im allmähligen Uebergange zu Zellgewebefasern, wie in dem unreifen Zellgewebe des Embryo. Erste Rudimente der Zellgewebefasern sind die länglichen gekernten Kör- perchen, die Güterbock gesehen und mit den Epithe- liumcylinderchen verglichen hat. Hieraus ergiebt sich, dass die Bildung neuer Zellen an der Oberfläche der Gra- nulationen vor sich geht und die Verwandlung der Gra- nulationen in Zellgewebe (Narbensubstanz) von der Tiefe der Wunde aus successive gegen die Oberfläche fortschrei- tet." Güterbock glaubte die zellgewebeartigen Fasern in den Granulationen und den Exsudaten nicht für wirk- liche Zellgewebefasern, sondern nur für Faserstofffasern halten zu dürfen, weil die Granulationen beim Kochen keinen Leim geben. Allein wie wir oben gesehen haben, giebt das ganze Fötalzellgewebe ebenfalls keinen gelatiniren- den Leim, und da Henle an diesen Fasern denselben Ent- wicklungsgang wieder fand, wie ich ihn von dem Fötal- zellgewebe nachgewiesen hatte, so müssen wir sie für die jungen, aber noch chemisch von dem vollkommenen Zell- gewebe verschiedenen Fasern, und die Granulationen für nichts als eine primitive Zellgewebebildung halten.
Aber nicht nur bei der Eiterung und der Bildung von Granulationen, sondern auch in den bei der Entzündung entstehenden Exsudaten zeigt sich eine Zellgewebebildung wie beim Fötus. R. Froriep (klin. Kupfertafeln, 11te Lief., Weimar 1837 Th. LXI.) beobachtete schon früher, dass in dem Exsudat bei Pericarditis, ausser zellgewebearti- gen Fasern, unregelmässige Körner sich fanden, welche zum Theil nach einer oder nach beiden Seiten hin in dünne Fasern ausgezogen zu sein schienen. "Diese verlängerten Faserstoffkörnchen, setzt er hinzu, scheinen die An- fänge der Bildung der neuen Gewebsmasse, oder also die Anfänge der sich neu bildenden cylindrischen Zellgewebe- fasern der wahren Pseudomembranen oder der Narbensub- stanz zu sein." Froriep hatte hier also schon die Ent- stehung zellgewebeartiger Fasern durch Verlängerung von Körperchen beobachtet; was er hier Faserstoffkügelchen
im allmähligen Uebergange zu Zellgewebefasern, wie in dem unreifen Zellgewebe des Embryo. Erste Rudimente der Zellgewebefasern sind die länglichen gekernten Kör- perchen, die Güterbock gesehen und mit den Epithe- liumcylinderchen verglichen hat. Hieraus ergiebt sich, daſs die Bildung neuer Zellen an der Oberfläche der Gra- nulationen vor sich geht und die Verwandlung der Gra- nulationen in Zellgewebe (Narbensubstanz) von der Tiefe der Wunde aus successive gegen die Oberfläche fortschrei- tet.“ Güterbock glaubte die zellgewebeartigen Fasern in den Granulationen und den Exsudaten nicht für wirk- liche Zellgewebefasern, sondern nur für Faserstofffasern halten zu dürfen, weil die Granulationen beim Kochen keinen Leim geben. Allein wie wir oben gesehen haben, giebt das ganze Fötalzellgewebe ebenfalls keinen gelatiniren- den Leim, und da Henle an diesen Fasern denselben Ent- wicklungsgang wieder fand, wie ich ihn von dem Fötal- zellgewebe nachgewiesen hatte, so müssen wir sie für die jungen, aber noch chemisch von dem vollkommenen Zell- gewebe verschiedenen Fasern, und die Granulationen für nichts als eine primitive Zellgewebebildung halten.
Aber nicht nur bei der Eiterung und der Bildung von Granulationen, sondern auch in den bei der Entzündung entstehenden Exsudaten zeigt sich eine Zellgewebebildung wie beim Fötus. R. Froriep (klin. Kupfertafeln, 11te Lief., Weimar 1837 Th. LXI.) beobachtete schon früher, daſs in dem Exsudat bei Pericarditis, auſser zellgewebearti- gen Fasern, unregelmäſsige Körner sich fanden, welche zum Theil nach einer oder nach beiden Seiten hin in dünne Fasern ausgezogen zu sein schienen. „Diese verlängerten Faserstoffkörnchen, setzt er hinzu, scheinen die An- fänge der Bildung der neuen Gewebsmasse, oder also die Anfänge der sich neu bildenden cylindrischen Zellgewebe- fasern der wahren Pseudomembranen oder der Narbensub- stanz zu sein.“ Froriep hatte hier also schon die Ent- stehung zellgewebeartiger Fasern durch Verlängerung von Körperchen beobachtet; was er hier Faserstoffkügelchen
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im allmähligen Uebergange zu Zellgewebefasern, wie in
dem unreifen Zellgewebe des Embryo. Erste Rudimente
der Zellgewebefasern sind die länglichen gekernten Kör-
perchen, die Güterbock gesehen und mit den Epithe-
liumcylinderchen verglichen hat. Hieraus ergiebt sich,
daſs die Bildung neuer Zellen an der Oberfläche der Gra-
nulationen vor sich geht und die Verwandlung der Gra-
nulationen in Zellgewebe (Narbensubstanz) von der Tiefe
der Wunde aus successive gegen die Oberfläche fortschrei-
tet.“ Güterbock glaubte die zellgewebeartigen Fasern
in den Granulationen und den Exsudaten nicht für wirk-
liche Zellgewebefasern, sondern nur für Faserstofffasern
halten zu dürfen, weil die Granulationen beim Kochen
keinen Leim geben. Allein wie wir oben gesehen haben,
giebt das ganze Fötalzellgewebe ebenfalls keinen gelatiniren-
den Leim, und da Henle an diesen Fasern denselben Ent-
wicklungsgang wieder fand, wie ich ihn von dem Fötal-
zellgewebe nachgewiesen hatte, so müssen wir sie für die
jungen, aber noch chemisch von dem vollkommenen Zell-
gewebe verschiedenen Fasern, und die Granulationen für
nichts als eine primitive Zellgewebebildung halten.
Aber nicht nur bei der Eiterung und der Bildung von
Granulationen, sondern auch in den bei der Entzündung
entstehenden Exsudaten zeigt sich eine Zellgewebebildung
wie beim Fötus. R. Froriep (klin. Kupfertafeln, 11te
Lief., Weimar 1837 Th. LXI.) beobachtete schon früher,
daſs in dem Exsudat bei Pericarditis, auſser zellgewebearti-
gen Fasern, unregelmäſsige Körner sich fanden, welche
zum Theil nach einer oder nach beiden Seiten hin in dünne
Fasern ausgezogen zu sein schienen. „Diese verlängerten
Faserstoffkörnchen, setzt er hinzu, scheinen die An-
fänge der Bildung der neuen Gewebsmasse, oder also die
Anfänge der sich neu bildenden cylindrischen Zellgewebe-
fasern der wahren Pseudomembranen oder der Narbensub-
stanz zu sein.“ Froriep hatte hier also schon die Ent-
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Körperchen beobachtet; was er hier Faserstoffkügelchen
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/170>, abgerufen am 30.01.2025.
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