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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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Dem Achilles aber kochte das dunkle Blut in den unbän¬
digen Gliedern noch immer von Kampflust, und kein
Trojaner wagte es, dem Verwundeten zu nahen. Noch
einmal erhub er sich mit einem Sprunge vom Boden,
stürzte, den Speer schwingend, unter die Feinde, und traf
damit den Freund seines alten Gegners Hektor, Ory¬
thaon, an die Schläfe, daß die Spitze diesem ins Gehirn
drang. Dann stieß er dem Hipponous den Speer ins
Auge, durchbohrte dem Alkithous die Wange, und raubte
noch vielen Fliehenden das Leben. Jetzt aber wurden
seine Glieder kalt; er mußte stille halten und sich auf die
Lanze stützen. Die Trojaner flohen noch immer vor ihm
und seiner Stimme, denn er donnerte den Fliehenden
nach: "Laufet nur davon; auch nach meinem Tode werdet
ihr meinem Speere nicht entgehen, sondern meine Rache¬
götter werden Strafe an euch nehmen!" Sie flohen zit¬
ternd, denn sie glaubten, er sey noch unverwundet. Ihm
aber erstarrten die Glieder, und er sank hin unter die
andern Todten, daß die Erde dröhnte und seine Waffen¬
rüstung einen dumpfen Klang von sich gab.

Zuerst wurde seinen Fall Paris gewahr, sein Tod¬
feind. Mit einem lauten Freudenschrei ermahnte er die
Trojaner, sich der Leiche zu bemächtigen, und nun ver¬
sammelten sich eine Menge Streiter um den Todten, die
früher seine Lanze gemieden oder erfahren hatten. Aber
der Held Ajax umkreiste die Leiche, und verscheuchte mit
hochemporgehaltenem Speer alle Feinde, die sich nahten,
und wenn sich einer zum Kampfe mit ihm herbeiwagte, so
empfing er den Todesstoß. Endlich beschränkte sich Ajax
nicht mehr auf den Vertheidigungskampf, sondern brach
los gegen die Trojaner und richtete ein gräßliches Blutbad

Dem Achilles aber kochte das dunkle Blut in den unbän¬
digen Gliedern noch immer von Kampfluſt, und kein
Trojaner wagte es, dem Verwundeten zu nahen. Noch
einmal erhub er ſich mit einem Sprunge vom Boden,
ſtürzte, den Speer ſchwingend, unter die Feinde, und traf
damit den Freund ſeines alten Gegners Hektor, Ory¬
thaon, an die Schläfe, daß die Spitze dieſem ins Gehirn
drang. Dann ſtieß er dem Hipponous den Speer ins
Auge, durchbohrte dem Alkithous die Wange, und raubte
noch vielen Fliehenden das Leben. Jetzt aber wurden
ſeine Glieder kalt; er mußte ſtille halten und ſich auf die
Lanze ſtützen. Die Trojaner flohen noch immer vor ihm
und ſeiner Stimme, denn er donnerte den Fliehenden
nach: „Laufet nur davon; auch nach meinem Tode werdet
ihr meinem Speere nicht entgehen, ſondern meine Rache¬
götter werden Strafe an euch nehmen!“ Sie flohen zit¬
ternd, denn ſie glaubten, er ſey noch unverwundet. Ihm
aber erſtarrten die Glieder, und er ſank hin unter die
andern Todten, daß die Erde dröhnte und ſeine Waffen¬
rüſtung einen dumpfen Klang von ſich gab.

Zuerſt wurde ſeinen Fall Paris gewahr, ſein Tod¬
feind. Mit einem lauten Freudenſchrei ermahnte er die
Trojaner, ſich der Leiche zu bemächtigen, und nun ver¬
ſammelten ſich eine Menge Streiter um den Todten, die
früher ſeine Lanze gemieden oder erfahren hatten. Aber
der Held Ajax umkreiſte die Leiche, und verſcheuchte mit
hochemporgehaltenem Speer alle Feinde, die ſich nahten,
und wenn ſich einer zum Kampfe mit ihm herbeiwagte, ſo
empfing er den Todesſtoß. Endlich beſchränkte ſich Ajax
nicht mehr auf den Vertheidigungskampf, ſondern brach
los gegen die Trojaner und richtete ein gräßliches Blutbad

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[345/0367] Dem Achilles aber kochte das dunkle Blut in den unbän¬ digen Gliedern noch immer von Kampfluſt, und kein Trojaner wagte es, dem Verwundeten zu nahen. Noch einmal erhub er ſich mit einem Sprunge vom Boden, ſtürzte, den Speer ſchwingend, unter die Feinde, und traf damit den Freund ſeines alten Gegners Hektor, Ory¬ thaon, an die Schläfe, daß die Spitze dieſem ins Gehirn drang. Dann ſtieß er dem Hipponous den Speer ins Auge, durchbohrte dem Alkithous die Wange, und raubte noch vielen Fliehenden das Leben. Jetzt aber wurden ſeine Glieder kalt; er mußte ſtille halten und ſich auf die Lanze ſtützen. Die Trojaner flohen noch immer vor ihm und ſeiner Stimme, denn er donnerte den Fliehenden nach: „Laufet nur davon; auch nach meinem Tode werdet ihr meinem Speere nicht entgehen, ſondern meine Rache¬ götter werden Strafe an euch nehmen!“ Sie flohen zit¬ ternd, denn ſie glaubten, er ſey noch unverwundet. Ihm aber erſtarrten die Glieder, und er ſank hin unter die andern Todten, daß die Erde dröhnte und ſeine Waffen¬ rüſtung einen dumpfen Klang von ſich gab. Zuerſt wurde ſeinen Fall Paris gewahr, ſein Tod¬ feind. Mit einem lauten Freudenſchrei ermahnte er die Trojaner, ſich der Leiche zu bemächtigen, und nun ver¬ ſammelten ſich eine Menge Streiter um den Todten, die früher ſeine Lanze gemieden oder erfahren hatten. Aber der Held Ajax umkreiſte die Leiche, und verſcheuchte mit hochemporgehaltenem Speer alle Feinde, die ſich nahten, und wenn ſich einer zum Kampfe mit ihm herbeiwagte, ſo empfing er den Todesſtoß. Endlich beſchränkte ſich Ajax nicht mehr auf den Vertheidigungskampf, ſondern brach los gegen die Trojaner und richtete ein gräßliches Blutbad

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/367>, abgerufen am 25.11.2024.