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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839.

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die nicht mit einem Atomen der festen Substanz zu einem
zusammengesetzten Atom verbunden sind, wie beim Kry-
stallwasser, sondern die auf irgend eine andere unbekannte
Weise zwischen den Atomen der festen Substanz sich be-
finden. Es lässt sich daher nicht vorhersehen, ob das, was
sich vom Krystall zuerst bildet, eine eckige Form haben
muss oder nicht.

Ein gewöhnlicher Krystall besteht aus einer Menge
von Schichten; er hat schon so klein, als er erkennbar
ist, die Form, die später der ganze Krystall zeigt, wenig-
stens, was die Winkel anbelangt; wir müssen also vermu-
then, dass die erste Schichte sich um ein sehr kleines
Körperchen bildet, welches dieselbe Form hat, wie der
spätere Krystall. Wir wollen diess das primitive Körper-
chen nennen. Bei den imbibitionsfähigen Krystallen ist es
also zweifelhaft, welche Form dieses Körperchen hat. Um
dieses bildet sich also auf die angegebene Weise die erste
Schichte; diese wächst durch Intussusceptio und bildet so
ein hohles rundes oder ovales Bläschen, an dessen innerer
Fläche das primitive Körperchen anliegt. Da alle neu ab-
zulagernden Moleküle sich in dieser Schichte absetzen kön-
nen, ohne dass das Gesetz, wonach die Moleküle bei der
Krystallisation verschmelzen, geändert zu werden braucht,
so muss man consequent schliessen, dass diese Schichte die
einzige bleibe und sich bedeutend ausdehne, so dass sie
alle Schichten eines gewöhnlichen Krystalls repräsentirt.
Es ist aber die Frage, ob nicht doch Gründe vorhanden
sein können, wesshalb sich mehrere Schichten bilden kön-
nen. Ein solcher Grund ist allerdings denkbar. Es hängt
von der Konzentration der Flüssigkeit ab, wieviel feste
Substanz in einer bestimmten Zeit heraus krystallisiren muss;
die Menge der Moleküle, die sich nach dem erwähnten
Gesetz in einer gewissen Zeit in der Schichte absetzen
können, hängt davon ab, wieviel von der Auflösung in
dieser Zeit durch Imbibition in die Membran eindringen
kann. Muss aber vermöge der Konzentration der Auflö-
sung in derselben Zeit mehr niedergeschlagen werden, so

die nicht mit einem Atomen der festen Substanz zu einem
zusammengesetzten Atom verbunden sind, wie beim Kry-
stallwasser, sondern die auf irgend eine andere unbekannte
Weise zwischen den Atomen der festen Substanz sich be-
finden. Es läſst sich daher nicht vorhersehen, ob das, was
sich vom Krystall zuerst bildet, eine eckige Form haben
muſs oder nicht.

Ein gewöhnlicher Krystall besteht aus einer Menge
von Schichten; er hat schon so klein, als er erkennbar
ist, die Form, die später der ganze Krystall zeigt, wenig-
stens, was die Winkel anbelangt; wir müssen also vermu-
then, daſs die erste Schichte sich um ein sehr kleines
Körperchen bildet, welches dieselbe Form hat, wie der
spätere Krystall. Wir wollen dieſs das primitive Körper-
chen nennen. Bei den imbibitionsfähigen Krystallen ist es
also zweifelhaft, welche Form dieses Körperchen hat. Um
dieses bildet sich also auf die angegebene Weise die erste
Schichte; diese wächst durch Intussusceptio und bildet so
ein hohles rundes oder ovales Bläschen, an dessen innerer
Fläche das primitive Körperchen anliegt. Da alle neu ab-
zulagernden Moleküle sich in dieser Schichte absetzen kön-
nen, ohne daſs das Gesetz, wonach die Moleküle bei der
Krystallisation verschmelzen, geändert zu werden braucht,
so muſs man consequent schlieſsen, daſs diese Schichte die
einzige bleibe und sich bedeutend ausdehne, so daſs sie
alle Schichten eines gewöhnlichen Krystalls repräsentirt.
Es ist aber die Frage, ob nicht doch Gründe vorhanden
sein können, weſshalb sich mehrere Schichten bilden kön-
nen. Ein solcher Grund ist allerdings denkbar. Es hängt
von der Konzentration der Flüssigkeit ab, wieviel feste
Substanz in einer bestimmten Zeit heraus krystallisiren muſs;
die Menge der Moleküle, die sich nach dem erwähnten
Gesetz in einer gewissen Zeit in der Schichte absetzen
können, hängt davon ab, wieviel von der Auflösung in
dieser Zeit durch Imbibition in die Membran eindringen
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sung in derselben Zeit mehr niedergeschlagen werden, so

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[247/0271] die nicht mit einem Atomen der festen Substanz zu einem zusammengesetzten Atom verbunden sind, wie beim Kry- stallwasser, sondern die auf irgend eine andere unbekannte Weise zwischen den Atomen der festen Substanz sich be- finden. Es läſst sich daher nicht vorhersehen, ob das, was sich vom Krystall zuerst bildet, eine eckige Form haben muſs oder nicht. Ein gewöhnlicher Krystall besteht aus einer Menge von Schichten; er hat schon so klein, als er erkennbar ist, die Form, die später der ganze Krystall zeigt, wenig- stens, was die Winkel anbelangt; wir müssen also vermu- then, daſs die erste Schichte sich um ein sehr kleines Körperchen bildet, welches dieselbe Form hat, wie der spätere Krystall. Wir wollen dieſs das primitive Körper- chen nennen. Bei den imbibitionsfähigen Krystallen ist es also zweifelhaft, welche Form dieses Körperchen hat. Um dieses bildet sich also auf die angegebene Weise die erste Schichte; diese wächst durch Intussusceptio und bildet so ein hohles rundes oder ovales Bläschen, an dessen innerer Fläche das primitive Körperchen anliegt. Da alle neu ab- zulagernden Moleküle sich in dieser Schichte absetzen kön- nen, ohne daſs das Gesetz, wonach die Moleküle bei der Krystallisation verschmelzen, geändert zu werden braucht, so muſs man consequent schlieſsen, daſs diese Schichte die einzige bleibe und sich bedeutend ausdehne, so daſs sie alle Schichten eines gewöhnlichen Krystalls repräsentirt. Es ist aber die Frage, ob nicht doch Gründe vorhanden sein können, weſshalb sich mehrere Schichten bilden kön- nen. Ein solcher Grund ist allerdings denkbar. Es hängt von der Konzentration der Flüssigkeit ab, wieviel feste Substanz in einer bestimmten Zeit heraus krystallisiren muſs; die Menge der Moleküle, die sich nach dem erwähnten Gesetz in einer gewissen Zeit in der Schichte absetzen können, hängt davon ab, wieviel von der Auflösung in dieser Zeit durch Imbibition in die Membran eindringen kann. Muſs aber vermöge der Konzentration der Auflö- sung in derselben Zeit mehr niedergeschlagen werden, so

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Zitationshilfe: Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/271>, abgerufen am 18.05.2024.