Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Abgenötigte angangen. Da wird Herodes etwan nach gehaltener Predigt seinenHof Marschalln gefraget haben; Ob nicht Johannes eine vortreffliche geistreiche Predigt gethan habe? Es sey ein grosser Geist bey dem Manne/ er sey zwar noch jung/ allein wann er in die Ubung komme/ werde er es seinem Vater dem Priester Zachariä weit zuvor thun. Der Hofmarschall wird vielleicht gesagt haben: Ja/ es habe ihm in seinem Hertzen wol gefallen/ als er dem hoffärtigen Pontio Pilato/ und den ehrgeitzigen scheinheiligen Pfaffen zu Jerusalem/ den Hohenprie- stern/ den Phariseern und Schrifftgelehrten die Consonantes so ar- tig expliciret habe. Wann die anwesende Hof Junckern solches ge- höret/ werden sie Herrn Johannsen für einen trefflichen Mann gehal- ten/ und ihm einen Bückling nach dem andern praesentiret haben. Aber da Johannes seinem gnädigen Fürsten und Herrn selbst/ seiner gnädigen Fürstin und Frauen selbst auff den Fuß trate/ und sagte: Es ist nicht recht/ daß du deines Brudern Weib hast/ da war alle Gnade auß/ da war Johannes nicht mehr gelahrt/ da kont er nicht mehr wol predigen. Jch weiß und hab es auß Erfahrung erlernet/ wie es auch an der frömmsten grossen Herrn Höfen hergehe. Gemei- niglich wer einen ungnädigen Herrn hat/ der hat auch einen ungnä- digen Hoff. Weil nun der Fürst und die Fürstin dem Hofprediger gram wor- Bruder/
Abgenoͤtigte angangen. Da wird Herodes etwan nach gehaltener Predigt ſeinenHof Marſchalln gefraget haben; Ob nicht Johannes eine vortreffliche geiſtreiche Predigt gethan habe? Es ſey ein groſſer Geiſt bey dem Manne/ er ſey zwar noch jung/ allein wann er in die Ubung komme/ werde er es ſeinem Vater dem Prieſter Zachariaͤ weit zuvor thun. Der Hofmarſchall wird vielleicht geſagt haben: Ja/ es habe ihm in ſeinem Hertzen wol gefallen/ als er dem hoffaͤrtigen Pontio Pilato/ und den ehrgeitzigen ſcheinheiligen Pfaffen zu Jeruſalem/ den Hohenprie- ſtern/ den Phariſeern und Schrifftgelehrten die Conſonantes ſo ar- tig expliciret habe. Wann die anweſende Hof Junckern ſolches ge- hoͤret/ werden ſie Herꝛn Johannſen fuͤr einen trefflichen Mann gehal- ten/ und ihm einen Buͤckling nach dem andern præſentiret haben. Aber da Johannes ſeinem gnaͤdigen Fuͤrſten und Herꝛn ſelbſt/ ſeiner gnaͤdigen Fuͤrſtin und Frauen ſelbſt auff den Fuß trate/ und ſagte: Es iſt nicht recht/ daß du deines Brudern Weib haſt/ da war alle Gnade auß/ da war Johannes nicht mehr gelahrt/ da kont er nicht mehr wol predigen. Jch weiß und hab es auß Erfahrung erlernet/ wie es auch an der froͤmmſten groſſen Herꝛn Hoͤfen hergehe. Gemei- niglich wer einen ungnaͤdigen Herꝛn hat/ der hat auch einen ungnaͤ- digen Hoff. Weil nun der Fuͤrſt und die Fuͤrſtin dem Hofprediger gram wor- Bruder/
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Abgenoͤtigte
angangen. Da wird Herodes etwan nach gehaltener Predigt ſeinen
Hof Marſchalln gefraget haben; Ob nicht Johannes eine vortreffliche
geiſtreiche Predigt gethan habe? Es ſey ein groſſer Geiſt bey dem
Manne/ er ſey zwar noch jung/ allein wann er in die Ubung komme/
werde er es ſeinem Vater dem Prieſter Zachariaͤ weit zuvor thun. Der
Hofmarſchall wird vielleicht geſagt haben: Ja/ es habe ihm in ſeinem
Hertzen wol gefallen/ als er dem hoffaͤrtigen Pontio Pilato/ und
den ehrgeitzigen ſcheinheiligen Pfaffen zu Jeruſalem/ den Hohenprie-
ſtern/ den Phariſeern und Schrifftgelehrten die Conſonantes ſo ar-
tig expliciret habe. Wann die anweſende Hof Junckern ſolches ge-
hoͤret/ werden ſie Herꝛn Johannſen fuͤr einen trefflichen Mann gehal-
ten/ und ihm einen Buͤckling nach dem andern præſentiret haben.
Aber da Johannes ſeinem gnaͤdigen Fuͤrſten und Herꝛn ſelbſt/ ſeiner
gnaͤdigen Fuͤrſtin und Frauen ſelbſt auff den Fuß trate/ und ſagte:
Es iſt nicht recht/ daß du deines Brudern Weib haſt/ da war alle
Gnade auß/ da war Johannes nicht mehr gelahrt/ da kont er nicht
mehr wol predigen. Jch weiß und hab es auß Erfahrung erlernet/
wie es auch an der froͤmmſten groſſen Herꝛn Hoͤfen hergehe. Gemei-
niglich wer einen ungnaͤdigen Herꝛn hat/ der hat auch einen ungnaͤ-
digen Hoff.
Weil nun der Fuͤrſt und die Fuͤrſtin dem Hofprediger gram wor-
den/ und eine Ungnade auff ihn geworffen haben/ ſo werden ohne zwei-
fel alle Hof Junckern/ Pagen/ Laqueyen/ Kuͤch- und Stalljungen/ wel-
che zuvor ſo groſſe Reverentz vor ihm gemachet/ ihn verſpottet/ und
vermeynet haben/ ſie thun Gott und ihrer gnaͤdigen Herꝛſchafft ei-
nen angenehmen Dienſt daran. Da wird etwan ein Hof Juncker/
wann es Tafelzeit geweſen/ in das Vorgemach kommen ſeyn/ und zu
ſeinen Cammeraden geſagt haben: Er beklage den guten Johannem/
daß er ſein Maul nicht im Zaum koͤnte halten. Der Mann ſey kein
Politicus/ kein Eſtats-Mann/ er ſey niemals unter groſſen Herꝛen
geweſen/ ſondern habe in der Wuͤſten gelegen/ Heuſchrecken und wild
Honig gefreſſen/ er wiſſe ſich nicht in die Welt/ in die Zeit und in die
Leute zu ſchicken/ wann er noch ein Jahr oder drey bey Hofe ſeyn ſolte/
ſo wuͤrde er vielleicht noch wolbegreiffen/ was die Hofmanier ſey. Der
ander wird vielleicht geſagt haben/ der Mann ſey ein Phantaſt/ ein
Narꝛ/ man ſehe es auß ſeinen Kleidungen: Man ſolte fragen/ ob das
die mode im Juͤdiſchen Lande ſey? Ob ſein Vater der Prieſter Za-
charias ein Kleid von Camelhaaren getragen habe? Ob ein Phariſeer
oder Schrifftgelahrter ſich alſo kleide? O wie werden ſie ſonder Zwei-
fel den ledern Guͤrtel durch das ABC. gezogen haben! Der dritte wird
vielleicht geſagt haben/ was das ſey/ daß der Pfaffe da ſtehe/ und mache
Jhre Fuͤrſtl. Gn oͤffentlich zu einem Blutſchaͤnder/ und Jhren Herꝛn
Bruder/
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Zitationshilfe: | Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/698>, abgerufen am 03.07.2024. |