dem Lumen der Aorta sieht (s. Eulenburg de tela elas- tica Fig. 9). So dicke Fasern, wie in den äusseren Schichten der Aorta des Erwachsenen, zeigen sich nicht. Stellenweise erkennt man in einem solchen Netzwerk ei- nen verkrüppelten Zellenkern. In welchem Verhältnisse stehen nun jene Zellen zu diesen zwar noch zarten, aber seinem Charakter nach ausgebildeten elastischen Gewebe? Der Analogie nach kann man wohl vermuthen, dass jene Zellen das Primitive sind; auch glaubte ich zuweilen, je- doch selten, einen unmittelbaren Uebergang zu beobach- ten, indem die mit einem Kern versehene, an der einen Seite vollständige Zelle an der anderen Seite, wenigstens so viel erkennbar, kontinuirlich in ein kleines Stückchen eines dem unzweifelhaften elastischen Gewebe ähnlichen, netzartigen Gewebes überging. Doch war es zu selten, als dass ich behaupten möchte, dass der Uebergang jener Zellen in das elastische Gewebe durch die Beobachtung nachgewiesen wäre. Ist dies aber der wirkliche Hergang, wie man wohl der Analogie nach vermuthen darf, so ha- ben hier die Zellenkörper an der Bildung der Fasern weit mehr Antheil als beim Zellgewebe, und die Bildung der elastischen Fasern der Aorta hält die Mittelstufe zwischen der Entstehung der Hornfaser in der Rinde der Federn (siehe oben p. 98 und Tab. II. Fig. 13) und dem Zell- und Sehnengewebe. Denkt man sich die Entstehung des ela- stischen Gewebes theils durch Verlängerung von Zellen, theils durch Zerfallen der Zellenkörper nach Art der Bil- dung jener Hornfasern, so hat das Netzartige des elasti- schen Gewebes gar nichts Auffallendes. Auch die Thei- lungen der elastischen Fasern stehen nicht mehr als eine isolirte Erscheinung da, indem solche Theilungen als vor- übergehende Entwicklungsstufen beim ganzen Zell- und Sehnengewebe des Fötus unzweifelhaft vorkommen. Das elastische Gewebe scheint in dieser Hinsicht auf einer tie- fern Entwicklungsstufe stehen zu bleiben. Purkinje und Räuschel beobachteten auf dem Querdurchschnitt elasti- scher Fasern der Aorta einen schwärzlichen Punkt in der
dem Lumen der Aorta sieht (s. Eulenburg de tela elas- tica Fig. 9). So dicke Fasern, wie in den äuſseren Schichten der Aorta des Erwachsenen, zeigen sich nicht. Stellenweise erkennt man in einem solchen Netzwerk ei- nen verkrüppelten Zellenkern. In welchem Verhältnisse stehen nun jene Zellen zu diesen zwar noch zarten, aber seinem Charakter nach ausgebildeten elastischen Gewebe? Der Analogie nach kann man wohl vermuthen, daſs jene Zellen das Primitive sind; auch glaubte ich zuweilen, je- doch selten, einen unmittelbaren Uebergang zu beobach- ten, indem die mit einem Kern versehene, an der einen Seite vollständige Zelle an der anderen Seite, wenigstens so viel erkennbar, kontinuirlich in ein kleines Stückchen eines dem unzweifelhaften elastischen Gewebe ähnlichen, netzartigen Gewebes überging. Doch war es zu selten, als daſs ich behaupten möchte, daſs der Uebergang jener Zellen in das elastische Gewebe durch die Beobachtung nachgewiesen wäre. Ist dies aber der wirkliche Hergang, wie man wohl der Analogie nach vermuthen darf, so ha- ben hier die Zellenkörper an der Bildung der Fasern weit mehr Antheil als beim Zellgewebe, und die Bildung der elastischen Fasern der Aorta hält die Mittelstufe zwischen der Entstehung der Hornfaser in der Rinde der Federn (siehe oben p. 98 und Tab. II. Fig. 13) und dem Zell- und Sehnengewebe. Denkt man sich die Entstehung des ela- stischen Gewebes theils durch Verlängerung von Zellen, theils durch Zerfallen der Zellenkörper nach Art der Bil- dung jener Hornfasern, so hat das Netzartige des elasti- schen Gewebes gar nichts Auffallendes. Auch die Thei- lungen der elastischen Fasern stehen nicht mehr als eine isolirte Erscheinung da, indem solche Theilungen als vor- übergehende Entwicklungsstufen beim ganzen Zell- und Sehnengewebe des Fötus unzweifelhaft vorkommen. Das elastische Gewebe scheint in dieser Hinsicht auf einer tie- fern Entwicklungsstufe stehen zu bleiben. Purkinje und Räuschel beobachteten auf dem Querdurchschnitt elasti- scher Fasern der Aorta einen schwärzlichen Punkt in der
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dem Lumen der Aorta sieht (s. Eulenburg de tela elas-
tica Fig. 9). So dicke Fasern, wie in den äuſseren
Schichten der Aorta des Erwachsenen, zeigen sich nicht.
Stellenweise erkennt man in einem solchen Netzwerk ei-
nen verkrüppelten Zellenkern. In welchem Verhältnisse
stehen nun jene Zellen zu diesen zwar noch zarten, aber
seinem Charakter nach ausgebildeten elastischen Gewebe?
Der Analogie nach kann man wohl vermuthen, daſs jene
Zellen das Primitive sind; auch glaubte ich zuweilen, je-
doch selten, einen unmittelbaren Uebergang zu beobach-
ten, indem die mit einem Kern versehene, an der einen
Seite vollständige Zelle an der anderen Seite, wenigstens
so viel erkennbar, kontinuirlich in ein kleines Stückchen
eines dem unzweifelhaften elastischen Gewebe ähnlichen,
netzartigen Gewebes überging. Doch war es zu selten,
als daſs ich behaupten möchte, daſs der Uebergang jener
Zellen in das elastische Gewebe durch die Beobachtung
nachgewiesen wäre. Ist dies aber der wirkliche Hergang,
wie man wohl der Analogie nach vermuthen darf, so ha-
ben hier die Zellenkörper an der Bildung der Fasern weit
mehr Antheil als beim Zellgewebe, und die Bildung der
elastischen Fasern der Aorta hält die Mittelstufe zwischen
der Entstehung der Hornfaser in der Rinde der Federn
(siehe oben p. 98 und Tab. II. Fig. 13) und dem Zell- und
Sehnengewebe. Denkt man sich die Entstehung des ela-
stischen Gewebes theils durch Verlängerung von Zellen,
theils durch Zerfallen der Zellenkörper nach Art der Bil-
dung jener Hornfasern, so hat das Netzartige des elasti-
schen Gewebes gar nichts Auffallendes. Auch die Thei-
lungen der elastischen Fasern stehen nicht mehr als eine
isolirte Erscheinung da, indem solche Theilungen als vor-
übergehende Entwicklungsstufen beim ganzen Zell- und
Sehnengewebe des Fötus unzweifelhaft vorkommen. Das
elastische Gewebe scheint in dieser Hinsicht auf einer tie-
fern Entwicklungsstufe stehen zu bleiben. Purkinje und
Räuschel beobachteten auf dem Querdurchschnitt elasti-
scher Fasern der Aorta einen schwärzlichen Punkt in der
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/174>, abgerufen am 24.11.2024.
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