lands, ein Vogel mit kräftigem Flügelschlage, entgegen. Als er über dem Schiffe schwebte, schüttelte er seine Schwingen und ließ eine spitze Feder fallen, die in der Schulter des Helden Oileus stecken blieb. Verwundet ließ der Held das Ruder fahren: die Genossen staunten, als sie das geflügelte Geschoß erblickten, das ihm in der Schulter steckte. Der, der ihm zunächst saß, zog die Fe¬ der heraus und verband die Wunde. Bald erschien ein zweiter Vogel: den schoß Klytius, der den Bogen schon gespannt hielt, im Fluge, so daß der getroffene mitten in das Schiff herabfiel. "Wohl ist die Insel in der Nähe," sagte da Amphilanus, ein erfahrener Held, "aber trauet jenen Vögeln nicht. Gewiß sind ihrer so viele, daß, wenn wir landeten, wir nicht Pfeile genug hätten, sie zu erle¬ gen. Lasset uns auf ein Mittel sinnen, die kriegslustigen Thiere zu vertreiben. Setzet Alle eure Helme mit hohen nickenden Büschen auf; alsdann rudert abwechslungsweise zur Hälfte, zur andern schmücket das Schiff mit blinken¬ den Lanzen und Schilden aus. Dann erheben wir alle ein entsetzliches Geschrei: wenn das die Vögel hören, dazu die wallenden Helmbüsche, die starrenden Lanzen, die schimmernden Schilde sehen, so werden sie sich fürchten und davon flattern." Der Vorschlag gefiel den Helden und alles geschah, wie er ihnen gerathen hatte. Kein Vogel ließ sich blicken, so lange sie heranruderten und als sie der Insel näher gekommen, mit den Schilden klirrten, flogen ihrer unzählige aufgeschreckt an der Küste auf und in stürmender Flucht über das Schiff hin. Aber wie man die Fensterladen eines Hauses vor dem Hagel schließt, wenn man ihn kommen sieht, so hatten sich die Helden mit den Schilden gedeckt, daß die Stachelfedern herabfie¬
lands, ein Vogel mit kräftigem Flügelſchlage, entgegen. Als er über dem Schiffe ſchwebte, ſchüttelte er ſeine Schwingen und ließ eine ſpitze Feder fallen, die in der Schulter des Helden Oïleus ſtecken blieb. Verwundet ließ der Held das Ruder fahren: die Genoſſen ſtaunten, als ſie das geflügelte Geſchoß erblickten, das ihm in der Schulter ſteckte. Der, der ihm zunächſt ſaß, zog die Fe¬ der heraus und verband die Wunde. Bald erſchien ein zweiter Vogel: den ſchoß Klytius, der den Bogen ſchon geſpannt hielt, im Fluge, ſo daß der getroffene mitten in das Schiff herabfiel. „Wohl iſt die Inſel in der Nähe,“ ſagte da Amphilanus, ein erfahrener Held, „aber trauet jenen Vögeln nicht. Gewiß ſind ihrer ſo viele, daß, wenn wir landeten, wir nicht Pfeile genug hätten, ſie zu erle¬ gen. Laſſet uns auf ein Mittel ſinnen, die kriegsluſtigen Thiere zu vertreiben. Setzet Alle eure Helme mit hohen nickenden Büſchen auf; alsdann rudert abwechslungsweiſe zur Hälfte, zur andern ſchmücket das Schiff mit blinken¬ den Lanzen und Schilden aus. Dann erheben wir alle ein entſetzliches Geſchrei: wenn das die Vögel hören, dazu die wallenden Helmbüſche, die ſtarrenden Lanzen, die ſchimmernden Schilde ſehen, ſo werden ſie ſich fürchten und davon flattern.“ Der Vorſchlag gefiel den Helden und alles geſchah, wie er ihnen gerathen hatte. Kein Vogel ließ ſich blicken, ſo lange ſie heranruderten und als ſie der Inſel näher gekommen, mit den Schilden klirrten, flogen ihrer unzählige aufgeſchreckt an der Küſte auf und in ſtürmender Flucht über das Schiff hin. Aber wie man die Fenſterladen eines Hauſes vor dem Hagel ſchließt, wenn man ihn kommen ſieht, ſo hatten ſich die Helden mit den Schilden gedeckt, daß die Stachelfedern herabfie¬
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lands, ein Vogel mit kräftigem Flügelſchlage, entgegen.
Als er über dem Schiffe ſchwebte, ſchüttelte er ſeine
Schwingen und ließ eine ſpitze Feder fallen, die in der
Schulter des Helden Oïleus ſtecken blieb. Verwundet ließ
der Held das Ruder fahren: die Genoſſen ſtaunten, als
ſie das geflügelte Geſchoß erblickten, das ihm in der
Schulter ſteckte. Der, der ihm zunächſt ſaß, zog die Fe¬
der heraus und verband die Wunde. Bald erſchien ein
zweiter Vogel: den ſchoß Klytius, der den Bogen ſchon
geſpannt hielt, im Fluge, ſo daß der getroffene mitten
in das Schiff herabfiel. „Wohl iſt die Inſel in der Nähe,“
ſagte da Amphilanus, ein erfahrener Held, „aber trauet
jenen Vögeln nicht. Gewiß ſind ihrer ſo viele, daß, wenn
wir landeten, wir nicht Pfeile genug hätten, ſie zu erle¬
gen. Laſſet uns auf ein Mittel ſinnen, die kriegsluſtigen
Thiere zu vertreiben. Setzet Alle eure Helme mit hohen
nickenden Büſchen auf; alsdann rudert abwechslungsweiſe
zur Hälfte, zur andern ſchmücket das Schiff mit blinken¬
den Lanzen und Schilden aus. Dann erheben wir alle
ein entſetzliches Geſchrei: wenn das die Vögel hören, dazu
die wallenden Helmbüſche, die ſtarrenden Lanzen, die
ſchimmernden Schilde ſehen, ſo werden ſie ſich fürchten
und davon flattern.“ Der Vorſchlag gefiel den Helden
und alles geſchah, wie er ihnen gerathen hatte. Kein
Vogel ließ ſich blicken, ſo lange ſie heranruderten und als
ſie der Inſel näher gekommen, mit den Schilden klirrten,
flogen ihrer unzählige aufgeſchreckt an der Küſte auf und
in ſtürmender Flucht über das Schiff hin. Aber wie
man die Fenſterladen eines Hauſes vor dem Hagel ſchließt,
wenn man ihn kommen ſieht, ſo hatten ſich die Helden
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/142>, abgerufen am 24.11.2024.
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