bringen? Und welcher andere der edelsten Bürger, der eine Tochter hat, wird sie, wenn ich es auch wagen woll¬ te, sie ihm abzuverlangen, mir ausliefern? So würde mir, während ich den auswärtigen Krieg zu beendigen bedacht bin, in der Stadt selbst der Bürgerkrieg erwa¬ chen!" Mit Schrecken hörten die Söhne des Herkules die angstvollen Zweifel ihres Beschützers. "Weh uns, rief Jolaus, "die wir Schiffbrüchigen gleichen, die schon den Strand erreicht haben, und vom Sturme wieder in die hohe See herausgeschleudert werden! Eitle Hoff¬ nung, warum hast du uns in deine Träume eingewiegt? Wir sind verloren, Kinder, nun wird er uns ausliefern, und können wirs ihm verdenken?" Doch auf einmal blitzte ein Strahl der Hoffnung in dem Auge des Greisen. "Weißest du, was mir der Geist eingiebt, König, was uns alle retten wird? Hilf mir dazu, daß es geschieht! Liefere mich dem Eurystheus aus, anstatt dieser Söhne des Herkules! Gewiß würde Jener am liebsten mir, dem steten Begleiter des großen Helden, einen schmählichen Tod anthun. Ich aber bin ein alter Mann: gern opfere ich meine Seele für diese Jünglinge!" -- "Dein Aner¬ bieten ist edel," erwiederte Demophoon traurig, "aber es kann uns nicht helfen. Meinst du, Eurystheus werde sich mit dem Tode eines Greisen zufrieden stellen? Nein, das Geschlecht des Herkules selbst, das junge, blühende will er ausrotten. Weißest du einen andern Rath, so sage mir ihn, dieser aber ist vergeblich."
bringen? Und welcher andere der edelſten Bürger, der eine Tochter hat, wird ſie, wenn ich es auch wagen woll¬ te, ſie ihm abzuverlangen, mir ausliefern? So würde mir, während ich den auswärtigen Krieg zu beendigen bedacht bin, in der Stadt ſelbſt der Bürgerkrieg erwa¬ chen!“ Mit Schrecken hörten die Söhne des Herkules die angſtvollen Zweifel ihres Beſchützers. „Weh uns, rief Jolaus, „die wir Schiffbrüchigen gleichen, die ſchon den Strand erreicht haben, und vom Sturme wieder in die hohe See herausgeſchleudert werden! Eitle Hoff¬ nung, warum haſt du uns in deine Träume eingewiegt? Wir ſind verloren, Kinder, nun wird er uns ausliefern, und können wirs ihm verdenken?“ Doch auf einmal blitzte ein Strahl der Hoffnung in dem Auge des Greiſen. „Weißeſt du, was mir der Geiſt eingiebt, König, was uns alle retten wird? Hilf mir dazu, daß es geſchieht! Liefere mich dem Euryſtheus aus, anſtatt dieſer Söhne des Herkules! Gewiß würde Jener am liebſten mir, dem ſteten Begleiter des großen Helden, einen ſchmählichen Tod anthun. Ich aber bin ein alter Mann: gern opfere ich meine Seele für dieſe Jünglinge!“ — „Dein Aner¬ bieten iſt edel,“ erwiederte Demophoon traurig, „aber es kann uns nicht helfen. Meinſt du, Euryſtheus werde ſich mit dem Tode eines Greiſen zufrieden ſtellen? Nein, das Geſchlecht des Herkules ſelbſt, das junge, blühende will er ausrotten. Weißeſt du einen andern Rath, ſo ſage mir ihn, dieſer aber iſt vergeblich.“
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bringen? Und welcher andere der edelſten Bürger, der
eine Tochter hat, wird ſie, wenn ich es auch wagen woll¬
te, ſie ihm abzuverlangen, mir ausliefern? So würde
mir, während ich den auswärtigen Krieg zu beendigen
bedacht bin, in der Stadt ſelbſt der Bürgerkrieg erwa¬
chen!“ Mit Schrecken hörten die Söhne des Herkules
die angſtvollen Zweifel ihres Beſchützers. „Weh uns,
rief Jolaus, „die wir Schiffbrüchigen gleichen, die ſchon
den Strand erreicht haben, und vom Sturme wieder in
die hohe See herausgeſchleudert werden! Eitle Hoff¬
nung, warum haſt du uns in deine Träume eingewiegt?
Wir ſind verloren, Kinder, nun wird er uns ausliefern,
und können wirs ihm verdenken?“ Doch auf einmal
blitzte ein Strahl der Hoffnung in dem Auge des Greiſen.
„Weißeſt du, was mir der Geiſt eingiebt, König, was
uns alle retten wird? Hilf mir dazu, daß es geſchieht!
Liefere mich dem Euryſtheus aus, anſtatt dieſer Söhne
des Herkules! Gewiß würde Jener am liebſten mir, dem
ſteten Begleiter des großen Helden, einen ſchmählichen
Tod anthun. Ich aber bin ein alter Mann: gern opfere
ich meine Seele für dieſe Jünglinge!“ — „Dein Aner¬
bieten iſt edel,“ erwiederte Demophoon traurig, „aber es
kann uns nicht helfen. Meinſt du, Euryſtheus werde ſich
mit dem Tode eines Greiſen zufrieden ſtellen? Nein,
das Geſchlecht des Herkules ſelbſt, das junge, blühende
will er ausrotten. Weißeſt du einen andern Rath, ſo
ſage mir ihn, dieſer aber iſt vergeblich.“
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/418>, abgerufen am 24.11.2024.
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