nachweisen kann. Jedenfalls ist es für den Zweck der Wissenschaft viel erspriesslicher, nach einer physikalischen Erklärung wenigstens zu streben. Ich wiederhole übrigens, dass, wenn hier von einer physikalischen Erklärung der organischen Erscheinungen die Rede ist, darunter nicht nothwendig eine Erklärung durch die bekannten physika- lischen Kräfte, z. B. durch den allgemeinen Lückenbüsser Elektricität u. dergl., zu verstehen ist, sondern überhaupt eine Erklärung durch Kräfte, die nach strengen Gesetzen der blinden Nothwendigkeit, wie die physikalischen Kräfte wirken, mögen diese Kräfte auch in der anorganischen Natur auftreten oder nicht.
Wir gehen also von der Voraussetzung aus: Einem Organismus liegt keine, nach einer bestimmten Idee wir- kende Kraft zu Grunde, sondern er entsteht nach blinden Gesetzen der Nothwendigkeit durch Kräfte, die ebenso durch die Existenz der Materie gesetzt sind, wie die Kräfte in der anorganischen Natur. Da die Elementarstoffe in der organischen Natur von denen der anorganischen nicht verschieden sind, so kann der Grund der organischen Er- scheinungen nur in einer andern Kombination der Stoffe liegen, sei es in einer eigenthümlichen Verbindungsweise der Elementaratome zu Atomen zweiter Ordnung, sei es in der Zusammenfügung dieser zusammengesetzten Moleküle zu den einzelnen morphologischen Elementartheilen der Organismen oder zu einem ganzen Organismus. Wir ha- ben uns hier zunächst nur mit dieser letztern Frage zu beschäftigen, ob nämlich der Grund der organischen Er- scheinungen in dem ganzen Organismus, oder in seinen einzelnen Elementartheilen liegt. Wenn diese Frage sich beantworten lässt, bleibt immer noch die weitere Untersu- chung übrig, ob der Organismus oder seine Elementartheile diese Kraft besitzen durch die eigenthümliche Zusammen- fügungsweise der zusammengesetzten Moleküle oder durch die eigenthümliche Art, wie die Elementaratome zu den zusammengesetzten Molekülen verbunden sind.
Man kann sich also folgende zwei Vorstellungen von
nachweisen kann. Jedenfalls ist es für den Zweck der Wissenschaft viel ersprieſslicher, nach einer physikalischen Erklärung wenigstens zu streben. Ich wiederhole übrigens, daſs, wenn hier von einer physikalischen Erklärung der organischen Erscheinungen die Rede ist, darunter nicht nothwendig eine Erklärung durch die bekannten physika- lischen Kräfte, z. B. durch den allgemeinen Lückenbüſser Elektricität u. dergl., zu verstehen ist, sondern überhaupt eine Erklärung durch Kräfte, die nach strengen Gesetzen der blinden Nothwendigkeit, wie die physikalischen Kräfte wirken, mögen diese Kräfte auch in der anorganischen Natur auftreten oder nicht.
Wir gehen also von der Voraussetzung aus: Einem Organismus liegt keine, nach einer bestimmten Idee wir- kende Kraft zu Grunde, sondern er entsteht nach blinden Gesetzen der Nothwendigkeit durch Kräfte, die ebenso durch die Existenz der Materie gesetzt sind, wie die Kräfte in der anorganischen Natur. Da die Elementarstoffe in der organischen Natur von denen der anorganischen nicht verschieden sind, so kann der Grund der organischen Er- scheinungen nur in einer andern Kombination der Stoffe liegen, sei es in einer eigenthümlichen Verbindungsweise der Elementaratome zu Atomen zweiter Ordnung, sei es in der Zusammenfügung dieser zusammengesetzten Moleküle zu den einzelnen morphologischen Elementartheilen der Organismen oder zu einem ganzen Organismus. Wir ha- ben uns hier zunächst nur mit dieser letztern Frage zu beschäftigen, ob nämlich der Grund der organischen Er- scheinungen in dem ganzen Organismus, oder in seinen einzelnen Elementartheilen liegt. Wenn diese Frage sich beantworten läſst, bleibt immer noch die weitere Untersu- chung übrig, ob der Organismus oder seine Elementartheile diese Kraft besitzen durch die eigenthümliche Zusammen- fügungsweise der zusammengesetzten Moleküle oder durch die eigenthümliche Art, wie die Elementaratome zu den zusammengesetzten Molekülen verbunden sind.
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nachweisen kann. Jedenfalls ist es für den Zweck der
Wissenschaft viel ersprieſslicher, nach einer physikalischen
Erklärung wenigstens zu streben. Ich wiederhole übrigens,
daſs, wenn hier von einer physikalischen Erklärung der
organischen Erscheinungen die Rede ist, darunter nicht
nothwendig eine Erklärung durch die bekannten physika-
lischen Kräfte, z. B. durch den allgemeinen Lückenbüſser
Elektricität u. dergl., zu verstehen ist, sondern überhaupt
eine Erklärung durch Kräfte, die nach strengen Gesetzen
der blinden Nothwendigkeit, wie die physikalischen Kräfte
wirken, mögen diese Kräfte auch in der anorganischen
Natur auftreten oder nicht.
Wir gehen also von der Voraussetzung aus: Einem
Organismus liegt keine, nach einer bestimmten Idee wir-
kende Kraft zu Grunde, sondern er entsteht nach blinden
Gesetzen der Nothwendigkeit durch Kräfte, die ebenso
durch die Existenz der Materie gesetzt sind, wie die Kräfte
in der anorganischen Natur. Da die Elementarstoffe in
der organischen Natur von denen der anorganischen nicht
verschieden sind, so kann der Grund der organischen Er-
scheinungen nur in einer andern Kombination der Stoffe
liegen, sei es in einer eigenthümlichen Verbindungsweise
der Elementaratome zu Atomen zweiter Ordnung, sei es
in der Zusammenfügung dieser zusammengesetzten Moleküle
zu den einzelnen morphologischen Elementartheilen der
Organismen oder zu einem ganzen Organismus. Wir ha-
ben uns hier zunächst nur mit dieser letztern Frage zu
beschäftigen, ob nämlich der Grund der organischen Er-
scheinungen in dem ganzen Organismus, oder in seinen
einzelnen Elementartheilen liegt. Wenn diese Frage sich
beantworten läſst, bleibt immer noch die weitere Untersu-
chung übrig, ob der Organismus oder seine Elementartheile
diese Kraft besitzen durch die eigenthümliche Zusammen-
fügungsweise der zusammengesetzten Moleküle oder durch
die eigenthümliche Art, wie die Elementaratome zu den
zusammengesetzten Molekülen verbunden sind.
Man kann sich also folgende zwei Vorstellungen von
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/250>, abgerufen am 24.11.2024.
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