Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

und hinter welcher sich mit hohen Mauern, Zinnen und
Thürmen, die von Götterhand befestigte, herrliche Stadt
und Burg Troja erhob. Sie lag auf einem Hügel weit
hin sichtbar; ihr Inneres war uneben und bergicht und
von vielen Straßen durchschnitten. Nur von zweien Sei¬
ten war sie leichter zugänglich, und hier befand sich auf
der einen Seite das Skäische, auf der andern das Dar¬
danische Thor mit einem Thurme. Die übrigen Seiten
waren höckricht und mit Gebüschen verwachsen, und ihre
Thore und Thörchen kamen wenig in Betracht. In
der obern Stadt oder Burg Ilium, auch Pergamus
genannt, standen die Palläste des Priamus, des Paris,
die Tempel der Hekate, der Athene und des Apollo, auf
der höchsten Spitze der Burg ein Tempel des Jupiter.
Vor der Stadt am Simois, den Griechen zur Linken,
war der Hügel Kallikotone, zur rechten führte die Straße
an den Quellen des Skamander und dann an dem hohen
Hügel Batina vorbei, der umgangen werden konnte, und
außen vor der Stadt lag. Hinter Troja kam das Ilische
Feld, das sich schon bergan zog und die unterste Stufe
des waldigen Idagebirges bildete, dessen höchster Gipfel
Gargarus hieß, das bis in die Ebene hinablief, und des¬
sen beide letzte Aeste rechts und links von den Griechen
das Sigeische und Rhöteische Vorgebirge bildeten.--

Noch ehe der Kampf zwischen beiden Völkern seinen
Anfang nahm, wurden die Griechen durch die Ankunft
eines werthen Gastes überrascht. Der König Telephus
von Mysien, der sie so großmüthig unterstützt hatte, war
seitdem an der Wunde, die ihm der Speer des Achilles
geschlagen, unheilbar krank gelegen und die Mittel, die
ihm Podalirius und Machaon aufgelegt hatten, thaten

und hinter welcher ſich mit hohen Mauern, Zinnen und
Thürmen, die von Götterhand befeſtigte, herrliche Stadt
und Burg Troja erhob. Sie lag auf einem Hügel weit
hin ſichtbar; ihr Inneres war uneben und bergicht und
von vielen Straßen durchſchnitten. Nur von zweien Sei¬
ten war ſie leichter zugänglich, und hier befand ſich auf
der einen Seite das Skäiſche, auf der andern das Dar¬
daniſche Thor mit einem Thurme. Die übrigen Seiten
waren höckricht und mit Gebüſchen verwachſen, und ihre
Thore und Thörchen kamen wenig in Betracht. In
der obern Stadt oder Burg Ilium, auch Pergamus
genannt, ſtanden die Palläſte des Priamus, des Paris,
die Tempel der Hekate, der Athene und des Apollo, auf
der höchſten Spitze der Burg ein Tempel des Jupiter.
Vor der Stadt am Simois, den Griechen zur Linken,
war der Hügel Kallikotone, zur rechten führte die Straße
an den Quellen des Skamander und dann an dem hohen
Hügel Batina vorbei, der umgangen werden konnte, und
außen vor der Stadt lag. Hinter Troja kam das Iliſche
Feld, das ſich ſchon bergan zog und die unterſte Stufe
des waldigen Idagebirges bildete, deſſen höchſter Gipfel
Gargarus hieß, das bis in die Ebene hinablief, und deſ¬
ſen beide letzte Aeſte rechts und links von den Griechen
das Sigeiſche und Rhöteiſche Vorgebirge bildeten.—

Noch ehe der Kampf zwiſchen beiden Völkern ſeinen
Anfang nahm, wurden die Griechen durch die Ankunft
eines werthen Gaſtes überraſcht. Der König Telephus
von Myſien, der ſie ſo großmüthig unterſtützt hatte, war
ſeitdem an der Wunde, die ihm der Speer des Achilles
geſchlagen, unheilbar krank gelegen und die Mittel, die
ihm Podalirius und Machaon aufgelegt hatten, thaten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0081" n="59"/>
und hinter welcher &#x017F;ich mit hohen Mauern, Zinnen und<lb/>
Thürmen, die von Götterhand befe&#x017F;tigte, herrliche Stadt<lb/>
und Burg Troja erhob. Sie lag auf einem Hügel weit<lb/>
hin &#x017F;ichtbar; ihr Inneres war uneben und bergicht und<lb/>
von vielen Straßen durch&#x017F;chnitten. Nur von zweien Sei¬<lb/>
ten war &#x017F;ie leichter zugänglich, und hier befand &#x017F;ich auf<lb/>
der einen Seite das Skäi&#x017F;che, auf der andern das Dar¬<lb/>
dani&#x017F;che Thor mit einem Thurme. Die übrigen Seiten<lb/>
waren höckricht und mit Gebü&#x017F;chen verwach&#x017F;en, und ihre<lb/>
Thore und Thörchen kamen wenig in Betracht. In<lb/>
der obern Stadt oder Burg Ilium, auch Pergamus<lb/>
genannt, &#x017F;tanden die Pallä&#x017F;te des Priamus, des Paris,<lb/>
die Tempel der Hekate, der Athene und des Apollo, auf<lb/>
der höch&#x017F;ten Spitze der Burg ein Tempel des Jupiter.<lb/>
Vor der Stadt am Simois, den Griechen zur Linken,<lb/>
war der Hügel Kallikotone, zur rechten führte die Straße<lb/>
an den Quellen des Skamander und dann an dem hohen<lb/>
Hügel Batina vorbei, der umgangen werden konnte, und<lb/>
außen vor der Stadt lag. Hinter Troja kam das Ili&#x017F;che<lb/>
Feld, das &#x017F;ich &#x017F;chon bergan zog und die unter&#x017F;te Stufe<lb/>
des waldigen Idagebirges bildete, de&#x017F;&#x017F;en höch&#x017F;ter Gipfel<lb/>
Gargarus hieß, das bis in die Ebene hinablief, und de&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en beide letzte Ae&#x017F;te rechts und links von den Griechen<lb/>
das Sigei&#x017F;che und Rhötei&#x017F;che Vorgebirge bildeten.&#x2014;</p><lb/>
          <p>Noch ehe der Kampf zwi&#x017F;chen beiden Völkern &#x017F;einen<lb/>
Anfang nahm, wurden die Griechen durch die Ankunft<lb/>
eines werthen Ga&#x017F;tes überra&#x017F;cht. Der König Telephus<lb/>
von My&#x017F;ien, der &#x017F;ie &#x017F;o großmüthig unter&#x017F;tützt hatte, war<lb/>
&#x017F;eitdem an der Wunde, die ihm der Speer des Achilles<lb/>
ge&#x017F;chlagen, unheilbar krank gelegen und die Mittel, die<lb/>
ihm Podalirius und Machaon aufgelegt hatten, thaten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0081] und hinter welcher ſich mit hohen Mauern, Zinnen und Thürmen, die von Götterhand befeſtigte, herrliche Stadt und Burg Troja erhob. Sie lag auf einem Hügel weit hin ſichtbar; ihr Inneres war uneben und bergicht und von vielen Straßen durchſchnitten. Nur von zweien Sei¬ ten war ſie leichter zugänglich, und hier befand ſich auf der einen Seite das Skäiſche, auf der andern das Dar¬ daniſche Thor mit einem Thurme. Die übrigen Seiten waren höckricht und mit Gebüſchen verwachſen, und ihre Thore und Thörchen kamen wenig in Betracht. In der obern Stadt oder Burg Ilium, auch Pergamus genannt, ſtanden die Palläſte des Priamus, des Paris, die Tempel der Hekate, der Athene und des Apollo, auf der höchſten Spitze der Burg ein Tempel des Jupiter. Vor der Stadt am Simois, den Griechen zur Linken, war der Hügel Kallikotone, zur rechten führte die Straße an den Quellen des Skamander und dann an dem hohen Hügel Batina vorbei, der umgangen werden konnte, und außen vor der Stadt lag. Hinter Troja kam das Iliſche Feld, das ſich ſchon bergan zog und die unterſte Stufe des waldigen Idagebirges bildete, deſſen höchſter Gipfel Gargarus hieß, das bis in die Ebene hinablief, und deſ¬ ſen beide letzte Aeſte rechts und links von den Griechen das Sigeiſche und Rhöteiſche Vorgebirge bildeten.— Noch ehe der Kampf zwiſchen beiden Völkern ſeinen Anfang nahm, wurden die Griechen durch die Ankunft eines werthen Gaſtes überraſcht. Der König Telephus von Myſien, der ſie ſo großmüthig unterſtützt hatte, war ſeitdem an der Wunde, die ihm der Speer des Achilles geſchlagen, unheilbar krank gelegen und die Mittel, die ihm Podalirius und Machaon aufgelegt hatten, thaten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/81
Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/81>, abgerufen am 24.11.2024.