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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840.

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trat, blickte sein Sohn Odisseus verwundert an ihm
empor und sprach: "Vater, sicherlich hat einer der un¬
sterblichen Götter dir Gestalt und Wuchs verherrlicht!"
"Ja, bei allen Göttern," sagte Laertes, "wäre ich, wie
ich mich heute verjüngt und kräftig fühle, gestern bei
dir im Saale gestanden und hätte an deiner Seite ge¬
kämpft: fürwahr, es wäre mancher Freier sterbend vor
mir ins Kniee gesunken!"

So wechselten sie miteinander freudige Gespräche,
und setzten sich endlich Alle ums Mahl. Jetzt kam auch
der alte Meier Dolius sammt seinen Söhnen, müde von
der Feldarbeit, zurück. Ueber die Schwelle getreten,
sahen sie den König Odysseus dasitzen, erkannten ihn
und standen staunend, wie in den Boden gewurzelt.
Odysseus aber redete ihnen freundlich zu: "Geschwind
Alter, setze dich mit deinen Söhnen zu uns ans Mahl,
wir harren schon lang auf euch! nehmt euch ein ander¬
mal Zeit zum Staunen." Da eilte Dolius mit ausge¬
breiteten Armen auf den Helden zu, ergriff seine Hand
und bedeckte sie mit Küssen. "Lieber Herr, Heil dir und
Segen," rief er, "nachdem du unser Aller Wunsch er¬
füllt hast, und endlich heimgekommen bist! Sage mir,
weiß es Penelope schon, oder sollen wir ihr Botschaft
zukommen lassen?" "Sie weiß Alles," antwortete
Odysseus, "du darfst dich nicht bemühen." Da setzte
sich Dolius zum Mahle; seine Söhne drängten sich um
Odysseus, drückten ihm die Hände und hießen ihn will¬
kommen; dann nahmen auch sie an der Seite ihres
Vaters Platz, und Alles schmauste fröhlich zusammen.


trat, blickte ſein Sohn Odiſſeus verwundert an ihm
empor und ſprach: „Vater, ſicherlich hat einer der un¬
ſterblichen Götter dir Geſtalt und Wuchs verherrlicht!“
„Ja, bei allen Göttern,“ ſagte Laertes, „wäre ich, wie
ich mich heute verjüngt und kräftig fühle, geſtern bei
dir im Saale geſtanden und hätte an deiner Seite ge¬
kämpft: fürwahr, es wäre mancher Freier ſterbend vor
mir ins Kniee geſunken!“

So wechſelten ſie miteinander freudige Geſpräche,
und ſetzten ſich endlich Alle ums Mahl. Jetzt kam auch
der alte Meier Dolius ſammt ſeinen Söhnen, müde von
der Feldarbeit, zurück. Ueber die Schwelle getreten,
ſahen ſie den König Odyſſeus daſitzen, erkannten ihn
und ſtanden ſtaunend, wie in den Boden gewurzelt.
Odyſſeus aber redete ihnen freundlich zu: „Geſchwind
Alter, ſetze dich mit deinen Söhnen zu uns ans Mahl,
wir harren ſchon lang auf euch! nehmt euch ein ander¬
mal Zeit zum Staunen.“ Da eilte Dolius mit ausge¬
breiteten Armen auf den Helden zu, ergriff ſeine Hand
und bedeckte ſie mit Küſſen. „Lieber Herr, Heil dir und
Segen,“ rief er, „nachdem du unſer Aller Wunſch er¬
füllt haſt, und endlich heimgekommen biſt! Sage mir,
weiß es Penelope ſchon, oder ſollen wir ihr Botſchaft
zukommen laſſen?“ „Sie weiß Alles,“ antwortete
Odyſſeus, „du darfſt dich nicht bemühen.“ Da ſetzte
ſich Dolius zum Mahle; ſeine Söhne drängten ſich um
Odyſſeus, drückten ihm die Hände und hießen ihn will¬
kommen; dann nahmen auch ſie an der Seite ihres
Vaters Platz, und Alles ſchmauſte fröhlich zuſammen.


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[282/0304] trat, blickte ſein Sohn Odiſſeus verwundert an ihm empor und ſprach: „Vater, ſicherlich hat einer der un¬ ſterblichen Götter dir Geſtalt und Wuchs verherrlicht!“ „Ja, bei allen Göttern,“ ſagte Laertes, „wäre ich, wie ich mich heute verjüngt und kräftig fühle, geſtern bei dir im Saale geſtanden und hätte an deiner Seite ge¬ kämpft: fürwahr, es wäre mancher Freier ſterbend vor mir ins Kniee geſunken!“ So wechſelten ſie miteinander freudige Geſpräche, und ſetzten ſich endlich Alle ums Mahl. Jetzt kam auch der alte Meier Dolius ſammt ſeinen Söhnen, müde von der Feldarbeit, zurück. Ueber die Schwelle getreten, ſahen ſie den König Odyſſeus daſitzen, erkannten ihn und ſtanden ſtaunend, wie in den Boden gewurzelt. Odyſſeus aber redete ihnen freundlich zu: „Geſchwind Alter, ſetze dich mit deinen Söhnen zu uns ans Mahl, wir harren ſchon lang auf euch! nehmt euch ein ander¬ mal Zeit zum Staunen.“ Da eilte Dolius mit ausge¬ breiteten Armen auf den Helden zu, ergriff ſeine Hand und bedeckte ſie mit Küſſen. „Lieber Herr, Heil dir und Segen,“ rief er, „nachdem du unſer Aller Wunſch er¬ füllt haſt, und endlich heimgekommen biſt! Sage mir, weiß es Penelope ſchon, oder ſollen wir ihr Botſchaft zukommen laſſen?“ „Sie weiß Alles,“ antwortete Odyſſeus, „du darfſt dich nicht bemühen.“ Da ſetzte ſich Dolius zum Mahle; ſeine Söhne drängten ſich um Odyſſeus, drückten ihm die Hände und hießen ihn will¬ kommen; dann nahmen auch ſie an der Seite ihres Vaters Platz, und Alles ſchmauſte fröhlich zuſammen.

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/304>, abgerufen am 22.11.2024.