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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840.

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Aber auch auf der Gegenseite erhob sich ein gewal¬
tiger Held, der Etruskerkönig Tarcho. Dieser trieb
bald zu Rosse weichende Schaaren vor sich her, belobte
die Seinigen mit ermunterndem Zurufe, nannte jeden
mit Namen, frischte die Zurückgedrängten zu neuem
Kampfe auf, und trieb unbekümmert um den Tod sein
Roß mitten in die Schlacht hinein. Hier stieß er auf
den Venulus, dem er sich stürmisch entgegenwarf, ihn
vom Pferde riß und mit der rechten Hand umschlingend
auf seinem eigenen Rosse im Flug davon trug.

Mit Blicken und Geschrei folgten die staunenden
Latiner dem Eilenden, der im Laufe seinem Feind mit
dem abgebrochenen Schafte seiner eigenen Lanze zwischen
die Fugen der Rüstung eine Todeswunde zn versetzen
strebte. Venulus aber erwehrte sich des Streichs und
hielt die Hand vor die Kehle. So war das Paar an¬
zuschauen wie ein Adler, der eine geraubte Schlange
durch die Luft entführt; das blutende Thier ringelt sich,
bäumt sich immer höher und zischt mit dem Munde; der
Vogel aber läßt es nicht aus dem krummen Schnabel
fahren und peitscht die Lüfte mit seinen Flügeln. Dem
Glück und Beispiel ihres Führers folgten die Etrusker,
und stürmten wieder muthiger voran.

Auch Kamilla fand einen kühnen Gegner in den
Reihen der Etrusker. Der Held Arruns schwärmte
mit seinem Speer um die rasche Amazone her, und wich
ihr nicht von der Seite, nach welcher Stelle des Treffens
die Wuth sie auch führen mochte. Nun verfolgte Kamil¬
la gerade den phrygischen Cypele'spriester Chloreus, dessen
schuppiger Erzpanzer mit goldenem Geflechte wie ein ge¬
fiedertes Gewand sich um seinen Leib legte, und den ein

Schwab, das klass. Alterthum. III. 27

Aber auch auf der Gegenſeite erhob ſich ein gewal¬
tiger Held, der Etruskerkönig Tarcho. Dieſer trieb
bald zu Roſſe weichende Schaaren vor ſich her, belobte
die Seinigen mit ermunterndem Zurufe, nannte jeden
mit Namen, friſchte die Zurückgedrängten zu neuem
Kampfe auf, und trieb unbekümmert um den Tod ſein
Roß mitten in die Schlacht hinein. Hier ſtieß er auf
den Venulus, dem er ſich ſtürmiſch entgegenwarf, ihn
vom Pferde riß und mit der rechten Hand umſchlingend
auf ſeinem eigenen Roſſe im Flug davon trug.

Mit Blicken und Geſchrei folgten die ſtaunenden
Latiner dem Eilenden, der im Laufe ſeinem Feind mit
dem abgebrochenen Schafte ſeiner eigenen Lanze zwiſchen
die Fugen der Rüſtung eine Todeswunde zn verſetzen
ſtrebte. Venulus aber erwehrte ſich des Streichs und
hielt die Hand vor die Kehle. So war das Paar an¬
zuſchauen wie ein Adler, der eine geraubte Schlange
durch die Luft entführt; das blutende Thier ringelt ſich,
bäumt ſich immer höher und ziſcht mit dem Munde; der
Vogel aber läßt es nicht aus dem krummen Schnabel
fahren und peitſcht die Lüfte mit ſeinen Flügeln. Dem
Glück und Beiſpiel ihres Führers folgten die Etrusker,
und ſtürmten wieder muthiger voran.

Auch Kamilla fand einen kühnen Gegner in den
Reihen der Etrusker. Der Held Arruns ſchwärmte
mit ſeinem Speer um die raſche Amazone her, und wich
ihr nicht von der Seite, nach welcher Stelle des Treffens
die Wuth ſie auch führen mochte. Nun verfolgte Kamil¬
la gerade den phrygiſchen Cypele'sprieſter Chloreus, deſſen
ſchuppiger Erzpanzer mit goldenem Geflechte wie ein ge¬
fiedertes Gewand ſich um ſeinen Leib legte, und den ein

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[417/0439] Aber auch auf der Gegenſeite erhob ſich ein gewal¬ tiger Held, der Etruskerkönig Tarcho. Dieſer trieb bald zu Roſſe weichende Schaaren vor ſich her, belobte die Seinigen mit ermunterndem Zurufe, nannte jeden mit Namen, friſchte die Zurückgedrängten zu neuem Kampfe auf, und trieb unbekümmert um den Tod ſein Roß mitten in die Schlacht hinein. Hier ſtieß er auf den Venulus, dem er ſich ſtürmiſch entgegenwarf, ihn vom Pferde riß und mit der rechten Hand umſchlingend auf ſeinem eigenen Roſſe im Flug davon trug. Mit Blicken und Geſchrei folgten die ſtaunenden Latiner dem Eilenden, der im Laufe ſeinem Feind mit dem abgebrochenen Schafte ſeiner eigenen Lanze zwiſchen die Fugen der Rüſtung eine Todeswunde zn verſetzen ſtrebte. Venulus aber erwehrte ſich des Streichs und hielt die Hand vor die Kehle. So war das Paar an¬ zuſchauen wie ein Adler, der eine geraubte Schlange durch die Luft entführt; das blutende Thier ringelt ſich, bäumt ſich immer höher und ziſcht mit dem Munde; der Vogel aber läßt es nicht aus dem krummen Schnabel fahren und peitſcht die Lüfte mit ſeinen Flügeln. Dem Glück und Beiſpiel ihres Führers folgten die Etrusker, und ſtürmten wieder muthiger voran. Auch Kamilla fand einen kühnen Gegner in den Reihen der Etrusker. Der Held Arruns ſchwärmte mit ſeinem Speer um die raſche Amazone her, und wich ihr nicht von der Seite, nach welcher Stelle des Treffens die Wuth ſie auch führen mochte. Nun verfolgte Kamil¬ la gerade den phrygiſchen Cypele'sprieſter Chloreus, deſſen ſchuppiger Erzpanzer mit goldenem Geflechte wie ein ge¬ fiedertes Gewand ſich um ſeinen Leib legte, und den ein Schwab, das klaſſ. Alterthum. III. 27

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/439>, abgerufen am 22.11.2024.