Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

und käute muthig an seinem beschäumten Gebiß; an der
Pforte harrten die Pönerfürsten. Endlich trat Dido her¬
aus, umdrängt von großem Jagdgefolge; sie trug ein
bunt gesticktes sidonisches Jägerkleid; darüber einen
mit goldener Schnalle aufgeschürzten Purpurrock; ein
goldenes Diadem umschlang ihre Stirne, und von der
Schulter hing ihr der goldene Köcher. Vier Trojaner
waren in ihrem Zuge, darunter auch der muntere Julus.
Endlich schloß sich der Schönste von Allen, Aeneas, mit
seinem vertrautesten Helden ebenfalls der Begleitung an.

Als die Gesellschaft das Gebirg erreicht hatte, zer¬
streute sie sich bald auf der unwegsamen Wildbahn; von
den Felsenkuppen sah man bald Gemsen über die Hügel
her stürzen; auf der andern Seite verließen Hirsche in
stäubender Flucht ihre Berge, drängten sich in bange
Haufen zusammen, und durchrannten die offenen Felder.
Mitten im Thale tummelte der Knabe Julus oder As¬
kanius sein muthiges Pferd, und flog damit bald an
diesen, bald an jenen Jägern vorüber; das schüchterne
Wild war ihm viel zu gering, immer hoffte er, es werde
ein schäumender Eber angelaufen kommen, oder ein Löwe
mit gelber Mähne hinter dem Hügel hervorschreiten.

Die Jäger waren so ganz in ihre Lust vertieft, daß
sie nicht merkten, wie der Himmel sich zu verdunkeln be¬
gann, und das drohende Ungewitter, das sich in den
Wolken zusammenzog, erst entdeckten, als der Wind durch
die Bäume sauste, und plötzlich Regen und Hagel her¬
niederströmte. Tyrier und Trojaner suchten, zerstreut und
verirrt, durch Felder und Wälder sich verschiedenen Schutz
vor dem Unwetter. Während nun angeschwollene Wald¬
ströme von den Bergen stürzten, und ein Zufluchtsort

und käute muthig an ſeinem beſchäumten Gebiß; an der
Pforte harrten die Pönerfürſten. Endlich trat Dido her¬
aus, umdrängt von großem Jagdgefolge; ſie trug ein
bunt geſticktes ſidoniſches Jägerkleid; darüber einen
mit goldener Schnalle aufgeſchürzten Purpurrock; ein
goldenes Diadem umſchlang ihre Stirne, und von der
Schulter hing ihr der goldene Köcher. Vier Trojaner
waren in ihrem Zuge, darunter auch der muntere Julus.
Endlich ſchloß ſich der Schönſte von Allen, Aeneas, mit
ſeinem vertrauteſten Helden ebenfalls der Begleitung an.

Als die Geſellſchaft das Gebirg erreicht hatte, zer¬
ſtreute ſie ſich bald auf der unwegſamen Wildbahn; von
den Felſenkuppen ſah man bald Gemſen über die Hügel
her ſtürzen; auf der andern Seite verließen Hirſche in
ſtäubender Flucht ihre Berge, drängten ſich in bange
Haufen zuſammen, und durchrannten die offenen Felder.
Mitten im Thale tummelte der Knabe Julus oder As¬
kanius ſein muthiges Pferd, und flog damit bald an
dieſen, bald an jenen Jägern vorüber; das ſchüchterne
Wild war ihm viel zu gering, immer hoffte er, es werde
ein ſchäumender Eber angelaufen kommen, oder ein Löwe
mit gelber Mähne hinter dem Hügel hervorſchreiten.

Die Jäger waren ſo ganz in ihre Luſt vertieft, daß
ſie nicht merkten, wie der Himmel ſich zu verdunkeln be¬
gann, und das drohende Ungewitter, das ſich in den
Wolken zuſammenzog, erſt entdeckten, als der Wind durch
die Bäume ſauste, und plötzlich Regen und Hagel her¬
niederſtrömte. Tyrier und Trojaner ſuchten, zerſtreut und
verirrt, durch Felder und Wälder ſich verſchiedenen Schutz
vor dem Unwetter. Während nun angeſchwollene Wald¬
ſtröme von den Bergen ſtürzten, und ein Zufluchtsort

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0355" n="333"/>
und käute muthig an &#x017F;einem be&#x017F;chäumten Gebiß; an der<lb/>
Pforte harrten die Pönerfür&#x017F;ten. Endlich trat Dido her¬<lb/>
aus, umdrängt von großem Jagdgefolge; &#x017F;ie trug ein<lb/>
bunt ge&#x017F;ticktes &#x017F;idoni&#x017F;ches Jägerkleid; darüber einen<lb/>
mit goldener Schnalle aufge&#x017F;chürzten Purpurrock; ein<lb/>
goldenes Diadem um&#x017F;chlang ihre Stirne, und von der<lb/>
Schulter hing ihr der goldene Köcher. Vier Trojaner<lb/>
waren in ihrem Zuge, darunter auch der muntere Julus.<lb/>
Endlich &#x017F;chloß &#x017F;ich der Schön&#x017F;te von Allen, Aeneas, mit<lb/>
&#x017F;einem vertraute&#x017F;ten Helden ebenfalls der Begleitung an.</p><lb/>
            <p>Als die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft das Gebirg erreicht hatte, zer¬<lb/>
&#x017F;treute &#x017F;ie &#x017F;ich bald auf der unweg&#x017F;amen Wildbahn; von<lb/>
den Fel&#x017F;enkuppen &#x017F;ah man bald Gem&#x017F;en über die Hügel<lb/>
her &#x017F;türzen; auf der andern Seite verließen Hir&#x017F;che in<lb/>
&#x017F;täubender Flucht ihre Berge, drängten &#x017F;ich in bange<lb/>
Haufen zu&#x017F;ammen, und durchrannten die offenen Felder.<lb/>
Mitten im Thale tummelte der Knabe Julus oder As¬<lb/>
kanius &#x017F;ein muthiges Pferd, und flog damit bald an<lb/>
die&#x017F;en, bald an jenen Jägern vorüber; das &#x017F;chüchterne<lb/>
Wild war ihm viel zu gering, immer hoffte er, es werde<lb/>
ein &#x017F;chäumender Eber angelaufen kommen, oder ein Löwe<lb/>
mit gelber Mähne hinter dem Hügel hervor&#x017F;chreiten.</p><lb/>
            <p>Die Jäger waren &#x017F;o ganz in ihre Lu&#x017F;t vertieft, daß<lb/>
&#x017F;ie nicht merkten, wie der Himmel &#x017F;ich zu verdunkeln be¬<lb/>
gann, und das drohende Ungewitter, das &#x017F;ich in den<lb/>
Wolken zu&#x017F;ammenzog, er&#x017F;t entdeckten, als der Wind durch<lb/>
die Bäume &#x017F;auste, und plötzlich Regen und Hagel her¬<lb/>
nieder&#x017F;trömte. Tyrier und Trojaner &#x017F;uchten, zer&#x017F;treut und<lb/>
verirrt, durch Felder und Wälder &#x017F;ich ver&#x017F;chiedenen Schutz<lb/>
vor dem Unwetter. Während nun ange&#x017F;chwollene Wald¬<lb/>
&#x017F;tröme von den Bergen &#x017F;türzten, und ein Zufluchtsort<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0355] und käute muthig an ſeinem beſchäumten Gebiß; an der Pforte harrten die Pönerfürſten. Endlich trat Dido her¬ aus, umdrängt von großem Jagdgefolge; ſie trug ein bunt geſticktes ſidoniſches Jägerkleid; darüber einen mit goldener Schnalle aufgeſchürzten Purpurrock; ein goldenes Diadem umſchlang ihre Stirne, und von der Schulter hing ihr der goldene Köcher. Vier Trojaner waren in ihrem Zuge, darunter auch der muntere Julus. Endlich ſchloß ſich der Schönſte von Allen, Aeneas, mit ſeinem vertrauteſten Helden ebenfalls der Begleitung an. Als die Geſellſchaft das Gebirg erreicht hatte, zer¬ ſtreute ſie ſich bald auf der unwegſamen Wildbahn; von den Felſenkuppen ſah man bald Gemſen über die Hügel her ſtürzen; auf der andern Seite verließen Hirſche in ſtäubender Flucht ihre Berge, drängten ſich in bange Haufen zuſammen, und durchrannten die offenen Felder. Mitten im Thale tummelte der Knabe Julus oder As¬ kanius ſein muthiges Pferd, und flog damit bald an dieſen, bald an jenen Jägern vorüber; das ſchüchterne Wild war ihm viel zu gering, immer hoffte er, es werde ein ſchäumender Eber angelaufen kommen, oder ein Löwe mit gelber Mähne hinter dem Hügel hervorſchreiten. Die Jäger waren ſo ganz in ihre Luſt vertieft, daß ſie nicht merkten, wie der Himmel ſich zu verdunkeln be¬ gann, und das drohende Ungewitter, das ſich in den Wolken zuſammenzog, erſt entdeckten, als der Wind durch die Bäume ſauste, und plötzlich Regen und Hagel her¬ niederſtrömte. Tyrier und Trojaner ſuchten, zerſtreut und verirrt, durch Felder und Wälder ſich verſchiedenen Schutz vor dem Unwetter. Während nun angeſchwollene Wald¬ ſtröme von den Bergen ſtürzten, und ein Zufluchtsort

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/355
Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/355>, abgerufen am 22.11.2024.