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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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wie soll ich zur Schlacht gehen?" fragte erwiedernd Achil¬
les die Götterbotin, "da die Feinde meine Rüstung haben.
Auch hat mir meine Mutter selbst alle Bewaffnung ver¬
boten, bis ich sie selbst mit einer neuen Rüstung von
Hephästus zurückkehren sehen würde. Ich weiß Niemand,
dessen Waffen mir gerecht wären, es müßte denn der
Riesenschild des Ajax seyn; aber der hat und braucht ihn
selber zum Schutze meines erschlagenen Freundes!" "Wohl
wissen wir," antwortete ihm Iris, "daß du deiner herr¬
lichen Waffen beraubt bist, aber nahe dich einstweilen nur
so dem Graben, wie du bist, und erscheine den Trojanern,
vielleicht stehen sie vom Kampf ab, wenn sie dich nur
erblicken; und den Griechen ist Erholung gegönnt."

Als Iris wieder entflogen war, erhub sich der gött¬
liche Achilles. Athene selbst hängte ihm ihren Aegisschild
um die Schulter, und umgab sein Gesicht mit überirdischem
Glanze. So trat er schnell durch Wall und Mauer zum
Graben; doch mischte er sich, der mütterlichen Warnung
eingedenk, nicht in den Kampf, sondern blieb von ferne
stehen und schrie, und in seinen Ausruf mischte sich der
Ruf Minerva's, daß er wie eine Kriegsposaune ins Ohr
der Trojaner tönte. Als sie die eherne Stimme des Pe¬
liden vernahmen, füllte sich ihr Herz mit unheilvoller
Ahnung, und Wagen und Rosse wandten sich rückwärts;
mit Grauen sahen die Lenker um das Haupt des Peliden
die Flamme brennen, und vor seinem dreifachen Schrei
vom Graben her zerstob dreimal das Schlachtgewühl der
Troer, und zwölf ihrer tapfersten Männer fielen in dem
Gewühl, unter den Wagen und Lanzen ihrer eigenen
Freunde. Jetzt war Patroklus den Geschossen entrissen,
die Helden legten ihn auf Betten, und voll Wehmuth

Schwab, das klass. Alterthum. II. 16

wie ſoll ich zur Schlacht gehen?“ fragte erwiedernd Achil¬
les die Götterbotin, „da die Feinde meine Rüſtung haben.
Auch hat mir meine Mutter ſelbſt alle Bewaffnung ver¬
boten, bis ich ſie ſelbſt mit einer neuen Rüſtung von
Hephäſtus zurückkehren ſehen würde. Ich weiß Niemand,
deſſen Waffen mir gerecht wären, es müßte denn der
Rieſenſchild des Ajax ſeyn; aber der hat und braucht ihn
ſelber zum Schutze meines erſchlagenen Freundes!“ „Wohl
wiſſen wir,“ antwortete ihm Iris, „daß du deiner herr¬
lichen Waffen beraubt biſt, aber nahe dich einſtweilen nur
ſo dem Graben, wie du biſt, und erſcheine den Trojanern,
vielleicht ſtehen ſie vom Kampf ab, wenn ſie dich nur
erblicken; und den Griechen iſt Erholung gegönnt.“

Als Iris wieder entflogen war, erhub ſich der gött¬
liche Achilles. Athene ſelbſt hängte ihm ihren Aegisſchild
um die Schulter, und umgab ſein Geſicht mit überirdiſchem
Glanze. So trat er ſchnell durch Wall und Mauer zum
Graben; doch miſchte er ſich, der mütterlichen Warnung
eingedenk, nicht in den Kampf, ſondern blieb von ferne
ſtehen und ſchrie, und in ſeinen Ausruf miſchte ſich der
Ruf Minerva's, daß er wie eine Kriegspoſaune ins Ohr
der Trojaner tönte. Als ſie die eherne Stimme des Pe¬
liden vernahmen, füllte ſich ihr Herz mit unheilvoller
Ahnung, und Wagen und Roſſe wandten ſich rückwärts;
mit Grauen ſahen die Lenker um das Haupt des Peliden
die Flamme brennen, und vor ſeinem dreifachen Schrei
vom Graben her zerſtob dreimal das Schlachtgewühl der
Troer, und zwölf ihrer tapferſten Männer fielen in dem
Gewühl, unter den Wagen und Lanzen ihrer eigenen
Freunde. Jetzt war Patroklus den Geſchoſſen entriſſen,
die Helden legten ihn auf Betten, und voll Wehmuth

Schwab, das klaſſ. Alterthum. II. 16
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[241/0263] wie ſoll ich zur Schlacht gehen?“ fragte erwiedernd Achil¬ les die Götterbotin, „da die Feinde meine Rüſtung haben. Auch hat mir meine Mutter ſelbſt alle Bewaffnung ver¬ boten, bis ich ſie ſelbſt mit einer neuen Rüſtung von Hephäſtus zurückkehren ſehen würde. Ich weiß Niemand, deſſen Waffen mir gerecht wären, es müßte denn der Rieſenſchild des Ajax ſeyn; aber der hat und braucht ihn ſelber zum Schutze meines erſchlagenen Freundes!“ „Wohl wiſſen wir,“ antwortete ihm Iris, „daß du deiner herr¬ lichen Waffen beraubt biſt, aber nahe dich einſtweilen nur ſo dem Graben, wie du biſt, und erſcheine den Trojanern, vielleicht ſtehen ſie vom Kampf ab, wenn ſie dich nur erblicken; und den Griechen iſt Erholung gegönnt.“ Als Iris wieder entflogen war, erhub ſich der gött¬ liche Achilles. Athene ſelbſt hängte ihm ihren Aegisſchild um die Schulter, und umgab ſein Geſicht mit überirdiſchem Glanze. So trat er ſchnell durch Wall und Mauer zum Graben; doch miſchte er ſich, der mütterlichen Warnung eingedenk, nicht in den Kampf, ſondern blieb von ferne ſtehen und ſchrie, und in ſeinen Ausruf miſchte ſich der Ruf Minerva's, daß er wie eine Kriegspoſaune ins Ohr der Trojaner tönte. Als ſie die eherne Stimme des Pe¬ liden vernahmen, füllte ſich ihr Herz mit unheilvoller Ahnung, und Wagen und Roſſe wandten ſich rückwärts; mit Grauen ſahen die Lenker um das Haupt des Peliden die Flamme brennen, und vor ſeinem dreifachen Schrei vom Graben her zerſtob dreimal das Schlachtgewühl der Troer, und zwölf ihrer tapferſten Männer fielen in dem Gewühl, unter den Wagen und Lanzen ihrer eigenen Freunde. Jetzt war Patroklus den Geſchoſſen entriſſen, die Helden legten ihn auf Betten, und voll Wehmuth Schwab, das klaſſ. Alterthum. II. 16

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/263>, abgerufen am 22.11.2024.