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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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De Lana Caprina.
bey weitem nicht so arg und schlim/ als vorzeiten bey Regierung Ti-
berii, Caligulae, Claudii, Vitellii
und Domitiani. Es wären de-
rer noch sehr viel/ die etwan besser lebeten und den Tugenden nach-
hiengen/ wenn sie ersehen könten/ daß ihre rühmliche Thaten belohnet
und erkennet werden möchten. Es seye demnach hoch nothwendig und
viel daran gelegen/ das die so da Tugendhafft/ solche lehren und denen
auch rechtschaffen folgen in Werth und Ehren gehalten und gehand-
habet werden. Tacitus und andere vortrefliche Scribenten mehr/ hät-
ten der Zeiten darinnen sie gelebet/ Laster und Gebreben wol gewust/
hätten doch lieber die wollen verschweigen/ als solch seculum diffa-
miren
und außschreyen/ und den Nachkömlingen Wege und Gele-
genheit zu solchen Ergernüssen zeigen und weisen. Endlich und zuletzt/
habe er ernstlich vermahnet und erinnert/ es seye wider das Unglück
kein besser remediun als die Tugend/ die die allerheilsamste vorschlä-
ge thue und gebe/ und eine getreueste Gefertin seye/ alle Laster zu über-
winden/ auch alles andere Ubel und Unheil überweltige. Es hatte Sene-
ca
zu reden noch nicht auffgehöret; hat Apollo in herrlicher Kürtze
also angefangen. Zwey Dinge seyen/ die alles Elend und Widerwer-
tigkeit in eine anmuhtige Liebligkeit verändern und verwächslen; Die
Liebe Gottes und die Arbeit. Was schadets/ wenn dieser oder
jener unbekandt/ verborgen ligt und wenig geachtet wird; was ist sich
zu verwundern/ wenn das viel unter Creutz und Elend seufftzen? Das
diese von Tag zu Tag wachsen und zuneymen. Es stehet dahin/ ob der
kluge spitzfindige Machiavellus mit allen seinem Anhang/ Lachens
oder Mitleidens würdig und werth seye? Gleich als wenn der politi-
corum simuliren
und dissimuliren mehr vermöchten als die Gött-
liche Allmacht/ die in einem Augenblick alle diese Spitzfindigkeit und
Argelist zu nichts machen und in solcher Urheber kehren und wenden
kan. O ihr liebe Teutsche/ erinnert euch euerer Teutschen Redlig- und
Aufrichtigkeit/ und lasset den Welschen ihr simuliren und betrügen/
lernet und pflantzet in euren Hertzen/ die rechte und wahre Liebe
Gottes.
O welchen grossen Nutzen werdet ihr davon haben. Bey
euch wird seyn die unbetrügliche Hoffnung des ewigen seligen Lebens.
Was kan doch süsser/ was kan immer lieblicher seyn/ als diese? Was
ist köstlicher als diese? Sie wird euch das Creutz zu lauterem Glück
machen. Mit einem Worte/ wenn ihr weise seyet/ so ehret Gott also/
als hülffe keine Arbeit/ und arbeitet also/ als hülffe Gott nicht. Arbei-
tet sage ich/ denn ehrlich arbeiten ist besser als Müssiggang/ Trincken
und Buhlschafften. Müssiggang bringt entweder Furcht oder böse
Hoffnung. Die Furcht vermehret die zustossende Unglück/ oder daß
wir scheuen/ das was uns nie nicht schadet. Die Geilheit und unziem-
liche Buhlschafft aber ist eine kurtze Empfindligkeit/ hingegen ein im-
merwehrender Schmertzen/ und unendliche Schande. Das viele zu

trin-
D d iij

De Lana Caprina.
bey weitem nicht ſo arg und ſchlim/ als vorzeiten bey Regierung Ti-
berii, Caligulæ, Claudii, Vitellii
und Domitiani. Es waͤren de-
rer noch ſehr viel/ die etwan beſſer lebeten und den Tugenden nach-
hiengen/ wenn ſie erſehen koͤnten/ daß ihre ruͤhmliche Thaten belohnet
und erkennet werden moͤchten. Es ſeye demnach hoch nothwendig und
viel daran gelegen/ das die ſo da Tugendhafft/ ſolche lehren und denen
auch rechtſchaffen folgen in Werth und Ehren gehalten und gehand-
habet werden. Tacitus und andere vortrefliche Scribenten mehr/ haͤt-
ten der Zeiten darinnen ſie gelebet/ Laſter und Gebreben wol gewuſt/
haͤtten doch lieber die wollen verſchweigen/ als ſolch ſeculum diffa-
miren
und außſchreyen/ und den Nachkoͤmlingen Wege und Gele-
genheit zu ſolchen Ergernuͤſſen zeigen und weiſen. Endlich und zuletzt/
habe er ernſtlich vermahnet und erinnert/ es ſeye wider das Ungluͤck
kein beſſer remediũ als die Tugend/ die die allerheilſamſte vorſchlaͤ-
ge thue und gebe/ und eine getreueſte Gefertin ſeye/ alle Laſter zu uͤber-
windẽ/ auch alles andere Ubel uñ Unheil uͤberweltige. Es hatte Sene-
ca
zu reden noch nicht auffgehoͤret; hat Apollo in herꝛlicher Kuͤrtze
alſo angefangen. Zwey Dinge ſeyen/ die alles Elend und Widerwer-
tigkeit in eine anmuhtige Liebligkeit veraͤndern und verwaͤchslen; Die
Liebe Gottes und die Arbeit. Was ſchadets/ wenn dieſer oder
jener unbekandt/ verborgen ligt und wenig geachtet wird; was iſt ſich
zu verwundern/ wenn das viel unter Creutz und Elend ſeufftzen? Das
dieſe von Tag zu Tag wachſen und zuneymen. Es ſtehet dahin/ ob der
kluge ſpitzfindige Machiavellus mit allen ſeinem Anhang/ Lachens
oder Mitleidens wuͤrdig und werth ſeye? Gleich als wenn der politi-
corum ſimuliren
und diſſimuliren mehꝛ vermoͤchten als die Goͤtt-
liche Allmacht/ die in einem Augenblick alle dieſe Spitzfindigkeit und
Argeliſt zu nichts machen und in ſolcher Urheber kehren und wenden
kan. O ihr liebe Teutſche/ erinnert euch euerer Teutſchen Redlig- und
Aufrichtigkeit/ und laſſet den Welſchen ihr ſimuliren und betruͤgen/
lernet und pflantzet in euren Hertzen/ die rechte und wahre Liebe
Gottes.
O welchen groſſen Nutzen werdet ihr davon haben. Bey
euch wird ſeyn die unbetruͤgliche Hoffnung des ewigen ſeligen Lebens.
Was kan doch ſuͤſſer/ was kan immer lieblicher ſeyn/ als dieſe? Was
iſt koͤſtlicher als dieſe? Sie wird euch das Creutz zu lauterem Gluͤck
machen. Mit einem Worte/ wenn ihr weiſe ſeyet/ ſo ehret Gott alſo/
als huͤlffe keine Arbeit/ und arbeitet alſo/ als huͤlffe Gott nicht. Arbei-
tet ſage ich/ denn ehrlich arbeiten iſt beſſer als Muͤſſiggang/ Trincken
und Buhlſchafften. Muͤſſiggang bringt entweder Furcht oder boͤſe
Hoffnung. Die Furcht vermehret die zuſtoſſende Ungluͤck/ oder daß
wir ſcheuen/ das was uns nie nicht ſchadet. Die Geilheit und unziem-
liche Buhlſchafft aber iſt eine kurtze Empfindligkeit/ hingegen ein im-
merwehrender Schmertzen/ und unendliche Schande. Das viele zu

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[421/0463] De Lana Caprina. bey weitem nicht ſo arg und ſchlim/ als vorzeiten bey Regierung Ti- berii, Caligulæ, Claudii, Vitellii und Domitiani. Es waͤren de- rer noch ſehr viel/ die etwan beſſer lebeten und den Tugenden nach- hiengen/ wenn ſie erſehen koͤnten/ daß ihre ruͤhmliche Thaten belohnet und erkennet werden moͤchten. Es ſeye demnach hoch nothwendig und viel daran gelegen/ das die ſo da Tugendhafft/ ſolche lehren und denen auch rechtſchaffen folgen in Werth und Ehren gehalten und gehand- habet werden. Tacitus und andere vortrefliche Scribenten mehr/ haͤt- ten der Zeiten darinnen ſie gelebet/ Laſter und Gebreben wol gewuſt/ haͤtten doch lieber die wollen verſchweigen/ als ſolch ſeculum diffa- miren und außſchreyen/ und den Nachkoͤmlingen Wege und Gele- genheit zu ſolchen Ergernuͤſſen zeigen und weiſen. Endlich und zuletzt/ habe er ernſtlich vermahnet und erinnert/ es ſeye wider das Ungluͤck kein beſſer remediũ als die Tugend/ die die allerheilſamſte vorſchlaͤ- ge thue und gebe/ und eine getreueſte Gefertin ſeye/ alle Laſter zu uͤber- windẽ/ auch alles andere Ubel uñ Unheil uͤberweltige. Es hatte Sene- ca zu reden noch nicht auffgehoͤret; hat Apollo in herꝛlicher Kuͤrtze alſo angefangen. Zwey Dinge ſeyen/ die alles Elend und Widerwer- tigkeit in eine anmuhtige Liebligkeit veraͤndern und verwaͤchslen; Die Liebe Gottes und die Arbeit. Was ſchadets/ wenn dieſer oder jener unbekandt/ verborgen ligt und wenig geachtet wird; was iſt ſich zu verwundern/ wenn das viel unter Creutz und Elend ſeufftzen? Das dieſe von Tag zu Tag wachſen und zuneymen. Es ſtehet dahin/ ob der kluge ſpitzfindige Machiavellus mit allen ſeinem Anhang/ Lachens oder Mitleidens wuͤrdig und werth ſeye? Gleich als wenn der politi- corum ſimuliren und diſſimuliren mehꝛ vermoͤchten als die Goͤtt- liche Allmacht/ die in einem Augenblick alle dieſe Spitzfindigkeit und Argeliſt zu nichts machen und in ſolcher Urheber kehren und wenden kan. O ihr liebe Teutſche/ erinnert euch euerer Teutſchen Redlig- und Aufrichtigkeit/ und laſſet den Welſchen ihr ſimuliren und betruͤgen/ lernet und pflantzet in euren Hertzen/ die rechte und wahre Liebe Gottes. O welchen groſſen Nutzen werdet ihr davon haben. Bey euch wird ſeyn die unbetruͤgliche Hoffnung des ewigen ſeligen Lebens. Was kan doch ſuͤſſer/ was kan immer lieblicher ſeyn/ als dieſe? Was iſt koͤſtlicher als dieſe? Sie wird euch das Creutz zu lauterem Gluͤck machen. Mit einem Worte/ wenn ihr weiſe ſeyet/ ſo ehret Gott alſo/ als huͤlffe keine Arbeit/ und arbeitet alſo/ als huͤlffe Gott nicht. Arbei- tet ſage ich/ denn ehrlich arbeiten iſt beſſer als Muͤſſiggang/ Trincken und Buhlſchafften. Muͤſſiggang bringt entweder Furcht oder boͤſe Hoffnung. Die Furcht vermehret die zuſtoſſende Ungluͤck/ oder daß wir ſcheuen/ das was uns nie nicht ſchadet. Die Geilheit und unziem- liche Buhlſchafft aber iſt eine kurtze Empfindligkeit/ hingegen ein im- merwehrender Schmertzen/ und unendliche Schande. Das viele zu trin- D d iij

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/463>, abgerufen am 22.11.2024.