sich mit rollenden Augen in spielendem Stoß. Auch Aeneas, mit der Botschaft des Rutulerfürsten zufrieden, wappnete sich mit seiner göttlichen Rüstung. Kaum be¬ strahlte der Tag die höchsten Gipfel der Berge mit frühem Sonnenlichte, als schon Rutuler und Trojaner vor den Mauern der mächtigen Latinerstadt das Feld für den Zweikampf ihrer Feldherrn abmaßen und in der Mitte den gemeinsamen Göttern Rasenaltäre aufbauten. Wasser und Feuer zum Opfer, Kränze für die Priester, Thiere und Altäre wurden herbeigebracht. Dann ergoß sich das gesammte Volk der Italer aus den Tho¬ ren der Stadt; von der andern Seite eilte das verbün¬ dete Heer der Trojaner und Etrusker herbei. Auf ein gegebenes Zeichen zog sich jeder auf seinen Platz zurück und ein geräumiges Feld blieb zum Kampfe offen. Die Krieger stießen ihre Spieße in die Erde und lehnten die Schilde an. Aus der Stadt strömte jetzt auch noch unbewaffneter Pöbel heraus, selbst schwache Mütter und gebückte Greise. Innerhalb der Stadt besetzten sich Thürme und Dächer mit Zuschauern und auf den höch¬ sten Thoren saßen der Schaulustigen genug.
Jetzt nahten die Könige: Latinus kam auf einem vierspännigen Prunkwagen einhergefahren; von seiner Stirne blitzte ein Diadem mit zwölf goldenen Strahlen, zum Zeichen, daß er vom Sonnengotte abstamme. Tur¬ nus erschien mit einem Zwiegespann von weißen Rossen, zwei Wurfspieße in der Hand schüttelnd. Auf der an¬ dern Seite eilte aus dem trojanischen Lager Aeneas her¬ vor, und seine Rüstung samt Schild strahlte wie Ster¬ nenschimmer; an seiner Seite ging Askanius, sein kräftig
ſich mit rollenden Augen in ſpielendem Stoß. Auch Aeneas, mit der Botſchaft des Rutulerfürſten zufrieden, wappnete ſich mit ſeiner göttlichen Rüſtung. Kaum be¬ ſtrahlte der Tag die höchſten Gipfel der Berge mit frühem Sonnenlichte, als ſchon Rutuler und Trojaner vor den Mauern der mächtigen Latinerſtadt das Feld für den Zweikampf ihrer Feldherrn abmaßen und in der Mitte den gemeinſamen Göttern Raſenaltäre aufbauten. Waſſer und Feuer zum Opfer, Kränze für die Prieſter, Thiere und Altäre wurden herbeigebracht. Dann ergoß ſich das geſammte Volk der Italer aus den Tho¬ ren der Stadt; von der andern Seite eilte das verbün¬ dete Heer der Trojaner und Etrusker herbei. Auf ein gegebenes Zeichen zog ſich jeder auf ſeinen Platz zurück und ein geräumiges Feld blieb zum Kampfe offen. Die Krieger ſtießen ihre Spieße in die Erde und lehnten die Schilde an. Aus der Stadt ſtrömte jetzt auch noch unbewaffneter Pöbel heraus, ſelbſt ſchwache Mütter und gebückte Greiſe. Innerhalb der Stadt beſetzten ſich Thürme und Dächer mit Zuſchauern und auf den höch¬ ſten Thoren ſaßen der Schauluſtigen genug.
Jetzt nahten die Könige: Latinus kam auf einem vierſpännigen Prunkwagen einhergefahren; von ſeiner Stirne blitzte ein Diadem mit zwölf goldenen Strahlen, zum Zeichen, daß er vom Sonnengotte abſtamme. Tur¬ nus erſchien mit einem Zwiegeſpann von weißen Roſſen, zwei Wurfſpieße in der Hand ſchüttelnd. Auf der an¬ dern Seite eilte aus dem trojaniſchen Lager Aeneas her¬ vor, und ſeine Rüſtung ſamt Schild ſtrahlte wie Ster¬ nenſchimmer; an ſeiner Seite ging Askanius, ſein kräftig
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ſich mit rollenden Augen in ſpielendem Stoß. Auch
Aeneas, mit der Botſchaft des Rutulerfürſten zufrieden,
wappnete ſich mit ſeiner göttlichen Rüſtung. Kaum be¬
ſtrahlte der Tag die höchſten Gipfel der Berge mit
frühem Sonnenlichte, als ſchon Rutuler und Trojaner
vor den Mauern der mächtigen Latinerſtadt das Feld
für den Zweikampf ihrer Feldherrn abmaßen und in der
Mitte den gemeinſamen Göttern Raſenaltäre aufbauten.
Waſſer und Feuer zum Opfer, Kränze für die Prieſter,
Thiere und Altäre wurden herbeigebracht. Dann
ergoß ſich das geſammte Volk der Italer aus den Tho¬
ren der Stadt; von der andern Seite eilte das verbün¬
dete Heer der Trojaner und Etrusker herbei. Auf ein
gegebenes Zeichen zog ſich jeder auf ſeinen Platz zurück
und ein geräumiges Feld blieb zum Kampfe offen. Die
Krieger ſtießen ihre Spieße in die Erde und lehnten die
Schilde an. Aus der Stadt ſtrömte jetzt auch noch
unbewaffneter Pöbel heraus, ſelbſt ſchwache Mütter und
gebückte Greiſe. Innerhalb der Stadt beſetzten ſich
Thürme und Dächer mit Zuſchauern und auf den höch¬
ſten Thoren ſaßen der Schauluſtigen genug.
Jetzt nahten die Könige: Latinus kam auf einem
vierſpännigen Prunkwagen einhergefahren; von ſeiner
Stirne blitzte ein Diadem mit zwölf goldenen Strahlen,
zum Zeichen, daß er vom Sonnengotte abſtamme. Tur¬
nus erſchien mit einem Zwiegeſpann von weißen Roſſen,
zwei Wurfſpieße in der Hand ſchüttelnd. Auf der an¬
dern Seite eilte aus dem trojaniſchen Lager Aeneas her¬
vor, und ſeine Rüſtung ſamt Schild ſtrahlte wie Ster¬
nenſchimmer; an ſeiner Seite ging Askanius, ſein kräftig
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/445>, abgerufen am 22.11.2024.
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