Als Alkmäon von Thebe zurückgekehrt war, dachte er darauf, auch den zweiten Theil des Orakelspruches zu erfüllen und an seiner Mutter, der Mörderin seines Va¬ ters, Rache zu nehmen. Seine Erbitterung gegen sie war noch gewachsen, als er nach seiner Zurückkunft erfahren hatte, daß Eriphyle, auch ihn zu verrathen, Geschenke ge¬ nommen habe. Er glaubte sie nicht länger schonen zu müßen, überfiel sie mit dem Schwerdte und ermordete sie. Dann nahm er das Halsband und den Schleier zur Hand und verließ das älterliche Haus, das ihm ein Greuel ge¬ worden war. Aber obgleich die Rache des Vaters ihm vom Orakel befohlen worden war, so war doch auch wieder der Muttermord für sich ein Frevel wider die Natur und die Götter konnten ihn nicht ungestraft lassen. So wurde denn zur Verfolgung des Alkmäon eine Furie gesandt, und er mit Wahnsinn geschlagen. In diesem Zustande kam er zuerst nach Arkadien zum Könige Oikleus. Aber hier gönnte ihm die Furie keine Ruhe und er mußte wei¬ ter wandern. Endlich fand er eine Zufluchtsstätte zu Phocis bei dem Könige Phegeus. Von diesem entsündigt, erhielt er die Hand seiner Tochter Arsinoe, und die ver¬ hängnißvollen Geschenke, Halsband und Schleier, wan¬ derten nun in ihren Besitz. Alkmäon war jetzt zwar vom Wahnsinne frei, der Fluch jedoch noch nicht ganz von seinem Haupte genommen, denn das Land seines Schwä¬ hers wurde um seiner Anwesenheit willen mit Unfrucht¬ barkeit heimgesucht. Alkmäon befragte das Orakel; dieses aber fertigte ihn mit dem trostlosen Ausspruche ab: er
Alkmäon und das Halsband.
Als Alkmäon von Thebe zurückgekehrt war, dachte er darauf, auch den zweiten Theil des Orakelſpruches zu erfüllen und an ſeiner Mutter, der Mörderin ſeines Va¬ ters, Rache zu nehmen. Seine Erbitterung gegen ſie war noch gewachſen, als er nach ſeiner Zurückkunft erfahren hatte, daß Eriphyle, auch ihn zu verrathen, Geſchenke ge¬ nommen habe. Er glaubte ſie nicht länger ſchonen zu müßen, überfiel ſie mit dem Schwerdte und ermordete ſie. Dann nahm er das Halsband und den Schleier zur Hand und verließ das älterliche Haus, das ihm ein Greuel ge¬ worden war. Aber obgleich die Rache des Vaters ihm vom Orakel befohlen worden war, ſo war doch auch wieder der Muttermord für ſich ein Frevel wider die Natur und die Götter konnten ihn nicht ungeſtraft laſſen. So wurde denn zur Verfolgung des Alkmäon eine Furie geſandt, und er mit Wahnſinn geſchlagen. In dieſem Zuſtande kam er zuerſt nach Arkadien zum Könige Oïkleus. Aber hier gönnte ihm die Furie keine Ruhe und er mußte wei¬ ter wandern. Endlich fand er eine Zufluchtsſtätte zu Phocis bei dem Könige Phegeus. Von dieſem entſündigt, erhielt er die Hand ſeiner Tochter Arſinoe, und die ver¬ hängnißvollen Geſchenke, Halsband und Schleier, wan¬ derten nun in ihren Beſitz. Alkmäon war jetzt zwar vom Wahnſinne frei, der Fluch jedoch noch nicht ganz von ſeinem Haupte genommen, denn das Land ſeines Schwä¬ hers wurde um ſeiner Anweſenheit willen mit Unfrucht¬ barkeit heimgeſucht. Alkmäon befragte das Orakel; dieſes aber fertigte ihn mit dem troſtloſen Ausſpruche ab: er
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Alkmäon und das Halsband.
Als Alkmäon von Thebe zurückgekehrt war, dachte
er darauf, auch den zweiten Theil des Orakelſpruches zu
erfüllen und an ſeiner Mutter, der Mörderin ſeines Va¬
ters, Rache zu nehmen. Seine Erbitterung gegen ſie war
noch gewachſen, als er nach ſeiner Zurückkunft erfahren
hatte, daß Eriphyle, auch ihn zu verrathen, Geſchenke ge¬
nommen habe. Er glaubte ſie nicht länger ſchonen zu
müßen, überfiel ſie mit dem Schwerdte und ermordete ſie.
Dann nahm er das Halsband und den Schleier zur Hand
und verließ das älterliche Haus, das ihm ein Greuel ge¬
worden war. Aber obgleich die Rache des Vaters ihm vom
Orakel befohlen worden war, ſo war doch auch wieder der
Muttermord für ſich ein Frevel wider die Natur und
die Götter konnten ihn nicht ungeſtraft laſſen. So wurde
denn zur Verfolgung des Alkmäon eine Furie geſandt,
und er mit Wahnſinn geſchlagen. In dieſem Zuſtande
kam er zuerſt nach Arkadien zum Könige Oïkleus. Aber
hier gönnte ihm die Furie keine Ruhe und er mußte wei¬
ter wandern. Endlich fand er eine Zufluchtsſtätte zu
Phocis bei dem Könige Phegeus. Von dieſem entſündigt,
erhielt er die Hand ſeiner Tochter Arſinoe, und die ver¬
hängnißvollen Geſchenke, Halsband und Schleier, wan¬
derten nun in ihren Beſitz. Alkmäon war jetzt zwar vom
Wahnſinne frei, der Fluch jedoch noch nicht ganz von
ſeinem Haupte genommen, denn das Land ſeines Schwä¬
hers wurde um ſeiner Anweſenheit willen mit Unfrucht¬
barkeit heimgeſucht. Alkmäon befragte das Orakel; dieſes
aber fertigte ihn mit dem troſtloſen Ausſpruche ab: er
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/408>, abgerufen am 23.11.2024.
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