Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

ward. Ein lautes Gelächter schallte, als Odysseus den
Mischkrug, und bald darauf Ajax, Koth ausspeiend, den
Stier faßte. Den letzten Preis ergriff Antilochus lächelnd
und sprach: "Ehre verleihen die Götter ältern Menschen,
zwar ist Ajax nur weniges älter, denn ich, aber er ist
früheren Stammes." "Du sollst nicht umsonst so neidlos
geredet haben," sprach Achilles zu dem holden Jüngling,
"ich füge deinem Preis noch ein halbes Talent Goldes
hinzu."

Und nun trug der Pelide die herrliche Lanze des
Sarpedon, die Patroklus jüngst erbeutet hatte, in den
Kreis, und legte sie mit Schild und Helme nieder. Darum
sollten zwei der tapfersten Helden in Waffen kämpfen, die
Rüstung sollten beide gemeinschaftlich erhalten, und beide
köstlich im Zelte des Achilles bewirthet werden, der Sie¬
ger aber das thrazische Schwert des Asteropäus voll
Silberbuckeln davontragen. Mit drohendem Blicke rannten
der Telamonier Ajax und Diomedes gegen einander, in
Waffen dreimal auf einander losstürmend. Ajax durch¬
stieß den Schild des Tydiden, Diomedes aber zielte nach
dem Hals. Die Achiver, um Ajax besorgt, trennten die
Kämpfenden, doch das Schwert erhielt der Tydide.

Noch wurde mit der eisernen Kugel, die vordem
Eetion, der König von Thebe, den Achilles erschlug, oft
geworfen, in die Wette gestritten. Epeus schwang sie im
Wirbel und warf, doch so, daß die Danaer lachten; dann
Leonteus, dann der gewaltige Ajax, daß sie über das
Zeichen wegflog; aber weit über alle hinaus, wie ein Hirt
Stecken über seine weidenden Rinder, schleuderte sie Poly¬
pötes, und trug sie als Preis davon.

Zehn Aexte und zehn Beile von bläulich schimmerndem

ward. Ein lautes Gelächter ſchallte, als Odyſſeus den
Miſchkrug, und bald darauf Ajax, Koth ausſpeiend, den
Stier faßte. Den letzten Preis ergriff Antilochus lächelnd
und ſprach: „Ehre verleihen die Götter ältern Menſchen,
zwar iſt Ajax nur weniges älter, denn ich, aber er iſt
früheren Stammes.“ „Du ſollſt nicht umſonſt ſo neidlos
geredet haben,“ ſprach Achilles zu dem holden Jüngling,
„ich füge deinem Preis noch ein halbes Talent Goldes
hinzu.“

Und nun trug der Pelide die herrliche Lanze des
Sarpedon, die Patroklus jüngſt erbeutet hatte, in den
Kreis, und legte ſie mit Schild und Helme nieder. Darum
ſollten zwei der tapferſten Helden in Waffen kämpfen, die
Rüſtung ſollten beide gemeinſchaftlich erhalten, und beide
köſtlich im Zelte des Achilles bewirthet werden, der Sie¬
ger aber das thraziſche Schwert des Aſteropäus voll
Silberbuckeln davontragen. Mit drohendem Blicke rannten
der Telamonier Ajax und Diomedes gegen einander, in
Waffen dreimal auf einander losſtürmend. Ajax durch¬
ſtieß den Schild des Tydiden, Diomedes aber zielte nach
dem Hals. Die Achiver, um Ajax beſorgt, trennten die
Kämpfenden, doch das Schwert erhielt der Tydide.

Noch wurde mit der eiſernen Kugel, die vordem
Eëtion, der König von Thebe, den Achilles erſchlug, oft
geworfen, in die Wette geſtritten. Epëus ſchwang ſie im
Wirbel und warf, doch ſo, daß die Danaer lachten; dann
Leonteus, dann der gewaltige Ajax, daß ſie über das
Zeichen wegflog; aber weit über alle hinaus, wie ein Hirt
Stecken über ſeine weidenden Rinder, ſchleuderte ſie Poly¬
pötes, und trug ſie als Preis davon.

Zehn Aexte und zehn Beile von bläulich ſchimmerndem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0320" n="298"/>
ward. Ein lautes Gelächter &#x017F;challte, als Ody&#x017F;&#x017F;eus den<lb/>
Mi&#x017F;chkrug, und bald darauf Ajax, Koth aus&#x017F;peiend, den<lb/>
Stier faßte. Den letzten Preis ergriff Antilochus lächelnd<lb/>
und &#x017F;prach: &#x201E;Ehre verleihen die Götter ältern Men&#x017F;chen,<lb/>
zwar i&#x017F;t Ajax nur weniges älter, denn ich, aber er i&#x017F;t<lb/>
früheren Stammes.&#x201C; &#x201E;Du &#x017F;oll&#x017F;t nicht um&#x017F;on&#x017F;t &#x017F;o neidlos<lb/>
geredet haben,&#x201C; &#x017F;prach Achilles zu dem holden Jüngling,<lb/>
&#x201E;ich füge deinem Preis noch ein halbes Talent Goldes<lb/>
hinzu.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Und nun trug der Pelide die herrliche Lanze des<lb/>
Sarpedon, die Patroklus jüng&#x017F;t erbeutet hatte, in den<lb/>
Kreis, und legte &#x017F;ie mit Schild und Helme nieder. Darum<lb/>
&#x017F;ollten zwei der tapfer&#x017F;ten Helden in Waffen kämpfen, die<lb/>&#x017F;tung &#x017F;ollten beide gemein&#x017F;chaftlich erhalten, und beide<lb/>&#x017F;tlich im Zelte des Achilles bewirthet werden, der Sie¬<lb/>
ger aber das thrazi&#x017F;che Schwert des A&#x017F;teropäus voll<lb/>
Silberbuckeln davontragen. Mit drohendem Blicke rannten<lb/>
der Telamonier Ajax und Diomedes gegen einander, in<lb/>
Waffen dreimal auf einander los&#x017F;türmend. Ajax durch¬<lb/>
&#x017F;tieß den Schild des Tydiden, Diomedes aber zielte nach<lb/>
dem Hals. Die Achiver, um Ajax be&#x017F;orgt, trennten die<lb/>
Kämpfenden, doch das Schwert erhielt der Tydide.</p><lb/>
          <p>Noch wurde mit der ei&#x017F;ernen Kugel, die vordem<lb/>
E<hi rendition="#aq">ë</hi>tion, der König von Thebe, den Achilles er&#x017F;chlug, oft<lb/>
geworfen, in die Wette ge&#x017F;tritten. Ep<hi rendition="#aq">ë</hi>us &#x017F;chwang &#x017F;ie im<lb/>
Wirbel und warf, doch &#x017F;o, daß die Danaer lachten; dann<lb/>
Leonteus, dann der gewaltige Ajax, daß &#x017F;ie über das<lb/>
Zeichen wegflog; aber weit über alle hinaus, wie ein Hirt<lb/>
Stecken über &#x017F;eine weidenden Rinder, &#x017F;chleuderte &#x017F;ie Poly¬<lb/>
pötes, und trug &#x017F;ie als Preis davon.</p><lb/>
          <p>Zehn Aexte und zehn Beile von bläulich &#x017F;chimmerndem<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[298/0320] ward. Ein lautes Gelächter ſchallte, als Odyſſeus den Miſchkrug, und bald darauf Ajax, Koth ausſpeiend, den Stier faßte. Den letzten Preis ergriff Antilochus lächelnd und ſprach: „Ehre verleihen die Götter ältern Menſchen, zwar iſt Ajax nur weniges älter, denn ich, aber er iſt früheren Stammes.“ „Du ſollſt nicht umſonſt ſo neidlos geredet haben,“ ſprach Achilles zu dem holden Jüngling, „ich füge deinem Preis noch ein halbes Talent Goldes hinzu.“ Und nun trug der Pelide die herrliche Lanze des Sarpedon, die Patroklus jüngſt erbeutet hatte, in den Kreis, und legte ſie mit Schild und Helme nieder. Darum ſollten zwei der tapferſten Helden in Waffen kämpfen, die Rüſtung ſollten beide gemeinſchaftlich erhalten, und beide köſtlich im Zelte des Achilles bewirthet werden, der Sie¬ ger aber das thraziſche Schwert des Aſteropäus voll Silberbuckeln davontragen. Mit drohendem Blicke rannten der Telamonier Ajax und Diomedes gegen einander, in Waffen dreimal auf einander losſtürmend. Ajax durch¬ ſtieß den Schild des Tydiden, Diomedes aber zielte nach dem Hals. Die Achiver, um Ajax beſorgt, trennten die Kämpfenden, doch das Schwert erhielt der Tydide. Noch wurde mit der eiſernen Kugel, die vordem Eëtion, der König von Thebe, den Achilles erſchlug, oft geworfen, in die Wette geſtritten. Epëus ſchwang ſie im Wirbel und warf, doch ſo, daß die Danaer lachten; dann Leonteus, dann der gewaltige Ajax, daß ſie über das Zeichen wegflog; aber weit über alle hinaus, wie ein Hirt Stecken über ſeine weidenden Rinder, ſchleuderte ſie Poly¬ pötes, und trug ſie als Preis davon. Zehn Aexte und zehn Beile von bläulich ſchimmerndem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/320
Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/320>, abgerufen am 23.11.2024.