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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
zeichnete, die Bestrafung der übrigen rechtswidrigen Handlungen im
Walde aber dem Partikularrechte überliess. Auch in den folgenden
Jahrhunderten wurden derartige Vergehen nicht nur geringer bestraft,
sondern die Auffassung des minderen Grades der Rechtswidrigkeit fand
auch in der Bezeichnung dieser Delikte als "Forstfrevel" an Stelle
des für die Mehrzahl der Fälle zutreffenden Ausdruckes "Diebstahl"
ihren Ausdruck und zugleich eine neue Bekräftigung.

Der partikularrechtliche Charakter, welchen das Forststrafrecht
bereits seit der Zeit der Volksrechte trägt, und welcher in den zahl-
reichen Weistümern sowie später in den Forstordnungen und Forst-
gesetzen festgehalten worden ist, blieb demselben auch durch das neue
deutsche Reichsstrafgesetzbuch gewahrt, indem nach § 2 des Einfüh-
rungsgesetzes hierzu die Bestimmungen über Forstpolizei und Holz-(Forst-)
diebstahl auch fernerhin der Landesgesetzgebung vorbehalten wurden. 1)

Indessen bot doch einerseits die Änderung der Rechtsanschauung
und anderseits die indirekte Einwirkung des Reichsstrafgesetzbuches
sowohl, als noch mehr jene des Strafprozesses und der Gerichtsorgani-
sation vom Jahre 1879 die Veranlassung, dass während der letzten De-
zennien in vielen Staaten eine neue Kodifikation des Forststrafgesetzes
erfolgte, wobei nunmehr auch der bessere Rechtsschutz und das erzie-
hende Moment allenthalben dadurch zum Ausdrucke gelangt ist, dass
die Bezeichnung "Frevel" fortgefallen und durch "Diebstahl" ersetzt
worden ist. 2)

Über die Grenzen, wie weit die Aneignung von Waldprodukten
unter die Spezialstrafen des Forstdiebstahls zu stellen ist, herrscht in
den Partikulargesetzen keine Übereinstimmung. Die meisten haben nur
pflanzliche Erzeugnisse im Auge, andere nennen auch Produkte aus den
übrigen Naturreichen als Gegenstände des Sonderrechts. Bald werden
sämtliche pflanzliche Waldprodukte demselben unterworfen, bald nur
gewisse Forstprodukte, so dass die Frage offen bleibt, ob die unbefugte
Aneignung der nicht genannten Erzeugnisse überhaupt und nach wel-
chen Bestimmungen sie etwa strafbar sei (Beeren, Pilze, Ameiseneier). 3)


1) Einführungsgesetz vom 31. V. 1870 zum Strafgesetzbuche für den Nord-
deutschen Bund, § 2: Mit diesem Tage tritt das Bundes- und Landesstrafrecht, in-
soweit dasselbe Materien betrifft, welche Gegenstand des Strafgesetzbuches für den
Norddeutschen Bund sind, ausser Kraft. In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften
des Bundes- und Landesstrafrechtes, namentlich über strafbare Verletzungen der
Pass-, Polizei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, Jagd-, Forst- und Feld-
polizeigesetze,
über Missbrauch des Vereins- und Versammlungsrechtes und über
den Holz-(Forst-)diebstahl.
2) Z. B. Preussen, Gesetz betreffend den Forstdiebstahl vom 15. IV. 1878;
Württemberg, Forststrafgesetz vom 2. IX. 1879; Baden, Gesetz vom 25. II. 1879
über das Forststrafrecht und das Forststrafverfahren.
3) Preussen, Feld- und Forstpolizeigesetz § 41.

B. Zweiter (spezieller) Teil.
zeichnete, die Bestrafung der übrigen rechtswidrigen Handlungen im
Walde aber dem Partikularrechte überlieſs. Auch in den folgenden
Jahrhunderten wurden derartige Vergehen nicht nur geringer bestraft,
sondern die Auffassung des minderen Grades der Rechtswidrigkeit fand
auch in der Bezeichnung dieser Delikte als „Forstfrevel“ an Stelle
des für die Mehrzahl der Fälle zutreffenden Ausdruckes „Diebstahl“
ihren Ausdruck und zugleich eine neue Bekräftigung.

Der partikularrechtliche Charakter, welchen das Forststrafrecht
bereits seit der Zeit der Volksrechte trägt, und welcher in den zahl-
reichen Weistümern sowie später in den Forstordnungen und Forst-
gesetzen festgehalten worden ist, blieb demselben auch durch das neue
deutsche Reichsstrafgesetzbuch gewahrt, indem nach § 2 des Einfüh-
rungsgesetzes hierzu die Bestimmungen über Forstpolizei und Holz-(Forst-)
diebstahl auch fernerhin der Landesgesetzgebung vorbehalten wurden. 1)

Indessen bot doch einerseits die Änderung der Rechtsanschauung
und anderseits die indirekte Einwirkung des Reichsstrafgesetzbuches
sowohl, als noch mehr jene des Strafprozesses und der Gerichtsorgani-
sation vom Jahre 1879 die Veranlassung, daſs während der letzten De-
zennien in vielen Staaten eine neue Kodifikation des Forststrafgesetzes
erfolgte, wobei nunmehr auch der bessere Rechtsschutz und das erzie-
hende Moment allenthalben dadurch zum Ausdrucke gelangt ist, daſs
die Bezeichnung „Frevel“ fortgefallen und durch „Diebstahl“ ersetzt
worden ist. 2)

Über die Grenzen, wie weit die Aneignung von Waldprodukten
unter die Spezialstrafen des Forstdiebstahls zu stellen ist, herrscht in
den Partikulargesetzen keine Übereinstimmung. Die meisten haben nur
pflanzliche Erzeugnisse im Auge, andere nennen auch Produkte aus den
übrigen Naturreichen als Gegenstände des Sonderrechts. Bald werden
sämtliche pflanzliche Waldprodukte demselben unterworfen, bald nur
gewisse Forstprodukte, so daſs die Frage offen bleibt, ob die unbefugte
Aneignung der nicht genannten Erzeugnisse überhaupt und nach wel-
chen Bestimmungen sie etwa strafbar sei (Beeren, Pilze, Ameiseneier). 3)


1) Einführungsgesetz vom 31. V. 1870 zum Strafgesetzbuche für den Nord-
deutschen Bund, § 2: Mit diesem Tage tritt das Bundes- und Landesstrafrecht, in-
soweit dasselbe Materien betrifft, welche Gegenstand des Strafgesetzbuches für den
Norddeutschen Bund sind, auſser Kraft. In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften
des Bundes- und Landesstrafrechtes, namentlich über strafbare Verletzungen der
Paſs-, Polizei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, Jagd-, Forst- und Feld-
polizeigesetze,
über Miſsbrauch des Vereins- und Versammlungsrechtes und über
den Holz-(Forst-)diebstahl.
2) Z. B. Preuſsen, Gesetz betreffend den Forstdiebstahl vom 15. IV. 1878;
Württemberg, Forststrafgesetz vom 2. IX. 1879; Baden, Gesetz vom 25. II. 1879
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[276/0294] B. Zweiter (spezieller) Teil. zeichnete, die Bestrafung der übrigen rechtswidrigen Handlungen im Walde aber dem Partikularrechte überlieſs. Auch in den folgenden Jahrhunderten wurden derartige Vergehen nicht nur geringer bestraft, sondern die Auffassung des minderen Grades der Rechtswidrigkeit fand auch in der Bezeichnung dieser Delikte als „Forstfrevel“ an Stelle des für die Mehrzahl der Fälle zutreffenden Ausdruckes „Diebstahl“ ihren Ausdruck und zugleich eine neue Bekräftigung. Der partikularrechtliche Charakter, welchen das Forststrafrecht bereits seit der Zeit der Volksrechte trägt, und welcher in den zahl- reichen Weistümern sowie später in den Forstordnungen und Forst- gesetzen festgehalten worden ist, blieb demselben auch durch das neue deutsche Reichsstrafgesetzbuch gewahrt, indem nach § 2 des Einfüh- rungsgesetzes hierzu die Bestimmungen über Forstpolizei und Holz-(Forst-) diebstahl auch fernerhin der Landesgesetzgebung vorbehalten wurden. 1) Indessen bot doch einerseits die Änderung der Rechtsanschauung und anderseits die indirekte Einwirkung des Reichsstrafgesetzbuches sowohl, als noch mehr jene des Strafprozesses und der Gerichtsorgani- sation vom Jahre 1879 die Veranlassung, daſs während der letzten De- zennien in vielen Staaten eine neue Kodifikation des Forststrafgesetzes erfolgte, wobei nunmehr auch der bessere Rechtsschutz und das erzie- hende Moment allenthalben dadurch zum Ausdrucke gelangt ist, daſs die Bezeichnung „Frevel“ fortgefallen und durch „Diebstahl“ ersetzt worden ist. 2) Über die Grenzen, wie weit die Aneignung von Waldprodukten unter die Spezialstrafen des Forstdiebstahls zu stellen ist, herrscht in den Partikulargesetzen keine Übereinstimmung. Die meisten haben nur pflanzliche Erzeugnisse im Auge, andere nennen auch Produkte aus den übrigen Naturreichen als Gegenstände des Sonderrechts. Bald werden sämtliche pflanzliche Waldprodukte demselben unterworfen, bald nur gewisse Forstprodukte, so daſs die Frage offen bleibt, ob die unbefugte Aneignung der nicht genannten Erzeugnisse überhaupt und nach wel- chen Bestimmungen sie etwa strafbar sei (Beeren, Pilze, Ameiseneier). 3) 1) Einführungsgesetz vom 31. V. 1870 zum Strafgesetzbuche für den Nord- deutschen Bund, § 2: Mit diesem Tage tritt das Bundes- und Landesstrafrecht, in- soweit dasselbe Materien betrifft, welche Gegenstand des Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund sind, auſser Kraft. In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften des Bundes- und Landesstrafrechtes, namentlich über strafbare Verletzungen der Paſs-, Polizei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, Jagd-, Forst- und Feld- polizeigesetze, über Miſsbrauch des Vereins- und Versammlungsrechtes und über den Holz-(Forst-)diebstahl. 2) Z. B. Preuſsen, Gesetz betreffend den Forstdiebstahl vom 15. IV. 1878; Württemberg, Forststrafgesetz vom 2. IX. 1879; Baden, Gesetz vom 25. II. 1879 über das Forststrafrecht und das Forststrafverfahren. 3) Preuſsen, Feld- und Forstpolizeigesetz § 41.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/294>, abgerufen am 23.11.2024.