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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Dissertatio
Es ist ein Kunst/ unterschiedliche Spiel üben/ wie der Jean Potage,
oder Ockes Bockes der Amsterdammer zumachen pflegte. Aber sagt
mir/ zu was Stand des Menschlichen Lebens dieselbe Künsten nu-
tzen? Also ist auch ein Kunst/ vernünfftig können mit dem Dialectico
reden/ ob die particula bene zuviel seye in definition der Logic, ob
das Wort disserendi Metaphorisch sey? aber wann du auß der
Schul kommest/ hat die Sach kein/ oder wenig Nutzen. Verzeiht mir/
daß ich die Erfindungen und Vorriß müssiggängerischer Menschen
bißweilen pflege zuverlachen. Dann/ was waren dem Menschen sol-
che eingebildete Künsten vonnöhten? Dem Menschen/ sag ich/ der ein
Leib zu allen Verrichtungen taugenlich/ und ein Vernunfft und Rede
die Sachen zu verrichten von der Natur hat? Wir wissen das unzahl-
bar viel Leut mit treflichen/ Gemüth und Tugend gewesen seyn/ und
ohne die Geschickligkeit/ durch angeborne schier Göttliche Natur/
für sich selbsten/ tugendsam und ansehnlich gewesen. Jch glaub daß
der gütige höchste Gott mit sonderbarem Rath bißweilen diß erzei-
ge/ damit er uns lehre/ wie eytel diese Arbeit und unziemliche Begier-
den zuwissen/ wären/ und darthate/ daß öffter zu Lob und Tugend die
Natur ohne Geschickligkeit/ als diese ohne die Natur geholffen habe.
Wann der Alphonsus der Weysen König/ und ein Weyser der Kö-
nigen diß hörete/ siege er vielleicht/ diß seye keines Menschen/ sondern
ein Ochsen Stimm: Aber Edelster König/ verzeihe es diser Welt. Die
Ochsen gelten jetzo mehr als das Studiren. Als vergangene Jahr
unterschiedliche widerwertige Kriegsheer mein Vaterland anfüllt/
haben die Soldaten mir etlich Ochsen verzehrt. Wann ich alle Cice-
ronianische phrases zusammen wurd schaben/ welche ich vorzeiten
im Dictionario, oder im Calepino, oder im gantzen Wald der Wör-
ter/ gelesen had/ kunte ich keine andere Ochsen erkauffen. Wann ich
meine Magd zur Metzg schicke/ kan sie mit güldenen Sententzen/ wel-
che entweder auß dem Seneca oder Plutarcho ich colligirt, oder
vor diesem unter der Grammatisten Tyranney/ mit der Syntax-
Regul umb so viel Maultaschen hab kauffen müssen/ beladen hingien-
ge. Wie ich das red/ wie ich die gar zu viele Erkandnus des Studi-
rens reprehendiren darff/ werd ihr sagen/ ich komme von Sinnen.
Aber ich verhoff oder verdiene entweders Verzeihung/ wann ihr diese
närrische Zeiten examiniren, und Salomonem den verständigsten
aller Menschen auff meiner Seyten hören werdet. Das Gemüth/
spricht er/ hab ich zu Erkantnus der Wissenschafft der Thorheit und
des Verstandes gelendet/ und ich hab erfahren daß es auch ein Ver-
druß des Gemühts seye. Dann bey vieler Weißheit/ ist auch viel
Verdruß begriffen.

Neuli

Diſſertatio
Es iſt ein Kunſt/ unterſchiedliche Spiel uͤben/ wie der Jean Potage,
oder Ockes Bockes der Amſterdammer zumachen pflegte. Aber ſagt
mir/ zu was Stand des Menſchlichen Lebens dieſelbe Kuͤnſten nu-
tzen? Alſo iſt auch ein Kunſt/ vernuͤnfftig koͤnnen mit dem Dialectico
reden/ ob die particula benè zuviel ſeye in definition der Logic, ob
das Wort diſſerendi Metaphoriſch ſey? aber wann du auß der
Schul kommeſt/ hat die Sach kein/ oder wenig Nutzen. Verzeiht mir/
daß ich die Erfindungen und Vorꝛiß muͤſſiggaͤngeriſcher Menſchen
bißweilen pflege zuverlachen. Dann/ was waren dem Menſchen ſol-
che eingebildete Kuͤnſten vonnoͤhten? Dem Menſchen/ ſag ich/ der ein
Leib zu allen Verrichtungen taugenlich/ und ein Vernunfft und Rede
die Sachen zu verꝛichten von der Natur hat? Wir wiſſen das unzahl-
bar viel Leut mit treflichen/ Gemuͤth und Tugend geweſen ſeyn/ und
ohne die Geſchickligkeit/ durch angeborne ſchier Goͤttliche Natur/
fuͤr ſich ſelbſten/ tugendſam und anſehnlich geweſen. Jch glaub daß
der guͤtige hoͤchſte Gott mit ſonderbarem Rath bißweilen diß erzei-
ge/ damit er uns lehre/ wie eytel dieſe Arbeit und unziemliche Begier-
den zuwiſſen/ waͤren/ und darthate/ daß oͤffter zu Lob und Tugend die
Natur ohne Geſchickligkeit/ als dieſe ohne die Natur geholffen habe.
Wann der Alphonſus der Weyſen Koͤnig/ und ein Weyſer der Koͤ-
nigen diß hoͤrete/ ſiege er vielleicht/ diß ſeye keines Menſchen/ ſondern
ein Ochſen Stimm: Aber Edelſter Koͤnig/ verzeihe es diſer Welt. Die
Ochſen gelten jetzo mehr als das Studiren. Als vergangene Jahr
unterſchiedliche widerwertige Kriegsheer mein Vaterland anfuͤllt/
haben die Soldaten mir etlich Ochſen verzehrt. Wann ich alle Cice-
ronianiſche phraſes zuſammen wurd ſchaben/ welche ich vorzeiten
im Dictionario, oder im Calepino, oder im gantzen Wald der Woͤr-
ter/ geleſen had/ kunte ich keine andere Ochſen erkauffen. Wann ich
meine Magd zur Metzg ſchicke/ kan ſie mit guͤldenen Sententzen/ wel-
che entweder auß dem Seneca oder Plutarcho ich colligirt, oder
vor dieſem unter der Grammatiſten Tyranney/ mit der Syntax-
Regul umb ſo viel Maultaſchen hab kauffen muͤſſen/ beladen hingien-
ge. Wie ich das red/ wie ich die gar zu viele Erkandnus des Studi-
rens reprehendiren darff/ werd ihr ſagen/ ich komme von Sinnen.
Aber ich verhoff oder verdiene entweders Verzeihung/ wann ihr dieſe
naͤrꝛiſche Zeiten examiniren, und Salomonem den verſtaͤndigſten
aller Menſchen auff meiner Seyten hoͤren werdet. Das Gemuͤth/
ſpricht er/ hab ich zu Erkantnus der Wiſſenſchafft der Thorheit und
des Verſtandes gelendet/ und ich hab erfahren daß es auch ein Ver-
druß des Gemuͤhts ſeye. Dann bey vieler Weißheit/ iſt auch viel
Verdruß begriffen.

Neuli
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[708/0750] Diſſertatio Es iſt ein Kunſt/ unterſchiedliche Spiel uͤben/ wie der Jean Potage, oder Ockes Bockes der Amſterdammer zumachen pflegte. Aber ſagt mir/ zu was Stand des Menſchlichen Lebens dieſelbe Kuͤnſten nu- tzen? Alſo iſt auch ein Kunſt/ vernuͤnfftig koͤnnen mit dem Dialectico reden/ ob die particula benè zuviel ſeye in definition der Logic, ob das Wort diſſerendi Metaphoriſch ſey? aber wann du auß der Schul kommeſt/ hat die Sach kein/ oder wenig Nutzen. Verzeiht mir/ daß ich die Erfindungen und Vorꝛiß muͤſſiggaͤngeriſcher Menſchen bißweilen pflege zuverlachen. Dann/ was waren dem Menſchen ſol- che eingebildete Kuͤnſten vonnoͤhten? Dem Menſchen/ ſag ich/ der ein Leib zu allen Verrichtungen taugenlich/ und ein Vernunfft und Rede die Sachen zu verꝛichten von der Natur hat? Wir wiſſen das unzahl- bar viel Leut mit treflichen/ Gemuͤth und Tugend geweſen ſeyn/ und ohne die Geſchickligkeit/ durch angeborne ſchier Goͤttliche Natur/ fuͤr ſich ſelbſten/ tugendſam und anſehnlich geweſen. Jch glaub daß der guͤtige hoͤchſte Gott mit ſonderbarem Rath bißweilen diß erzei- ge/ damit er uns lehre/ wie eytel dieſe Arbeit und unziemliche Begier- den zuwiſſen/ waͤren/ und darthate/ daß oͤffter zu Lob und Tugend die Natur ohne Geſchickligkeit/ als dieſe ohne die Natur geholffen habe. Wann der Alphonſus der Weyſen Koͤnig/ und ein Weyſer der Koͤ- nigen diß hoͤrete/ ſiege er vielleicht/ diß ſeye keines Menſchen/ ſondern ein Ochſen Stimm: Aber Edelſter Koͤnig/ verzeihe es diſer Welt. Die Ochſen gelten jetzo mehr als das Studiren. Als vergangene Jahr unterſchiedliche widerwertige Kriegsheer mein Vaterland anfuͤllt/ haben die Soldaten mir etlich Ochſen verzehrt. Wann ich alle Cice- ronianiſche phraſes zuſammen wurd ſchaben/ welche ich vorzeiten im Dictionario, oder im Calepino, oder im gantzen Wald der Woͤr- ter/ geleſen had/ kunte ich keine andere Ochſen erkauffen. Wann ich meine Magd zur Metzg ſchicke/ kan ſie mit guͤldenen Sententzen/ wel- che entweder auß dem Seneca oder Plutarcho ich colligirt, oder vor dieſem unter der Grammatiſten Tyranney/ mit der Syntax- Regul umb ſo viel Maultaſchen hab kauffen muͤſſen/ beladen hingien- ge. Wie ich das red/ wie ich die gar zu viele Erkandnus des Studi- rens reprehendiren darff/ werd ihr ſagen/ ich komme von Sinnen. Aber ich verhoff oder verdiene entweders Verzeihung/ wann ihr dieſe naͤrꝛiſche Zeiten examiniren, und Salomonem den verſtaͤndigſten aller Menſchen auff meiner Seyten hoͤren werdet. Das Gemuͤth/ ſpricht er/ hab ich zu Erkantnus der Wiſſenſchafft der Thorheit und des Verſtandes gelendet/ und ich hab erfahren daß es auch ein Ver- druß des Gemuͤhts ſeye. Dann bey vieler Weißheit/ iſt auch viel Verdruß begriffen. Neuli

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 708. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/750>, abgerufen am 22.11.2024.