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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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II. Abschnitt. Forstpolizei.
bewirtschaftet und als solche erhalten werden, es kommen aber doch
auch hier Fälle vor, in denen es notwendig sein kann, auf die Eigen-
schaft des Schutzwaldes hinzuweisen, z. B. bezüglich der Behandlung
gewisser Servituten 1) und anderer Nutzungen 2), welche in Schutzwal-
dungen unzulässig sind, ferner bei der etwaigen Veräusserung behufs
vorzunehmender Rodung u. s. w.

§ 2. Die Bewirtschaftung der Schutzwaldungen. Um die von den
Schutzwaldungen erwartete Sicherung zu erreichen, unterliegt die Be-
wirtschaftung derselben gewissen gesetzlichen Bestimmungen und der
staatlichen Aufsicht.

Die Massregeln, welche zur Verhütung von Gefahren angeordnet
sind, tragen einen verschiedenen Charakter, je nachdem sie sich auf
bereits vorhandene Waldungen beziehen, oder ob zu diesem
Zwecke neue Aufforstungen nötig sind.

Die älteren Gesetze verfolgen meist nur das erste Ziel und ver-
bieten demgemäss sämtlich die Rodung und die Waldverwüstung.
Die Verjüngung der Schutzwaldungen darf nirgends in grossen Kahl-
schlägen, sondern nur plänterweise oder in Form schmaler Absäumun-
gen erfolgen (Oesterreich, Bayern 3), Württemberg).

Die neueren Forstgesetze sehen entweder von einer derartigen
speziellen Festsetzung der Wirtschaft überhaupt ab und überlassen die
in jedem Falle zu treffenden Massregeln der Anordnung der mit dem
Vollzuge des Waldschutzgesetzes betrauten Behörde (Preussen, Russland,
unter den älteren Gesetzen: Oesterreich 4), oder gestatten solche weitere
Massnahmen noch neben einzelnen generellen Vorschriften (Schweiz,
Italien. 5)


1) In der Schweiz sind alle auf Schutzwaldungen haftenden Dienstbarkeiten
abzulösen, falls sie mit dem Zwecke, welchem diese Waldungen dienen, unvereinbar
sind. Die Ablösung sollte bis längstens 1886 vollzogen sein. Das italienische
Gesetz vom 20. VI. 1877 statuiert in Art. 29--32 Beschränkungen oder Berechtigungen
in den Schutzwaldungen und erklärt dieselben in Art. 33 auf Antrag der Belasteten
für zwangsweise ablösbar.
2) So haben die in Bayern auf einem Teile der Waldungen des Fichtelgebirges
lastenden Steinbruchsberechtigungen zu Kahlabtrieben in Staatswaldungen geführt,
welche nach dem bayerischen Forstgesetze unbedingt als Schutzwaldungen zu be-
trachten waren. Erst eine Oberinspektion hat nach ziemlich langer Zeit in der
Mitte der 1880er Jahre hierin Wandel geschaffen.
3) Bayerisches Forstgesetz Art. 35: Gänzliche oder teilweise Rodungen sind
erlaubt, wenn .... 2. das Fortbestehen des Waldes nicht zum Schutze gegen Natur-
ereignisse notwendig ist. Art. 40: In Schutzwaldungen ist der kahle Abtrieb verboten.
4) Oesterreichisches Forstgesetz von 1852, § 19: Die Bannlegung besteht
in der genauen Vorschreibung und möglichsten Sicherstellung der erforderlichen
besonderen Waldbehandlung.
5) Italienisches Gesetz vom 20. VI. 1877, Art. 4: Nei terreni accennati nell'
art. 1 (dem Forstbann unterliegend) e vietato ogni disboscamento ed ogni dissodamento.
La coltura silvana ed il taglio dei boschi non sono sottoposti al alcuna preventiva au-

II. Abschnitt. Forstpolizei.
bewirtschaftet und als solche erhalten werden, es kommen aber doch
auch hier Fälle vor, in denen es notwendig sein kann, auf die Eigen-
schaft des Schutzwaldes hinzuweisen, z. B. bezüglich der Behandlung
gewisser Servituten 1) und anderer Nutzungen 2), welche in Schutzwal-
dungen unzulässig sind, ferner bei der etwaigen Veräuſserung behufs
vorzunehmender Rodung u. s. w.

§ 2. Die Bewirtschaftung der Schutzwaldungen. Um die von den
Schutzwaldungen erwartete Sicherung zu erreichen, unterliegt die Be-
wirtschaftung derselben gewissen gesetzlichen Bestimmungen und der
staatlichen Aufsicht.

Die Maſsregeln, welche zur Verhütung von Gefahren angeordnet
sind, tragen einen verschiedenen Charakter, je nachdem sie sich auf
bereits vorhandene Waldungen beziehen, oder ob zu diesem
Zwecke neue Aufforstungen nötig sind.

Die älteren Gesetze verfolgen meist nur das erste Ziel und ver-
bieten demgemäſs sämtlich die Rodung und die Waldverwüstung.
Die Verjüngung der Schutzwaldungen darf nirgends in groſsen Kahl-
schlägen, sondern nur plänterweise oder in Form schmaler Absäumun-
gen erfolgen (Oesterreich, Bayern 3), Württemberg).

Die neueren Forstgesetze sehen entweder von einer derartigen
speziellen Festsetzung der Wirtschaft überhaupt ab und überlassen die
in jedem Falle zu treffenden Maſsregeln der Anordnung der mit dem
Vollzuge des Waldschutzgesetzes betrauten Behörde (Preuſsen, Ruſsland,
unter den älteren Gesetzen: Oesterreich 4), oder gestatten solche weitere
Maſsnahmen noch neben einzelnen generellen Vorschriften (Schweiz,
Italien. 5)


1) In der Schweiz sind alle auf Schutzwaldungen haftenden Dienstbarkeiten
abzulösen, falls sie mit dem Zwecke, welchem diese Waldungen dienen, unvereinbar
sind. Die Ablösung sollte bis längstens 1886 vollzogen sein. Das italienische
Gesetz vom 20. VI. 1877 statuiert in Art. 29—32 Beschränkungen oder Berechtigungen
in den Schutzwaldungen und erklärt dieselben in Art. 33 auf Antrag der Belasteten
für zwangsweise ablösbar.
2) So haben die in Bayern auf einem Teile der Waldungen des Fichtelgebirges
lastenden Steinbruchsberechtigungen zu Kahlabtrieben in Staatswaldungen geführt,
welche nach dem bayerischen Forstgesetze unbedingt als Schutzwaldungen zu be-
trachten waren. Erst eine Oberinspektion hat nach ziemlich langer Zeit in der
Mitte der 1880er Jahre hierin Wandel geschaffen.
3) Bayerisches Forstgesetz Art. 35: Gänzliche oder teilweise Rodungen sind
erlaubt, wenn .... 2. das Fortbestehen des Waldes nicht zum Schutze gegen Natur-
ereignisse notwendig ist. Art. 40: In Schutzwaldungen ist der kahle Abtrieb verboten.
4) Oesterreichisches Forstgesetz von 1852, § 19: Die Bannlegung besteht
in der genauen Vorschreibung und möglichsten Sicherstellung der erforderlichen
besonderen Waldbehandlung.
5) Italienisches Gesetz vom 20. VI. 1877, Art. 4: Nei terreni accennati nell’
art. 1 (dem Forstbann unterliegend) è vietato ogni disboscamento ed ogni dissodamento.
La coltura silvana ed il taglio dei boschi non sono sottoposti al alcuna preventiva au-
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[233/0251] II. Abschnitt. Forstpolizei. bewirtschaftet und als solche erhalten werden, es kommen aber doch auch hier Fälle vor, in denen es notwendig sein kann, auf die Eigen- schaft des Schutzwaldes hinzuweisen, z. B. bezüglich der Behandlung gewisser Servituten 1) und anderer Nutzungen 2), welche in Schutzwal- dungen unzulässig sind, ferner bei der etwaigen Veräuſserung behufs vorzunehmender Rodung u. s. w. § 2. Die Bewirtschaftung der Schutzwaldungen. Um die von den Schutzwaldungen erwartete Sicherung zu erreichen, unterliegt die Be- wirtschaftung derselben gewissen gesetzlichen Bestimmungen und der staatlichen Aufsicht. Die Maſsregeln, welche zur Verhütung von Gefahren angeordnet sind, tragen einen verschiedenen Charakter, je nachdem sie sich auf bereits vorhandene Waldungen beziehen, oder ob zu diesem Zwecke neue Aufforstungen nötig sind. Die älteren Gesetze verfolgen meist nur das erste Ziel und ver- bieten demgemäſs sämtlich die Rodung und die Waldverwüstung. Die Verjüngung der Schutzwaldungen darf nirgends in groſsen Kahl- schlägen, sondern nur plänterweise oder in Form schmaler Absäumun- gen erfolgen (Oesterreich, Bayern 3), Württemberg). Die neueren Forstgesetze sehen entweder von einer derartigen speziellen Festsetzung der Wirtschaft überhaupt ab und überlassen die in jedem Falle zu treffenden Maſsregeln der Anordnung der mit dem Vollzuge des Waldschutzgesetzes betrauten Behörde (Preuſsen, Ruſsland, unter den älteren Gesetzen: Oesterreich 4), oder gestatten solche weitere Maſsnahmen noch neben einzelnen generellen Vorschriften (Schweiz, Italien. 5) 1) In der Schweiz sind alle auf Schutzwaldungen haftenden Dienstbarkeiten abzulösen, falls sie mit dem Zwecke, welchem diese Waldungen dienen, unvereinbar sind. Die Ablösung sollte bis längstens 1886 vollzogen sein. Das italienische Gesetz vom 20. VI. 1877 statuiert in Art. 29—32 Beschränkungen oder Berechtigungen in den Schutzwaldungen und erklärt dieselben in Art. 33 auf Antrag der Belasteten für zwangsweise ablösbar. 2) So haben die in Bayern auf einem Teile der Waldungen des Fichtelgebirges lastenden Steinbruchsberechtigungen zu Kahlabtrieben in Staatswaldungen geführt, welche nach dem bayerischen Forstgesetze unbedingt als Schutzwaldungen zu be- trachten waren. Erst eine Oberinspektion hat nach ziemlich langer Zeit in der Mitte der 1880er Jahre hierin Wandel geschaffen. 3) Bayerisches Forstgesetz Art. 35: Gänzliche oder teilweise Rodungen sind erlaubt, wenn .... 2. das Fortbestehen des Waldes nicht zum Schutze gegen Natur- ereignisse notwendig ist. Art. 40: In Schutzwaldungen ist der kahle Abtrieb verboten. 4) Oesterreichisches Forstgesetz von 1852, § 19: Die Bannlegung besteht in der genauen Vorschreibung und möglichsten Sicherstellung der erforderlichen besonderen Waldbehandlung. 5) Italienisches Gesetz vom 20. VI. 1877, Art. 4: Nei terreni accennati nell’ art. 1 (dem Forstbann unterliegend) è vietato ogni disboscamento ed ogni dissodamento. La coltura silvana ed il taglio dei boschi non sono sottoposti al alcuna preventiva au-

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/251>, abgerufen am 03.05.2024.