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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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Erde zugleich; die Felsabhänge des Vorgebirges Kaphareus
erbebten und die Gestade donnerten ringsumher unter der
Peitsche des Herrschers. Da wurde zuletzt der mächtige
Felsblock, an welchen sich Ajax mit den Händen ange¬
klammert hielt, vom Grunde losgerüttelt, und mit ihm
der Lokrer wieder ins Meer hinausgestoßen, daß der an¬
spülende Schaum ihm Haupt und Barthaar weiß färbte.
Auf den Versinkenden stürzte Neptunus noch einen losge¬
rissenen Erdhügel des Vorgebirges, daß der Scheitel des¬
selben den Lokrerfürsten, wie einst der Aetna den Enceladus,
deckte. So unterlag er, von der Erde und vom Meere
zugleich bezwungen.

Die Schiffe der Danaer irrten indessen schwankend
und leck auf der stürmenden See umher; viele waren ge¬
borsten, viele von den Wogen verschlungen; die Meer¬
fluth tobte fort und der Regen strömte herab, als drohte
dem nahen Lande eine zweite deucalionische Fluth. Jetzt
wurde auch noch die Steinigung des Palamedes an den
unglücklichen Griechen gerächt. Auf Euböa herrschte näm¬
lich noch immer der Vater dieses Helden, Nauplius. Als
dieser an seiner Küste die griechische Flotte erblickte, die
mit dem fürchterlichen Sturme rang, gedachte er der hin¬
terlistigen Ermordung seines geliebten Sohnes, um welchen
er nun so viele Jahre trauerte. Die Rachelust war in
seinem Herzen nie eingeschlummert, und jetzt endlich hoffte
er sie büßen zu können. Er eilte an den Strand, ließ
längs des kapharischen Vorgebirges, den gefährlichsten
Klippen gegenüber, brennende Fackeln aufstecken, und
machte dadurch in den Griechen den Glauben rege, daß
es Rettungszeichen seyen, welche mitleidige Uferbewohner
für sie aufgepflanzt hätten. In dieser Hoffnung steuerten

Erde zugleich; die Felsabhänge des Vorgebirges Kaphareus
erbebten und die Geſtade donnerten ringsumher unter der
Peitſche des Herrſchers. Da wurde zuletzt der mächtige
Felsblock, an welchen ſich Ajax mit den Händen ange¬
klammert hielt, vom Grunde losgerüttelt, und mit ihm
der Lokrer wieder ins Meer hinausgeſtoßen, daß der an¬
ſpülende Schaum ihm Haupt und Barthaar weiß färbte.
Auf den Verſinkenden ſtürzte Neptunus noch einen losge¬
riſſenen Erdhügel des Vorgebirges, daß der Scheitel deſ¬
ſelben den Lokrerfürſten, wie einſt der Aetna den Enceladus,
deckte. So unterlag er, von der Erde und vom Meere
zugleich bezwungen.

Die Schiffe der Danaer irrten indeſſen ſchwankend
und leck auf der ſtürmenden See umher; viele waren ge¬
borſten, viele von den Wogen verſchlungen; die Meer¬
fluth tobte fort und der Regen ſtrömte herab, als drohte
dem nahen Lande eine zweite deucalioniſche Fluth. Jetzt
wurde auch noch die Steinigung des Palamedes an den
unglücklichen Griechen gerächt. Auf Euböa herrſchte näm¬
lich noch immer der Vater dieſes Helden, Nauplius. Als
dieſer an ſeiner Küſte die griechiſche Flotte erblickte, die
mit dem fürchterlichen Sturme rang, gedachte er der hin¬
terliſtigen Ermordung ſeines geliebten Sohnes, um welchen
er nun ſo viele Jahre trauerte. Die Racheluſt war in
ſeinem Herzen nie eingeſchlummert, und jetzt endlich hoffte
er ſie büßen zu können. Er eilte an den Strand, ließ
längs des kaphariſchen Vorgebirges, den gefährlichſten
Klippen gegenüber, brennende Fackeln aufſtecken, und
machte dadurch in den Griechen den Glauben rege, daß
es Rettungszeichen ſeyen, welche mitleidige Uferbewohner
für ſie aufgepflanzt hätten. In dieſer Hoffnung ſteuerten

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[436/0458] Erde zugleich; die Felsabhänge des Vorgebirges Kaphareus erbebten und die Geſtade donnerten ringsumher unter der Peitſche des Herrſchers. Da wurde zuletzt der mächtige Felsblock, an welchen ſich Ajax mit den Händen ange¬ klammert hielt, vom Grunde losgerüttelt, und mit ihm der Lokrer wieder ins Meer hinausgeſtoßen, daß der an¬ ſpülende Schaum ihm Haupt und Barthaar weiß färbte. Auf den Verſinkenden ſtürzte Neptunus noch einen losge¬ riſſenen Erdhügel des Vorgebirges, daß der Scheitel deſ¬ ſelben den Lokrerfürſten, wie einſt der Aetna den Enceladus, deckte. So unterlag er, von der Erde und vom Meere zugleich bezwungen. Die Schiffe der Danaer irrten indeſſen ſchwankend und leck auf der ſtürmenden See umher; viele waren ge¬ borſten, viele von den Wogen verſchlungen; die Meer¬ fluth tobte fort und der Regen ſtrömte herab, als drohte dem nahen Lande eine zweite deucalioniſche Fluth. Jetzt wurde auch noch die Steinigung des Palamedes an den unglücklichen Griechen gerächt. Auf Euböa herrſchte näm¬ lich noch immer der Vater dieſes Helden, Nauplius. Als dieſer an ſeiner Küſte die griechiſche Flotte erblickte, die mit dem fürchterlichen Sturme rang, gedachte er der hin¬ terliſtigen Ermordung ſeines geliebten Sohnes, um welchen er nun ſo viele Jahre trauerte. Die Racheluſt war in ſeinem Herzen nie eingeſchlummert, und jetzt endlich hoffte er ſie büßen zu können. Er eilte an den Strand, ließ längs des kaphariſchen Vorgebirges, den gefährlichſten Klippen gegenüber, brennende Fackeln aufſtecken, und machte dadurch in den Griechen den Glauben rege, daß es Rettungszeichen ſeyen, welche mitleidige Uferbewohner für ſie aufgepflanzt hätten. In dieſer Hoffnung ſteuerten

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/458>, abgerufen am 25.11.2024.