klärte sich berufen, für jenen Todten Sorge zu tragen, und entließ das versammelte Volk. Sodann ließ er in's ganze Land die Verkündigung ausgehen, wem irgend eine Kunde von dem Mörder des Laius worden wäre, der sollte Alles anzeigen, auch wer in fremdem Lande darum wüßte, dem sollte für seine Angabe der Lohn und Dank der Stadt zu Theil werden. Der dagegen, der für einen Freund besorgt, schweigen und die Schuld der Mitwisser¬ schaft von sich abwälzen wollte, der sollte von allem Götterdienst, von Opfermahlen, ja von Umgang und Unterredung mit seinen Mitbürgern ausgeschlossen wer¬ den. Den Thäter selbst endlich verfluchte er unter schauerlichen Betheurungen, wünschte ihm Noth und Plage durch das ganze Leben an, und zuletzt das Verder¬ ben. Und das sollte ihm widerfahren, selbst wenn er am Herde des Königes verborgen lebte. Zu allem dem sandte er zwei Boten an den blinden Seher Tiresias, der an Einsicht und Blick ins Verborgene fast dem wahrsagenden Apollo selber gleich kam. Dieser erschien auch bald von der Hand eines leitenden Knaben geführt vor dem Könige und in der Volksversammlung. Oedipus trug ihm die Sorge vor, die ihn und das ganze Land quäle. Er bat ihn, seine Seherkunst anzuwenden, um ihnen auf die Spur des Mordes zu verhelfen.
Aber Tiresias brach in einen Wehruf aus, und sprach, indem er seine Hände abwehrend gegen den König ausstreckte: "Entsetzlich ist das Wissen, das dem Wis¬ senden nur Unheil bringt! Laß mich heimkehren, König; trag du das deine, und laß mich das meine tragen!" Oedipus drang jetzt um so mehr in den Seher, und das Volk, das ihn umringte, warf sich flehend vor ihm auf
klärte ſich berufen, für jenen Todten Sorge zu tragen, und entließ das verſammelte Volk. Sodann ließ er in’s ganze Land die Verkündigung ausgehen, wem irgend eine Kunde von dem Mörder des Laïus worden wäre, der ſollte Alles anzeigen, auch wer in fremdem Lande darum wüßte, dem ſollte für ſeine Angabe der Lohn und Dank der Stadt zu Theil werden. Der dagegen, der für einen Freund beſorgt, ſchweigen und die Schuld der Mitwiſſer¬ ſchaft von ſich abwälzen wollte, der ſollte von allem Götterdienſt, von Opfermahlen, ja von Umgang und Unterredung mit ſeinen Mitbürgern ausgeſchloſſen wer¬ den. Den Thäter ſelbſt endlich verfluchte er unter ſchauerlichen Betheurungen, wünſchte ihm Noth und Plage durch das ganze Leben an, und zuletzt das Verder¬ ben. Und das ſollte ihm widerfahren, ſelbſt wenn er am Herde des Königes verborgen lebte. Zu allem dem ſandte er zwei Boten an den blinden Seher Tireſias, der an Einſicht und Blick ins Verborgene faſt dem wahrſagenden Apollo ſelber gleich kam. Dieſer erſchien auch bald von der Hand eines leitenden Knaben geführt vor dem Könige und in der Volksverſammlung. Oedipus trug ihm die Sorge vor, die ihn und das ganze Land quäle. Er bat ihn, ſeine Seherkunſt anzuwenden, um ihnen auf die Spur des Mordes zu verhelfen.
Aber Tireſias brach in einen Wehruf aus, und ſprach, indem er ſeine Hände abwehrend gegen den König ausſtreckte: „Entſetzlich iſt das Wiſſen, das dem Wiſ¬ ſenden nur Unheil bringt! Laß mich heimkehren, König; trag du das deine, und laß mich das meine tragen!“ Oedipus drang jetzt um ſo mehr in den Seher, und das Volk, das ihn umringte, warf ſich flehend vor ihm auf
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klärte ſich berufen, für jenen Todten Sorge zu tragen,
und entließ das verſammelte Volk. Sodann ließ er in’s
ganze Land die Verkündigung ausgehen, wem irgend eine
Kunde von dem Mörder des Laïus worden wäre, der
ſollte Alles anzeigen, auch wer in fremdem Lande darum
wüßte, dem ſollte für ſeine Angabe der Lohn und Dank
der Stadt zu Theil werden. Der dagegen, der für einen
Freund beſorgt, ſchweigen und die Schuld der Mitwiſſer¬
ſchaft von ſich abwälzen wollte, der ſollte von allem
Götterdienſt, von Opfermahlen, ja von Umgang und
Unterredung mit ſeinen Mitbürgern ausgeſchloſſen wer¬
den. Den Thäter ſelbſt endlich verfluchte er unter
ſchauerlichen Betheurungen, wünſchte ihm Noth und
Plage durch das ganze Leben an, und zuletzt das Verder¬
ben. Und das ſollte ihm widerfahren, ſelbſt wenn er am
Herde des Königes verborgen lebte. Zu allem dem ſandte
er zwei Boten an den blinden Seher Tireſias, der an
Einſicht und Blick ins Verborgene faſt dem wahrſagenden
Apollo ſelber gleich kam. Dieſer erſchien auch bald von der
Hand eines leitenden Knaben geführt vor dem Könige und
in der Volksverſammlung. Oedipus trug ihm die Sorge
vor, die ihn und das ganze Land quäle. Er bat ihn,
ſeine Seherkunſt anzuwenden, um ihnen auf die Spur des
Mordes zu verhelfen.
Aber Tireſias brach in einen Wehruf aus, und
ſprach, indem er ſeine Hände abwehrend gegen den König
ausſtreckte: „Entſetzlich iſt das Wiſſen, das dem Wiſ¬
ſenden nur Unheil bringt! Laß mich heimkehren, König;
trag du das deine, und laß mich das meine tragen!“
Oedipus drang jetzt um ſo mehr in den Seher, und das
Volk, das ihn umringte, warf ſich flehend vor ihm auf
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/346>, abgerufen am 25.11.2024.
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