Schurz, Karl: Der Studentencongreß zu Eisenach am 25. September 1848. Bonn, 1848.eine sehr lebhafte und vielseitige Debatte; doch hatte der Grundsatz, daß auch dem Aermsten eine möglichst leichte und freie Selbstbestimmung ermächtigt, so wie der Elektrizismus erleichtert werden sollte; entscheidenden Einfluß auf die Abstimmung. Der Beschluß des Wegfalls der Collegien-Honorare schloß sich ganz folgerecht an die vorigen an. Leider aber kam nun die Versammlung auf den unglücklichen Gedanken, durch ein Surrogat der Honorare die Existenz der unbesoldeten Lehrer zu sichern, wo man denn wieder auf praktische Uebelstände stieß und zum Theil sogar die Gründe leugnete, an die man sich bei der Beschlußnahme hätte anlehnen sollen. Die Bequemlichkeit der Studenten konnte nämlich unzweifelhaft nicht der einzige Grund zur Abschaffung der Collegien-Honorare sein; man wollte auch jene Art der Lehre verbannt wissen, welche durch eine fast merkantilische Handhabung die Würde der Wissenschaft überhaupt befleckt, und die Abhängigkeit des Lehrers von seinem Schüler so leicht in's Unedle ziehen kann. Man wollte durch die mindere Einträglichkeit der eigentlichen praktischen Fachlehre neue Anregung zu einer bisher geringer bezahlter, aber rein wissenschaftlichen Forschung geben. Durch die Bestimmung des § 11 wurde das letztere Prinzip vollkommen geleugnet, indem man, weit entfernt den scandalösen mit der Lehre verbundenen Finanz-Speculationen zu steuern, dieselbe ins Unendliche beförderte, und zwar auf eine Weise, welche dem Verhältniß der Universität zum Staate nicht die geringste Rechnung trug. - Man vergleiche nur die §§ 11 und 9 des Verfassungs-Entwurfes! Es ist da offenbar etwa für folgenden Fall die Möglichkeit gegeben: es kommt ein bekannter Narr, um an der Universität über Goldmacherei, Urgesundheit und dergleichen Dinge zu lehren, denen man eben einen wissenschaftlichen Anstreich nicht absprechen kann; eine große Menge lachlustiger Studenten macht sich den Spaß, seine Vorlesung zu hören - und nun soll der Staat verpflichtet sein, jenem lehrenden Narren die Zahl seiner hörenden Narren zu honoriren! Jedenfalls würde im Fall der häufigen Wiederkehr solcher nicht nur möglichen, sondern wahrscheinlichen Fälle ein Staats-Bankerutt die unausbleibliche Folge dieses § 11 sein. Das Studenten-Parlament eine sehr lebhafte und vielseitige Debatte; doch hatte der Grundsatz, daß auch dem Aermsten eine möglichst leichte und freie Selbstbestimmung ermächtigt, so wie der Elektrizismus erleichtert werden sollte; entscheidenden Einfluß auf die Abstimmung. Der Beschluß des Wegfalls der Collegien-Honorare schloß sich ganz folgerecht an die vorigen an. Leider aber kam nun die Versammlung auf den unglücklichen Gedanken, durch ein Surrogat der Honorare die Existenz der unbesoldeten Lehrer zu sichern, wo man denn wieder auf praktische Uebelstände stieß und zum Theil sogar die Gründe leugnete, an die man sich bei der Beschlußnahme hätte anlehnen sollen. Die Bequemlichkeit der Studenten konnte nämlich unzweifelhaft nicht der einzige Grund zur Abschaffung der Collegien-Honorare sein; man wollte auch jene Art der Lehre verbannt wissen, welche durch eine fast merkantilische Handhabung die Würde der Wissenschaft überhaupt befleckt, und die Abhängigkeit des Lehrers von seinem Schüler so leicht in’s Unedle ziehen kann. Man wollte durch die mindere Einträglichkeit der eigentlichen praktischen Fachlehre neue Anregung zu einer bisher geringer bezahlter, aber rein wissenschaftlichen Forschung geben. Durch die Bestimmung des § 11 wurde das letztere Prinzip vollkommen geleugnet, indem man, weit entfernt den scandalösen mit der Lehre verbundenen Finanz-Speculationen zu steuern, dieselbe ins Unendliche beförderte, und zwar auf eine Weise, welche dem Verhältniß der Universität zum Staate nicht die geringste Rechnung trug. – Man vergleiche nur die §§ 11 und 9 des Verfassungs-Entwurfes! Es ist da offenbar etwa für folgenden Fall die Möglichkeit gegeben: es kommt ein bekannter Narr, um an der Universität über Goldmacherei, Urgesundheit und dergleichen Dinge zu lehren, denen man eben einen wissenschaftlichen Anstreich nicht absprechen kann; eine große Menge lachlustiger Studenten macht sich den Spaß, seine Vorlesung zu hören – und nun soll der Staat verpflichtet sein, jenem lehrenden Narren die Zahl seiner hörenden Narren zu honoriren! Jedenfalls würde im Fall der häufigen Wiederkehr solcher nicht nur möglichen, sondern wahrscheinlichen Fälle ein Staats-Bankerutt die unausbleibliche Folge dieses § 11 sein. Das Studenten-Parlament <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0041" n="39"/> eine sehr lebhafte und vielseitige Debatte; doch hatte der Grundsatz, daß auch dem Aermsten eine möglichst leichte und freie Selbstbestimmung ermächtigt, so wie der Elektrizismus erleichtert werden sollte; entscheidenden Einfluß auf die Abstimmung. Der Beschluß des Wegfalls der Collegien-Honorare schloß sich ganz folgerecht an die vorigen an. Leider aber kam nun die Versammlung auf den unglücklichen Gedanken, durch ein Surrogat der Honorare die Existenz der unbesoldeten Lehrer zu sichern, wo man denn wieder auf praktische Uebelstände stieß und zum Theil sogar die Gründe leugnete, an die man sich bei der Beschlußnahme hätte anlehnen sollen.</p> <p>Die Bequemlichkeit der Studenten konnte nämlich unzweifelhaft nicht der einzige Grund zur Abschaffung der Collegien-Honorare sein; man wollte auch jene Art der Lehre verbannt wissen, welche durch eine fast merkantilische Handhabung die Würde der Wissenschaft überhaupt befleckt, und die Abhängigkeit des Lehrers von seinem Schüler so leicht in’s Unedle ziehen kann. Man wollte durch die mindere Einträglichkeit der eigentlichen praktischen Fachlehre neue Anregung zu einer bisher geringer bezahlter, aber rein wissenschaftlichen Forschung geben. Durch die Bestimmung des § 11 wurde das letztere Prinzip vollkommen geleugnet, indem man, weit entfernt den scandalösen mit der Lehre verbundenen Finanz-Speculationen zu steuern, dieselbe ins Unendliche beförderte, und zwar auf eine Weise, welche dem Verhältniß der Universität zum Staate nicht die geringste Rechnung trug. – Man vergleiche nur die §§ 11 und 9 des Verfassungs-Entwurfes! Es ist da offenbar etwa für folgenden Fall die Möglichkeit gegeben: es kommt ein bekannter Narr, um an der Universität über Goldmacherei, Urgesundheit und dergleichen Dinge zu lehren, denen man eben einen wissenschaftlichen Anstreich nicht absprechen kann; eine große Menge lachlustiger Studenten macht sich den Spaß, seine Vorlesung zu hören – und nun soll der Staat verpflichtet sein, jenem lehrenden Narren die Zahl seiner hörenden Narren zu honoriren! Jedenfalls würde im Fall der häufigen Wiederkehr solcher nicht nur möglichen, sondern wahrscheinlichen Fälle ein Staats-Bankerutt die unausbleibliche Folge dieses § 11 sein. Das Studenten-Parlament </p> </div> </body> </text> </TEI> [39/0041]
eine sehr lebhafte und vielseitige Debatte; doch hatte der Grundsatz, daß auch dem Aermsten eine möglichst leichte und freie Selbstbestimmung ermächtigt, so wie der Elektrizismus erleichtert werden sollte; entscheidenden Einfluß auf die Abstimmung. Der Beschluß des Wegfalls der Collegien-Honorare schloß sich ganz folgerecht an die vorigen an. Leider aber kam nun die Versammlung auf den unglücklichen Gedanken, durch ein Surrogat der Honorare die Existenz der unbesoldeten Lehrer zu sichern, wo man denn wieder auf praktische Uebelstände stieß und zum Theil sogar die Gründe leugnete, an die man sich bei der Beschlußnahme hätte anlehnen sollen.
Die Bequemlichkeit der Studenten konnte nämlich unzweifelhaft nicht der einzige Grund zur Abschaffung der Collegien-Honorare sein; man wollte auch jene Art der Lehre verbannt wissen, welche durch eine fast merkantilische Handhabung die Würde der Wissenschaft überhaupt befleckt, und die Abhängigkeit des Lehrers von seinem Schüler so leicht in’s Unedle ziehen kann. Man wollte durch die mindere Einträglichkeit der eigentlichen praktischen Fachlehre neue Anregung zu einer bisher geringer bezahlter, aber rein wissenschaftlichen Forschung geben. Durch die Bestimmung des § 11 wurde das letztere Prinzip vollkommen geleugnet, indem man, weit entfernt den scandalösen mit der Lehre verbundenen Finanz-Speculationen zu steuern, dieselbe ins Unendliche beförderte, und zwar auf eine Weise, welche dem Verhältniß der Universität zum Staate nicht die geringste Rechnung trug. – Man vergleiche nur die §§ 11 und 9 des Verfassungs-Entwurfes! Es ist da offenbar etwa für folgenden Fall die Möglichkeit gegeben: es kommt ein bekannter Narr, um an der Universität über Goldmacherei, Urgesundheit und dergleichen Dinge zu lehren, denen man eben einen wissenschaftlichen Anstreich nicht absprechen kann; eine große Menge lachlustiger Studenten macht sich den Spaß, seine Vorlesung zu hören – und nun soll der Staat verpflichtet sein, jenem lehrenden Narren die Zahl seiner hörenden Narren zu honoriren! Jedenfalls würde im Fall der häufigen Wiederkehr solcher nicht nur möglichen, sondern wahrscheinlichen Fälle ein Staats-Bankerutt die unausbleibliche Folge dieses § 11 sein. Das Studenten-Parlament
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