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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Abgenötigte
wird mir nachgesaget/ daß ich das TRACTAETLEIN von den
sieben bösen Geistern
auß M. Peter Glasers Tractätlein auß-
geschrieben habe; Allein der Leser conferire eins mit dem andern/ und
sehe/ wie ich diesen M. Glasern allegiret habe. Jch habe diß Tractät-
lein nit trucken lassen/ daß ich mir damit ein grosses Ansehen machte/
wie die Magistri nostri, nostrique Magistri, Ortwinus Gratius
und andere seines gleichen hiebevor thäten/ sondern weil ich gesehen
habe/ daß in dieser Zeit/ diese Erinnerung/ an diesem Ort/ bey Knech-
ten und Mägden hochnötig sey. Jch habe jüngst eine Reise gethan
durch ein vornehmes Hertzogthumb/ da ich unterschiedene Klagen
gehöret habe über den Muthwillen und Ungehorsam der Knechte und
Mägde/ und es sagt ein ehrlicher Mann: die Stadt N. und die Stadt
N. verderben itzo die Knechte und Mägde im gantzen Niedersachsischen
Cräiß. Dann wann man eine Magd hat/ welcher man nicht alsobald
pfeifft wie sie gerne tantzen wolte/ so sagt sie alsobald: Jch wil nach N.
da kan ich endlich eine Amme werden/ und bekomm deß Jahrs 60. biß
100. M. Lüb. zu Lohn/ ich esse und trincke so wol als Herr und Frau/
und kan zum Neuen Jahr mehr bekommen/ als ich allhier Lohn habe.
Oder sie sagt: ich wil nach der Stadt N. ziehen/ da sind nach der Pest
viel Witwer worden/ da kan ich einen Mann bekommen/ und meinen
eigenen Herd und Feur haben. Wer diesem Unheil/ diesem Ungehor-
sam deß gottlosen Haußgesindes steuret/ der thut nicht nur denen
Haußvätern/ sondern auch Knechten und Mägden selbst/ eben so viel
Dienst/ als er dem Türckischen Käyser thäte/ wann er ihm predigte/
und ihn überredete/ daß er ein Evangelischer guter Christ würde. Jch
wolte wünschen/ daß M. Glaser von den Todten aufferstünde/ und
nicht allein Knechten und Mägden predigte/ wie groß ihre Untreu
sey/ sondern auch Herr und Frauen ermahnete/ warumb Lutherus in
der Außlegung der vierdten Bitte im Vater unser gesetzt habe/ wann
man bitte umb das tägliche Brodt/ solle man auch bitten umb
fromm Gesind. O wie ein gesegnetes Stün Brodt ist das/ wel-
ches man mit frommen Knechten und Mägden isset? Wie dieses Tra-
ctätlein auß M. Glasern außgeschrieben sey/ wird der gelahrte Leser
auß der Collation sehen. Gesetzt aber/ daß es geschehen were/ so ist
das nichts neues unter den Gelehrten in Teutschland/ daß einer auß
dem andern unterweilens etwas entlehne/ und applicire es auff sei-
ne Zeit/ auff seinen Ort/ auff seine Leute. Worzu dienen die grosse Bi-
bliothecae,
als daß gelehrte Leute unterweilens derselben sich ge-
brauchen/ und antiqua proponiren novo modo, nova antiquo
modo?
Jst deßwegen ein guter Schuster zu schelten/ weil er Cordu-
ban beym Kauffmann holet/ und darauß Schue macht/ welche Jun-
gen und Alten zu Masse sind? Das ist auch eine Kunst/ wann ein

Koch

Abgenoͤtigte
wird mir nachgeſaget/ daß ich das TRACTÆTLEIN von den
ſieben boͤſen Geiſtern
auß M. Peter Glaſers Tractaͤtlein auß-
geſchrieben habe; Allein der Leſer conferire eins mit dem andern/ uñ
ſehe/ wie ich dieſen M. Glaſern allegiret habe. Jch habe diß Tractaͤt-
lein nit trucken laſſen/ daß ich mir damit ein groſſes Anſehen machte/
wie die Magiſtri noſtri, noſtrique Magiſtri, Ortwinus Gratius
und andere ſeines gleichen hiebevor thaͤten/ ſondern weil ich geſehen
habe/ daß in dieſer Zeit/ dieſe Erinnerung/ an dieſem Ort/ bey Knech-
ten und Maͤgden hochnoͤtig ſey. Jch habe juͤngſt eine Reiſe gethan
durch ein vornehmes Hertzogthumb/ da ich unterſchiedene Klagẽ
gehoͤret habe uͤber den Muthwillen und Ungehorſam der Knechte und
Maͤgde/ und es ſagt ein ehrlicher Mann: die Stadt N. und die Stadt
N. verderben itzo die Knechte und Maͤgde im gantzen Niederſachſiſchẽ
Craͤiß. Dann wann man eine Magd hat/ welcher man nicht alſobald
pfeifft wie ſie gerne tantzen wolte/ ſo ſagt ſie alſobald: Jch wil nach N.
da kan ich endlich eine Amme werden/ und bekomm deß Jahrs 60. biß
100. M. Luͤb. zu Lohn/ ich eſſe und trincke ſo wol als Herꝛ und Frau/
und kan zum Neuen Jahr mehr bekommen/ als ich allhier Lohn habe.
Oder ſie ſagt: ich wil nach der Stadt N. ziehen/ da ſind nach der Peſt
viel Witwer worden/ da kan ich einen Mann bekommen/ und meinen
eigenen Herd und Feur haben. Wer dieſem Unheil/ dieſem Ungehor-
ſam deß gottloſen Haußgeſindes ſteuret/ der thut nicht nur denen
Haußvaͤtern/ ſondern auch Knechten und Maͤgden ſelbſt/ eben ſo viel
Dienſt/ als er dem Tuͤrckiſchen Kaͤyſer thaͤte/ wann er ihm predigte/
und ihn uͤberꝛedete/ daß er ein Evangeliſcher guter Chriſt wuͤrde. Jch
wolte wuͤnſchen/ daß M. Glaſer von den Todten aufferſtuͤnde/ und
nicht allein Knechten und Maͤgden predigte/ wie groß ihre Untreu
ſey/ ſondern auch Herꝛ und Frauen ermahnete/ warumb Lutherus in
der Außlegung der vierdten Bitte im Vater unſer geſetzt habe/ wann
man bitte umb das taͤgliche Brodt/ ſolle man auch bitten umb
fromm Geſind. O wie ein geſegnetes Stuͤn Brodt iſt das/ wel-
ches man mit frommen Knechten und Maͤgden iſſet? Wie dieſes Tra-
ctaͤtlein auß M. Glaſern außgeſchrieben ſey/ wird der gelahrte Leſer
auß der Collation ſehen. Geſetzt aber/ daß es geſchehen were/ ſo iſt
das nichts neues unter den Gelehrten in Teutſchland/ daß einer auß
dem andern unterweilens etwas entlehne/ und applicire es auff ſei-
ne Zeit/ auff ſeinen Ort/ auff ſeine Leute. Worzu dienen die groſſe Bi-
bliothecæ,
als daß gelehrte Leute unterweilens derſelben ſich ge-
brauchen/ und antiqua proponiren novo modo, nova antiquo
modo?
Jſt deßwegen ein guter Schuſter zu ſchelten/ weil er Cordu-
ban beym Kauffmann holet/ und darauß Schue macht/ welche Jun-
gen und Alten zu Maſſe ſind? Das iſt auch eine Kunſt/ wann ein

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[626/0668] Abgenoͤtigte wird mir nachgeſaget/ daß ich das TRACTÆTLEIN von den ſieben boͤſen Geiſtern auß M. Peter Glaſers Tractaͤtlein auß- geſchrieben habe; Allein der Leſer conferire eins mit dem andern/ uñ ſehe/ wie ich dieſen M. Glaſern allegiret habe. Jch habe diß Tractaͤt- lein nit trucken laſſen/ daß ich mir damit ein groſſes Anſehen machte/ wie die Magiſtri noſtri, noſtrique Magiſtri, Ortwinus Gratius und andere ſeines gleichen hiebevor thaͤten/ ſondern weil ich geſehen habe/ daß in dieſer Zeit/ dieſe Erinnerung/ an dieſem Ort/ bey Knech- ten und Maͤgden hochnoͤtig ſey. Jch habe juͤngſt eine Reiſe gethan durch ein vornehmes Hertzogthumb/ da ich unterſchiedene Klagẽ gehoͤret habe uͤber den Muthwillen und Ungehorſam der Knechte und Maͤgde/ und es ſagt ein ehrlicher Mann: die Stadt N. und die Stadt N. verderben itzo die Knechte und Maͤgde im gantzen Niederſachſiſchẽ Craͤiß. Dann wann man eine Magd hat/ welcher man nicht alſobald pfeifft wie ſie gerne tantzen wolte/ ſo ſagt ſie alſobald: Jch wil nach N. da kan ich endlich eine Amme werden/ und bekomm deß Jahrs 60. biß 100. M. Luͤb. zu Lohn/ ich eſſe und trincke ſo wol als Herꝛ und Frau/ und kan zum Neuen Jahr mehr bekommen/ als ich allhier Lohn habe. Oder ſie ſagt: ich wil nach der Stadt N. ziehen/ da ſind nach der Peſt viel Witwer worden/ da kan ich einen Mann bekommen/ und meinen eigenen Herd und Feur haben. Wer dieſem Unheil/ dieſem Ungehor- ſam deß gottloſen Haußgeſindes ſteuret/ der thut nicht nur denen Haußvaͤtern/ ſondern auch Knechten und Maͤgden ſelbſt/ eben ſo viel Dienſt/ als er dem Tuͤrckiſchen Kaͤyſer thaͤte/ wann er ihm predigte/ und ihn uͤberꝛedete/ daß er ein Evangeliſcher guter Chriſt wuͤrde. Jch wolte wuͤnſchen/ daß M. Glaſer von den Todten aufferſtuͤnde/ und nicht allein Knechten und Maͤgden predigte/ wie groß ihre Untreu ſey/ ſondern auch Herꝛ und Frauen ermahnete/ warumb Lutherus in der Außlegung der vierdten Bitte im Vater unſer geſetzt habe/ wann man bitte umb das taͤgliche Brodt/ ſolle man auch bitten umb fromm Geſind. O wie ein geſegnetes Stuͤn Brodt iſt das/ wel- ches man mit frommen Knechten und Maͤgden iſſet? Wie dieſes Tra- ctaͤtlein auß M. Glaſern außgeſchrieben ſey/ wird der gelahrte Leſer auß der Collation ſehen. Geſetzt aber/ daß es geſchehen were/ ſo iſt das nichts neues unter den Gelehrten in Teutſchland/ daß einer auß dem andern unterweilens etwas entlehne/ und applicire es auff ſei- ne Zeit/ auff ſeinen Ort/ auff ſeine Leute. Worzu dienen die groſſe Bi- bliothecæ, als daß gelehrte Leute unterweilens derſelben ſich ge- brauchen/ und antiqua proponiren novo modo, nova antiquo modo? Jſt deßwegen ein guter Schuſter zu ſchelten/ weil er Cordu- ban beym Kauffmann holet/ und darauß Schue macht/ welche Jun- gen und Alten zu Maſſe ſind? Das iſt auch eine Kunſt/ wann ein Koch

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/668>, abgerufen am 23.11.2024.