sind solide, aus lauter übereinander gelagerten Schichten zusammengesetzte Körper: die Zellen sind einfach, oder mehrfach ineinander geschachtelte hohle Bläschen. Betrach- tet man auch die Membranen dieser Bläschen als Schichten, so bleibt doch noch immer der Unterschied von Krystallen, dass diese Schichten einander nicht berühren, sondern Flüs- sigkeit zwischen sich enthalten, was bei den Krystallen nicht der Fall ist, dass dieser Schichten nur wenige, nur 1 bis 3 sind, und dass die Schichten der Zellen chemisch von einander verschieden sind, während die Schichten der Krystalle aus derselben chemischen Substanz bestehn. End- lich ist auch ein grosser Unterschied in der Art des Wachs- thums der Krystalle und Zellen. Die Krystalle wachsen durch Appositio, die neuen Moleküle setzen sich nur auf die Oberfläche der abgelagerten ab; die Zellen wachsen auch durch Intussusception, d. h. die neuen Moleküle setzen sich auch zwischen die schon abgelagerten ab.
Sind diese plastischen Erscheinungen der Zellen und Krystalle schon sehr verschieden, so sind es noch mehr die metabolischen, oder solche sind vielmehr den Zellen ganz eigenthümlich. Wenn ein Krystall wachsen soll, so muss er als solcher vorher in der Auflösung vorhanden sein, und es muss eine äussere Ursache hinzukommen, welche seine Auflöslichkeit vermindert. Die Zellen dage- gen sind im Stande, in der umgebenden Flüssigkeit eine chemischc Veränderung hervorzubringen, Stoffe zu erzeu- gen, die vorher als solche nicht da waren, sondern von denen nur die Elemente in einer andern Kombination da waren. Eine äussere Ursache zur Veränderung der Auf- löslichkeit ist daher bei den Zellen nicht nothwendig; denn wenn die Zelle chemische Veränderungen in der umgeben- den Flüssigkeit hervorbringen kann, so kann sie auch solche Stoffe hervorbringen, die schon unter den vorhandenen Umständen sich nicht aufgelöst erhalten können, und dess- halb fällt die Nothwendigkeit einer äussern Ursache des Wachsthums weg. Legt man einen Krystall in eine nicht konzentrirte Auflösung sogar desselben Stoffes, so erfolgt
sind solide, aus lauter übereinander gelagerten Schichten zusammengesetzte Körper: die Zellen sind einfach, oder mehrfach ineinander geschachtelte hohle Bläschen. Betrach- tet man auch die Membranen dieser Bläschen als Schichten, so bleibt doch noch immer der Unterschied von Krystallen, daſs diese Schichten einander nicht berühren, sondern Flüs- sigkeit zwischen sich enthalten, was bei den Krystallen nicht der Fall ist, daſs dieser Schichten nur wenige, nur 1 bis 3 sind, und daſs die Schichten der Zellen chemisch von einander verschieden sind, während die Schichten der Krystalle aus derselben chemischen Substanz bestehn. End- lich ist auch ein groſser Unterschied in der Art des Wachs- thums der Krystalle und Zellen. Die Krystalle wachsen durch Appositio, die neuen Moleküle setzen sich nur auf die Oberfläche der abgelagerten ab; die Zellen wachsen auch durch Intussusception, d. h. die neuen Moleküle setzen sich auch zwischen die schon abgelagerten ab.
Sind diese plastischen Erscheinungen der Zellen und Krystalle schon sehr verschieden, so sind es noch mehr die metabolischen, oder solche sind vielmehr den Zellen ganz eigenthümlich. Wenn ein Krystall wachsen soll, so muſs er als solcher vorher in der Auflösung vorhanden sein, und es muſs eine äuſsere Ursache hinzukommen, welche seine Auflöslichkeit vermindert. Die Zellen dage- gen sind im Stande, in der umgebenden Flüssigkeit eine chemischc Veränderung hervorzubringen, Stoffe zu erzeu- gen, die vorher als solche nicht da waren, sondern von denen nur die Elemente in einer andern Kombination da waren. Eine äuſsere Ursache zur Veränderung der Auf- löslichkeit ist daher bei den Zellen nicht nothwendig; denn wenn die Zelle chemische Veränderungen in der umgeben- den Flüssigkeit hervorbringen kann, so kann sie auch solche Stoffe hervorbringen, die schon unter den vorhandenen Umständen sich nicht aufgelöst erhalten können, und deſs- halb fällt die Nothwendigkeit einer äuſsern Ursache des Wachsthums weg. Legt man einen Krystall in eine nicht konzentrirte Auflösung sogar desselben Stoffes, so erfolgt
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sind solide, aus lauter übereinander gelagerten Schichten
zusammengesetzte Körper: die Zellen sind einfach, oder
mehrfach ineinander geschachtelte hohle Bläschen. Betrach-
tet man auch die Membranen dieser Bläschen als Schichten,
so bleibt doch noch immer der Unterschied von Krystallen,
daſs diese Schichten einander nicht berühren, sondern Flüs-
sigkeit zwischen sich enthalten, was bei den Krystallen
nicht der Fall ist, daſs dieser Schichten nur wenige, nur
1 bis 3 sind, und daſs die Schichten der Zellen chemisch
von einander verschieden sind, während die Schichten der
Krystalle aus derselben chemischen Substanz bestehn. End-
lich ist auch ein groſser Unterschied in der Art des Wachs-
thums der Krystalle und Zellen. Die Krystalle wachsen
durch Appositio, die neuen Moleküle setzen sich nur auf
die Oberfläche der abgelagerten ab; die Zellen wachsen
auch durch Intussusception, d. h. die neuen Moleküle setzen
sich auch zwischen die schon abgelagerten ab.
Sind diese plastischen Erscheinungen der Zellen und
Krystalle schon sehr verschieden, so sind es noch mehr
die metabolischen, oder solche sind vielmehr den Zellen
ganz eigenthümlich. Wenn ein Krystall wachsen soll, so
muſs er als solcher vorher in der Auflösung vorhanden
sein, und es muſs eine äuſsere Ursache hinzukommen,
welche seine Auflöslichkeit vermindert. Die Zellen dage-
gen sind im Stande, in der umgebenden Flüssigkeit eine
chemischc Veränderung hervorzubringen, Stoffe zu erzeu-
gen, die vorher als solche nicht da waren, sondern von
denen nur die Elemente in einer andern Kombination da
waren. Eine äuſsere Ursache zur Veränderung der Auf-
löslichkeit ist daher bei den Zellen nicht nothwendig; denn
wenn die Zelle chemische Veränderungen in der umgeben-
den Flüssigkeit hervorbringen kann, so kann sie auch solche
Stoffe hervorbringen, die schon unter den vorhandenen
Umständen sich nicht aufgelöst erhalten können, und deſs-
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/264>, abgerufen am 25.11.2024.
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