jagdgesetz, welches auch die Vertilgung der Füchse, Marder, Iltisse u. s. w. jedem Grundbesitzer überläſst. 2) Eine Wildschadenersatzpflicht für derartige Tiere kann nur dadurch begründet werden, daſs dem Grundbesitzer im öffentlichen Interesse gewisse Beschränkungen bei der Ausübung der 3) 1) Bezüglich der Wölfe besteht heutzutage noch in Frankreich die Einrichtung eines besonderen Personals für die Wolfsjagden, bestehend aus einem grand-veneur und den lieutenants de louveterie (vgl. Règlement du 20 août 1814, portant organi- sation de la louveterie). Für die Verfolgung der Wölfe sind folgende Gesetze maſs- gebend: Arrêté du 19 pluviôse an V, concernant la chasse des animaux nuisibles und: loi du 10 messidor an V, relative à la destruction des loups. 2) Ungarn, Jagdgesetz von 1883, § 8: Durch Raub- oder schädliche Tiere (Bären, Wölfe, Füchse, Wildkatzen, Steinmarder, Wildschweine, Dachse, Kaninchen, Hamster, Ziesel, Iltisse, Wiesel, Edelmarder, Fischotter) verursachte Schäden werden, da derlei Wild von dem Grundbesitzer wann immer vertilgt werden kann, nicht vergütet. 3) Wilde in Baumschulen, in Obstgärten oder an einzeln stehenden jungen Bäumen verursachte Schaden nur dann vergütet, wenn nachgewiesen wird, daſs der Schaden erfolgte, obgleich die unter gewöhnlichen Umständen ausreichenden Schutzanstalten angebracht waren.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/337>, abgerufen am 03.05.2024.