auch in den Untersuchungen, die Dr. Henle darüber in Bezug auf die neuen Productionen bei der Entzündung, nämlich Exsudation, Eiterung und Granulation anstellte. Er hat die Resultate bereits in Hufeland's Journal Bd. LXXXVI. Nr. 5 mitgetheilt.
Vogel hatte die Eiterkörperchen wegen ihrer Aehn- lichkeit mit Epitheliumzellen für Epithelium erklärt, und dies hatte viel Wahrscheinliches, so lange es schien, dass jeder Verschiedenheit der physiologischen Bedeutung eines Elementargebildes eine erkennbare Verschiedenheit der Bildung zu Grunde liege. Dieser Schluss verlor aber seine Kraft, als ich die Zellenbildung als gemeinsames Entwick- lungsprincip physiologisch ganz verschiedener Elementarge- bilde aufstellte und zeigte, dass die verschiedensten Gewebe aus Anfangs ganz ähnlichen, ihrem Ansehen nach indiffe- renten und der Bedeutung ihrer einzelnen Theile nach glei- chen Zellen sich entwickeln. Henle wies aber auch einen po- sitiven Unterschied zwischen den Epitheliumzellen und Ei- terkörperchen nach, indem er fand, dass die Kerne der jüngsten Epitheliumzellen durch Essigsäure nicht zerfallen, wie die Kerne der Eiterkörperchen. Die Eiterkörperchen mussten also als eigenthümliche Zellen betrachtet werden, die sich in dem Eiterserum auf dieselbe Weise entwickeln, wie alle anderen Zellen in ihrem Cytoblastem entstehen. Das Cytoblastem ist hier nur flüssig. Unter dem Eiter liegen nun bei heilenden Wunden die Granulationen, welche aus einem festen Cytoblastem bestehen, in dem eine Menge von Zellen liegen. Henle beschreibt ihre mikroskopische Beschaffenheit auf folgende Weise: "In der obersten Schichte kommen Zellen vor, die den Eiterkörn- chen gleichen, deren Kerne aber nicht durch Essigsäure zerfallen. In einer etwas tiefern Lage ist der Kern sehr deutlich, ihre Schaale durch gegenseitigen Druck polygo- nal. Wood hat bereits auf ihre Aehnlichkeit mit den Epi- pitheliumzellen aufmerksam gemacht. Weiter in der Tiefe finden sich die Schalen der Zellen eben so verändert und
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auch in den Untersuchungen, die Dr. Henle darüber in Bezug auf die neuen Productionen bei der Entzündung, nämlich Exsudation, Eiterung und Granulation anstellte. Er hat die Resultate bereits in Hufeland’s Journal Bd. LXXXVI. Nr. 5 mitgetheilt.
Vogel hatte die Eiterkörperchen wegen ihrer Aehn- lichkeit mit Epitheliumzellen für Epithelium erklärt, und dies hatte viel Wahrscheinliches, so lange es schien, daſs jeder Verschiedenheit der physiologischen Bedeutung eines Elementargebildes eine erkennbare Verschiedenheit der Bildung zu Grunde liege. Dieser Schluſs verlor aber seine Kraft, als ich die Zellenbildung als gemeinsames Entwick- lungsprincip physiologisch ganz verschiedener Elementarge- bilde aufstellte und zeigte, daſs die verschiedensten Gewebe aus Anfangs ganz ähnlichen, ihrem Ansehen nach indiffe- renten und der Bedeutung ihrer einzelnen Theile nach glei- chen Zellen sich entwickeln. Henle wies aber auch einen po- sitiven Unterschied zwischen den Epitheliumzellen und Ei- terkörperchen nach, indem er fand, daſs die Kerne der jüngsten Epitheliumzellen durch Essigsäure nicht zerfallen, wie die Kerne der Eiterkörperchen. Die Eiterkörperchen muſsten also als eigenthümliche Zellen betrachtet werden, die sich in dem Eiterserum auf dieselbe Weise entwickeln, wie alle anderen Zellen in ihrem Cytoblastem entstehen. Das Cytoblastem ist hier nur flüssig. Unter dem Eiter liegen nun bei heilenden Wunden die Granulationen, welche aus einem festen Cytoblastem bestehen, in dem eine Menge von Zellen liegen. Henle beschreibt ihre mikroskopische Beschaffenheit auf folgende Weise: „In der obersten Schichte kommen Zellen vor, die den Eiterkörn- chen gleichen, deren Kerne aber nicht durch Essigsäure zerfallen. In einer etwas tiefern Lage ist der Kern sehr deutlich, ihre Schaale durch gegenseitigen Druck polygo- nal. Wood hat bereits auf ihre Aehnlichkeit mit den Epi- pitheliumzellen aufmerksam gemacht. Weiter in der Tiefe finden sich die Schalen der Zellen eben so verändert und
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auch in den Untersuchungen, die Dr. Henle darüber in
Bezug auf die neuen Productionen bei der Entzündung,
nämlich Exsudation, Eiterung und Granulation anstellte.
Er hat die Resultate bereits in Hufeland’s Journal Bd.
LXXXVI. Nr. 5 mitgetheilt.
Vogel hatte die Eiterkörperchen wegen ihrer Aehn-
lichkeit mit Epitheliumzellen für Epithelium erklärt, und
dies hatte viel Wahrscheinliches, so lange es schien, daſs
jeder Verschiedenheit der physiologischen Bedeutung eines
Elementargebildes eine erkennbare Verschiedenheit der
Bildung zu Grunde liege. Dieser Schluſs verlor aber seine
Kraft, als ich die Zellenbildung als gemeinsames Entwick-
lungsprincip physiologisch ganz verschiedener Elementarge-
bilde aufstellte und zeigte, daſs die verschiedensten Gewebe
aus Anfangs ganz ähnlichen, ihrem Ansehen nach indiffe-
renten und der Bedeutung ihrer einzelnen Theile nach glei-
chen Zellen sich entwickeln. Henle wies aber auch einen po-
sitiven Unterschied zwischen den Epitheliumzellen und Ei-
terkörperchen nach, indem er fand, daſs die Kerne der
jüngsten Epitheliumzellen durch Essigsäure nicht zerfallen,
wie die Kerne der Eiterkörperchen. Die Eiterkörperchen
muſsten also als eigenthümliche Zellen betrachtet werden,
die sich in dem Eiterserum auf dieselbe Weise entwickeln,
wie alle anderen Zellen in ihrem Cytoblastem entstehen.
Das Cytoblastem ist hier nur flüssig. Unter dem Eiter
liegen nun bei heilenden Wunden die Granulationen,
welche aus einem festen Cytoblastem bestehen, in dem
eine Menge von Zellen liegen. Henle beschreibt ihre
mikroskopische Beschaffenheit auf folgende Weise: „In der
obersten Schichte kommen Zellen vor, die den Eiterkörn-
chen gleichen, deren Kerne aber nicht durch Essigsäure
zerfallen. In einer etwas tiefern Lage ist der Kern sehr
deutlich, ihre Schaale durch gegenseitigen Druck polygo-
nal. Wood hat bereits auf ihre Aehnlichkeit mit den Epi-
pitheliumzellen aufmerksam gemacht. Weiter in der Tiefe
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/169>, abgerufen am 05.05.2024.
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