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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Von der Kunst reich zu werden.
truncken/ in ein güldines verkehren könnest. O wie angenehm als dann
wird dir seyn auch dieser Widerwärtigkeit Gedächtnus! wie süß wird
dir alsdann seyn/ unter den Sachen so du durch dein Tugend erhal-
ten hast/ nur von diesem zerschlissenen Mäntelein mit deinen Söh-
nen reden/ vor dem Ofen/ wann es kalt seyn wird; wann es heisse Ernd
seyn wird/ an dem Schatten? Jst dir nicht ein grosse Glückseligkeit/
die jenige Reichthum besitzen/ welche vorzeiten der grosse Alexander
ihme zu genügen erachtet? Aber als er gefragt wurd/ was er ihm be-
halten wolte/ weil er soviel und grosse Ding anderen schenckete? Ant-
wortete er; Die Hoffnung wil ich mir behalten. Dann der grosse
König wuste wol/ die Hoffnung sey ein wahrer Schatz/ und gleich
wie ein Erbtheil deren die zu grossen Sachen ihr Datum setzen. Ju-
lius Caesar
als er in Franckreich reisete/ hatte all sein Reichthumb
mit Freygebigkeit außgetheilt und erschöpfft/ schier nichts behalten/
als die Hoffnung.

Henricus Dux Guisius, ein Hochgeborner Fürst/ hatte sein
gantz Patrimonium unter gute Freund außgetheilt/ die Hoff-
nung
ihme behaltend/ und eben von diesem Guisio ist das Sprich-
wort herkommen/ er seye eben wegen dieser grossen Freygebigkeit ein
grosser Gewinner der Frantzosen gewesen. Jst dann nicht dir auch die-
Hoffnung vberblieben? was traurest du derhalben/ daß du des
Alexandri M. Julii Caesaris und Ducis Guisii Fortunam in die-
ser Sach nachfolgest/ und mit Hoffnung lebest. Glaubst du mir nicht
unter diesem/ was für ein Theil des Menschlichen Glücks seye/ ein
Schuldner seyn; Sag mir/ ob nicht deßwegen der Mensch von
Gott erschaffen ist/ daß er ein Schuldner seye? Als wie das Feur ihm
selbst nie leicht ist/ sonder anderen: also der Mensch was guter Natur/
Verstands/ Sitten/ Lieb/ Tugend/ Geschickligkeit er hat/
ist nicht für ihn nur allein/ sondern andern Schuldig.
Der Menschliche Leib/ ist alles der Seel schuldig/ die
Seel ist dem Leib alles schuldig. Waun du alle Glider deß Mensch-
lichen Leibs wirst examinieren/ wirstu sehen daß keines seye/ welches
sein würckung nit dem anderen schuldig ist. Sicht dann das Aug nit
dem Fuß/ der Fuß stehet der Hand/ die Hand greifft dem Mund/ der
Mund isset dem Magen/ der Magen verkocht dem gantzen Leib? Es
ist ein übermenschliche/ und schier Göttliche Sach/ eintweders ein
Schuldner zuseyn/ oder ein Schuldner machen. Dann/ der ein
Schuldner macht/ folget GOtt nach/ dessen Schnldener wir alle
seyn. Der ein Schuldner worden ist/ der erlanget dardurch/ daß er
für sich viel bitter hat zu GOtt. Dann/ was fürbittens vermeinst
du nit/ daß der jenige für dich bey GOtt thut/ dem du schuldig bist?
nemblich/ damit nit wann du stirbest und vergehest/ auch die Schuld

zergehen

Von der Kunſt reich zu werden.
truncken/ in ein guͤldines verkehren koͤnneſt. O wie angenehm als dañ
wird dir ſeyn auch dieſer Widerwaͤrtigkeit Gedaͤchtnus! wie ſuͤß wird
dir alsdann ſeyn/ unter den Sachen ſo du durch dein Tugend erhal-
ten haſt/ nur von dieſem zerſchliſſenen Maͤntelein mit deinen Soͤh-
nen reden/ vor dem Ofen/ wañ es kalt ſeyn wird; wann es heiſſe Ernd
ſeyn wird/ an dem Schatten? Jſt dir nicht ein groſſe Gluͤckſeligkeit/
die jenige Reichthum beſitzen/ welche vorzeiten der groſſe Alexander
ihme zu genuͤgen erachtet? Aber als er gefragt wurd/ was er ihm be-
halten wolte/ weil er ſoviel und groſſe Ding anderen ſchenckete? Ant-
wortete er; Die Hoffnung wil ich mir behalten. Dann der groſſe
Koͤnig wuſte wol/ die Hoffnung ſey ein wahrer Schatz/ und gleich
wie ein Erbtheil deren die zu groſſen Sachen ihr Datum ſetzen. Ju-
lius Cæſar
als er in Franckreich reiſete/ hatte all ſein Reichthumb
mit Freygebigkeit außgetheilt und erſchoͤpfft/ ſchier nichts behalten/
als die Hoffnung.

Henricus Dux Guiſius, ein Hochgeborner Fuͤrſt/ hatte ſein
gantz Patrimonium unter gute Freund außgetheilt/ die Hoff-
nung
ihme behaltend/ und eben von dieſem Guiſio iſt das Sprich-
wort herkommen/ er ſeye eben wegen dieſer groſſen Freygebigkeit ein
groſſer Gewinner der Frantzoſen geweſen. Jſt dann nicht dir auch die-
Hoffnung vberblieben? was traureſt du derhalben/ daß du des
Alexandri M. Julii Cæſaris und Ducis Guiſii Fortunam in die-
ſer Sach nachfolgeſt/ und mit Hoffnung lebeſt. Glaubſt du mir nicht
unter dieſem/ was fuͤr ein Theil des Menſchlichen Gluͤcks ſeye/ ein
Schuldner ſeyn; Sag mir/ ob nicht deßwegen der Menſch von
Gott erſchaffen iſt/ daß er ein Schuldner ſeye? Als wie das Feur ihm
ſelbſt nie leicht iſt/ ſonder anderen: alſo der Menſch was guter Natur/
Verſtands/ Sitten/ Lieb/ Tugend/ Geſchickligkeit er hat/
iſt nicht fuͤr ihn nur allein/ ſondern andern Schuldig.
Der Menſchliche Leib/ iſt alles der Seel ſchuldig/ die
Seel iſt dem Leib alles ſchuldig. Waun du alle Glider deß Menſch-
lichen Leibs wirſt examinieren/ wirſtu ſehen daß keines ſeye/ welches
ſein wuͤrckung nit dem anderen ſchuldig iſt. Sicht dann das Aug nit
dem Fuß/ der Fuß ſtehet der Hand/ die Hand greifft dem Mund/ der
Mund iſſet dem Magen/ der Magen verkocht dem gantzen Leib? Es
iſt ein uͤbermenſchliche/ und ſchier Goͤttliche Sach/ eintweders ein
Schuldner zuſeyn/ oder ein Schuldner machen. Dann/ der ein
Schuldner macht/ folget GOtt nach/ deſſen Schnldener wir alle
ſeyn. Der ein Schuldner worden iſt/ der erlanget dardurch/ daß er
fuͤr ſich viel bitter hat zu GOtt. Dann/ was fuͤrbittens vermeinſt
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[701/0743] Von der Kunſt reich zu werden. truncken/ in ein guͤldines verkehren koͤnneſt. O wie angenehm als dañ wird dir ſeyn auch dieſer Widerwaͤrtigkeit Gedaͤchtnus! wie ſuͤß wird dir alsdann ſeyn/ unter den Sachen ſo du durch dein Tugend erhal- ten haſt/ nur von dieſem zerſchliſſenen Maͤntelein mit deinen Soͤh- nen reden/ vor dem Ofen/ wañ es kalt ſeyn wird; wann es heiſſe Ernd ſeyn wird/ an dem Schatten? Jſt dir nicht ein groſſe Gluͤckſeligkeit/ die jenige Reichthum beſitzen/ welche vorzeiten der groſſe Alexander ihme zu genuͤgen erachtet? Aber als er gefragt wurd/ was er ihm be- halten wolte/ weil er ſoviel und groſſe Ding anderen ſchenckete? Ant- wortete er; Die Hoffnung wil ich mir behalten. Dann der groſſe Koͤnig wuſte wol/ die Hoffnung ſey ein wahrer Schatz/ und gleich wie ein Erbtheil deren die zu groſſen Sachen ihr Datum ſetzen. Ju- lius Cæſar als er in Franckreich reiſete/ hatte all ſein Reichthumb mit Freygebigkeit außgetheilt und erſchoͤpfft/ ſchier nichts behalten/ als die Hoffnung. Henricus Dux Guiſius, ein Hochgeborner Fuͤrſt/ hatte ſein gantz Patrimonium unter gute Freund außgetheilt/ die Hoff- nung ihme behaltend/ und eben von dieſem Guiſio iſt das Sprich- wort herkommen/ er ſeye eben wegen dieſer groſſen Freygebigkeit ein groſſer Gewinner der Frantzoſen geweſen. Jſt dann nicht dir auch die- Hoffnung vberblieben? was traureſt du derhalben/ daß du des Alexandri M. Julii Cæſaris und Ducis Guiſii Fortunam in die- ſer Sach nachfolgeſt/ und mit Hoffnung lebeſt. Glaubſt du mir nicht unter dieſem/ was fuͤr ein Theil des Menſchlichen Gluͤcks ſeye/ ein Schuldner ſeyn; Sag mir/ ob nicht deßwegen der Menſch von Gott erſchaffen iſt/ daß er ein Schuldner ſeye? Als wie das Feur ihm ſelbſt nie leicht iſt/ ſonder anderen: alſo der Menſch was guter Natur/ Verſtands/ Sitten/ Lieb/ Tugend/ Geſchickligkeit er hat/ iſt nicht fuͤr ihn nur allein/ ſondern andern Schuldig. Der Menſchliche Leib/ iſt alles der Seel ſchuldig/ die Seel iſt dem Leib alles ſchuldig. Waun du alle Glider deß Menſch- lichen Leibs wirſt examinieren/ wirſtu ſehen daß keines ſeye/ welches ſein wuͤrckung nit dem anderen ſchuldig iſt. Sicht dann das Aug nit dem Fuß/ der Fuß ſtehet der Hand/ die Hand greifft dem Mund/ der Mund iſſet dem Magen/ der Magen verkocht dem gantzen Leib? Es iſt ein uͤbermenſchliche/ und ſchier Goͤttliche Sach/ eintweders ein Schuldner zuſeyn/ oder ein Schuldner machen. Dann/ der ein Schuldner macht/ folget GOtt nach/ deſſen Schnldener wir alle ſeyn. Der ein Schuldner worden iſt/ der erlanget dardurch/ daß er fuͤr ſich viel bitter hat zu GOtt. Dann/ was fuͤrbittens vermeinſt du nit/ daß der jenige fuͤr dich bey GOtt thut/ dem du ſchuldig biſt? nemblich/ damit nit wann du ſtirbeſt und vergeheſt/ auch die Schuld zergehen

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/743>, abgerufen am 23.11.2024.