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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Lob und Würde

Es redete einsmals ein Knecht wegen einer erledigten Dienst-
stelle seinen Herrn/ der ihm lange Zeit getreulich und wolgedienet al-
so an; Gnädiger Herr/ es ist ein dienstlein unter euch offen/ welches e-
ben gerecht wäre für mich: Spreche ich euch darumb an/ so gelte ich
nichts/ schweige ich/ so kennet man mich nicht: Bitte derhalben sehr
demütig/ mir behülflich zu seyn und günstig zuverhelffen/ wie ich doch
eim stücklein Brod erlangen und zu diesem Dienst kommen möge.
Der Herr fragete: was es denn für ein Dienst seye/ und als er vernom-
men/ sprach er; Ey lieber und getreuer Knecht/ du meritirest und bist
viel eines bessern würdig/ ich wil dich viel mit einem besseren beden-
cken/ der arme Knecht glaubete solchen Worten/ empfing und bekam
zu letzt Nichts. Diese Klugheit der Politicorum ist rühmens
werth/ die immerdar/ damit sie die Gemüter erwecken und zu löbli-
chen Dingen auffmuntern/ neue Belohnungs-Arten ersinnen/ den-
noch dem gemeinen Wesen schaden Nichts. Wo nicht ist der Tu-
gend-Belohnunge/ da ist auch darzu kein Lust noch Liebe: Wo keine
Lust noch Liebe zu der Tugend/ da ist auch zu der Tugend kein Eyffer;
Wo kein Eyfer/ da zerfället die Tugend gantz und gar/ und wird
Nichts. Wollet ihr wissen/ was da schwer sey zu verrichten/ und
dennoch ohne Hoffnung der Belohnunge leicht seye? Nichts.
Thaidi der weitbekanten Huren mangelt ausser dem Willen fromb
und redlich zu seyn Nichts. Dem Zwerch Nano fehlet ausser dem
können groß zu seyn Nichts. Die hochkluge verständige Natur
hat uns Menschen geben eine Zunge und zwo Hände/ daß wir sollen
wenig versprechen thun und verrichten viel. Ein theil Leute aber ver-
meinen sie haben eine Hand und zwo Zungen/ dannenhero verspre-
chen sie viel/ und halten Nichts. Promissis dives quilibet esse po-
test;
Es ist leichter etwas versprechen/ als halten: in deme mir aber
viel von vielen versprochen worden/ habe und besitze ich Nichts.
Wir betrüben und beleidigen die leben und unschuldig sind/ und loben
eben diese wenn sie todt und verstorben sind. Darum halte ich/ daß
dasjenige/ was tunckeler als das Leben/ und weisser als der Tod seyn
solte/ were Nichts.

Damit ich mit dem hochgelehrten Jordano Bruno von dem
heiligen Vater zu Rom nicht dem Feuer zu theil werde/ statuire und
glaube ich/ daß der Himmel sich bewege; die Erde aber stehe und schlies-
se daher daß etliche Weiber/ ja auch etliche Männer himmlische Ge-
mühter haben/ weil sie sich alle Augenblick verändern und die aller un-
beständigsten sind/ haben sie ausser Zweifel von jrrdischen an sich
Nichts.

Was wird in dem Himmel vor eine Freundschafft seyn/ wenn
allhier auff Erden reiner keuscher Eheliebe füsser und anmuhtiger

Nichts
Lob und Wuͤrde

Es redete einsmals ein Knecht wegen einer erledigten Dienſt-
ſtelle ſeinen Herꝛn/ der ihm lange Zeit getreulich und wolgedienet al-
ſo an; Gnaͤdiger Herꝛ/ es iſt ein dienſtlein unter euch offen/ welches e-
ben gerecht waͤre fuͤr mich: Spreche ich euch darumb an/ ſo gelte ich
nichts/ ſchweige ich/ ſo kennet man mich nicht: Bitte derhalben ſehr
demuͤtig/ mir behuͤlflich zu ſeyn und guͤnſtig zuverhelffen/ wie ich doch
eim ſtuͤcklein Brod erlangen und zu dieſem Dienſt kommen moͤge.
Der Herꝛ fragete: was es denn fuͤr ein Dienſt ſeye/ und als er vernom-
men/ ſprach er; Ey lieber und getreuer Knecht/ du meritireſt und biſt
viel eines beſſern wuͤrdig/ ich wil dich viel mit einem beſſeren beden-
cken/ der arme Knecht glaubete ſolchen Worten/ empfing und bekam
zu letzt Nichts. Dieſe Klugheit der Politicorum iſt ruͤhmens
werth/ die immerdar/ damit ſie die Gemuͤter erwecken und zu loͤbli-
chen Dingen auffmuntern/ neue Belohnungs-Arten erſinnen/ den-
noch dem gemeinen Weſen ſchaden Nichts. Wo nicht iſt der Tu-
gend-Belohnunge/ da iſt auch darzu kein Luſt noch Liebe: Wo keine
Luſt noch Liebe zu der Tugend/ da iſt auch zu der Tugend kein Eyffer;
Wo kein Eyfer/ da zerfaͤllet die Tugend gantz und gar/ und wird
Nichts. Wollet ihr wiſſen/ was da ſchwer ſey zu verrichten/ und
dennoch ohne Hoffnung der Belohnunge leicht ſeye? Nichts.
Thaidi der weitbekanten Huren mangelt auſſer dem Willen fromb
und redlich zu ſeyn Nichts. Dem Zwerch Nano fehlet auſſer dem
koͤnnen groß zu ſeyn Nichts. Die hochkluge verſtaͤndige Natur
hat uns Menſchen geben eine Zunge und zwo Haͤnde/ daß wir ſollen
wenig verſprechen thun und verrichten viel. Ein theil Leute aber ver-
meinen ſie haben eine Hand und zwo Zungen/ dannenhero verſpre-
chen ſie viel/ und halten Nichts. Promiſſis dives quilibet eſſe po-
teſt;
Es iſt leichter etwas verſprechen/ als halten: in deme mir aber
viel von vielen verſprochen worden/ habe und beſitze ich Nichts.
Wir betruͤben und beleidigen die leben uñ unſchuldig ſind/ und loben
eben dieſe wenn ſie todt und verſtorben ſind. Darum halte ich/ daß
dasjenige/ was tunckeler als das Leben/ und weiſſer als der Tod ſeyn
ſolte/ were Nichts.

Damit ich mit dem hochgelehrten Jordano Bruno von dem
heiligen Vater zu Rom nicht dem Feuer zu theil werde/ ſtatuire und
glaube ich/ daß der Himmel ſich bewege; die Erde aber ſtehe und ſchlieſ-
ſe daher daß etliche Weiber/ ja auch etliche Maͤnner him̃liſche Ge-
muͤhter haben/ weil ſie ſich alle Augenblick veraͤndern und die aller un-
beſtaͤndigſten ſind/ haben ſie auſſer Zweifel von jrꝛdiſchen an ſich
Nichts.

Was wird in dem Himmel vor eine Freundſchafft ſeyn/ wenn
allhier auff Erden reiner keuſcher Eheliebe fuͤſſer und anmuhtiger

Nichts
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[412/0454] Lob und Wuͤrde Es redete einsmals ein Knecht wegen einer erledigten Dienſt- ſtelle ſeinen Herꝛn/ der ihm lange Zeit getreulich und wolgedienet al- ſo an; Gnaͤdiger Herꝛ/ es iſt ein dienſtlein unter euch offen/ welches e- ben gerecht waͤre fuͤr mich: Spreche ich euch darumb an/ ſo gelte ich nichts/ ſchweige ich/ ſo kennet man mich nicht: Bitte derhalben ſehr demuͤtig/ mir behuͤlflich zu ſeyn und guͤnſtig zuverhelffen/ wie ich doch eim ſtuͤcklein Brod erlangen und zu dieſem Dienſt kommen moͤge. Der Herꝛ fragete: was es denn fuͤr ein Dienſt ſeye/ und als er vernom- men/ ſprach er; Ey lieber und getreuer Knecht/ du meritireſt und biſt viel eines beſſern wuͤrdig/ ich wil dich viel mit einem beſſeren beden- cken/ der arme Knecht glaubete ſolchen Worten/ empfing und bekam zu letzt Nichts. Dieſe Klugheit der Politicorum iſt ruͤhmens werth/ die immerdar/ damit ſie die Gemuͤter erwecken und zu loͤbli- chen Dingen auffmuntern/ neue Belohnungs-Arten erſinnen/ den- noch dem gemeinen Weſen ſchaden Nichts. Wo nicht iſt der Tu- gend-Belohnunge/ da iſt auch darzu kein Luſt noch Liebe: Wo keine Luſt noch Liebe zu der Tugend/ da iſt auch zu der Tugend kein Eyffer; Wo kein Eyfer/ da zerfaͤllet die Tugend gantz und gar/ und wird Nichts. Wollet ihr wiſſen/ was da ſchwer ſey zu verrichten/ und dennoch ohne Hoffnung der Belohnunge leicht ſeye? Nichts. Thaidi der weitbekanten Huren mangelt auſſer dem Willen fromb und redlich zu ſeyn Nichts. Dem Zwerch Nano fehlet auſſer dem koͤnnen groß zu ſeyn Nichts. Die hochkluge verſtaͤndige Natur hat uns Menſchen geben eine Zunge und zwo Haͤnde/ daß wir ſollen wenig verſprechen thun und verrichten viel. Ein theil Leute aber ver- meinen ſie haben eine Hand und zwo Zungen/ dannenhero verſpre- chen ſie viel/ und halten Nichts. Promiſſis dives quilibet eſſe po- teſt; Es iſt leichter etwas verſprechen/ als halten: in deme mir aber viel von vielen verſprochen worden/ habe und beſitze ich Nichts. Wir betruͤben und beleidigen die leben uñ unſchuldig ſind/ und loben eben dieſe wenn ſie todt und verſtorben ſind. Darum halte ich/ daß dasjenige/ was tunckeler als das Leben/ und weiſſer als der Tod ſeyn ſolte/ were Nichts. Damit ich mit dem hochgelehrten Jordano Bruno von dem heiligen Vater zu Rom nicht dem Feuer zu theil werde/ ſtatuire und glaube ich/ daß der Himmel ſich bewege; die Erde aber ſtehe und ſchlieſ- ſe daher daß etliche Weiber/ ja auch etliche Maͤnner him̃liſche Ge- muͤhter haben/ weil ſie ſich alle Augenblick veraͤndern und die aller un- beſtaͤndigſten ſind/ haben ſie auſſer Zweifel von jrꝛdiſchen an ſich Nichts. Was wird in dem Himmel vor eine Freundſchafft ſeyn/ wenn allhier auff Erden reiner keuſcher Eheliebe fuͤſſer und anmuhtiger Nichts

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/454>, abgerufen am 22.11.2024.