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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Hiob.
auffgetragen worden/ daß er solle Ambassadeur seyn/ und dem und
dem Obristen im Namen Bürgermeister und Raths von Witze-
burg diese Satteltasch voll Geld liefern. Der Kühehirt habe verspro-
chen/ er wolle fleissig außrichten/ was ihm befohlen sey. Allein unter-
wegens haben ihm etzliche Parthiegänger angesprengt/ und haben
ihm die Satteltasch sampt dem Geld genommen. Der Kühehirt
sey wider zurück gangen/ und hab geklagt/ wie es ihm ergangen sey/
daß die Satteltasch weg sey. Allein er hab Bürgermeister und
Rath getröstet/ und gebeten/ sie wollen sich so sehr nicht betrüben.
Dann/ hab er gesagt/ ich hab den Schlüssel noch zu der Satteltasch/
sie können doch nicht bey das Geld kommen. Ein solch alber einfäl-
tig Blut war der Hiob nicht/ sondern wuste wol/ was in der Welt
Kauff und Lauff war. Er war aber sonst schlecht und recht/
das ist/ er war kein Betrüger/ kein Auffschneider/ sondern was er
sagte/ das meynt er/ Hertz und Mund stimmete bey ihm überein.
Es war bey ihm ein Wort ein Wort/ ein Mann ein Mann. Man-
cher meynt/ das sey eine grosse Klugheit/ wann er einen andern mit
falschen Worten/ mit listigen Rencken und allerley Hilpersgriffen
betriegen kan. Aber verflucht sey solche vermeynte Klugheit! Das
ist keine Klugheit/ sondern eine Boßheit. Ein jeder redlicher Mann
meynt/ wie er gesinnet sey/ so sey ein ander auch gesinnet. Und Gott
hat dem Menschen kein Fenster auff die Brust gesetzt. Wer kan
dann einem jeden Bößwicht ins Hertz sehen? Solche boßhafftige
mit glatten Worten vermischte Klugheit brauchte am ersten der
Teuffel im Paradieß/ da er unser erste Mutter die Evam betrog.
Aber Gott/ der einen Greuel hat nicht allein an den Blutgierigen/
sondern auch an den Falschen/ der hat an solcher Beutelschneideri-
schen Klugheit keinen Gefallen/ sondern wird ihr Leben nicht zur
Helfte kommen lassen. Man muß aber auch nicht meynen/ daß wann
man sich von einem jeden betriegen lasse/ daß das für lauter Fröm-
migkeit zu halten sey. Es ist nun so weit kommen/ daß wann ein gros-
ser reicher Herr ein Narr ist/ so sagt man/ er ist ein grundfrommer
Herr/ ja die Frömmigkeit selbst/ man kan mit ihm umbgehen wie mit
einem Kind. Er ist schlecht und recht wie Hiob. Eben als wann Hiob
ein Narr gewesen were. Der hochweise Engelländer/ Franciscus
Baconus/ Baron de Verulamio/ sagt/ daß König Heinrich der Sie-
bende in Engelland hab von dem Bapst begehrt/ daß er seinen Va-
ter canonisiren/ und unter die Heiligen in Calender setzen wolle. Aber
der Bapst habe es ihm abgeschlagen/ und dafür gehalten/ es sey ein
grosser Unterscheid inter simplicem & sanctum, zwischen einem
albern einfältigen/ und frommen und heiligen Menschen. Einfalt
und Alberkeit ist nicht alsbald Frömmigkeit. Ein Esel ist auch
einfältig/ und trägt alles/ was man ihm auffladet/ er komt aber deß-

wegen

Hiob.
auffgetragen worden/ daß er ſolle Ambaſſadeur ſeyn/ und dem und
dem Obriſten im Namen Buͤrgermeiſter und Raths von Witze-
burg dieſe Satteltaſch voll Geld liefern. Der Kuͤhehirt habe verſpro-
chen/ er wolle fleiſſig außrichten/ was ihm befohlen ſey. Allein unter-
wegens haben ihm etzliche Parthiegaͤnger angeſprengt/ und haben
ihm die Satteltaſch ſampt dem Geld genommen. Der Kuͤhehirt
ſey wider zuruͤck gangen/ und hab geklagt/ wie es ihm ergangen ſey/
daß die Satteltaſch weg ſey. Allein er hab Buͤrgermeiſter und
Rath getroͤſtet/ und gebeten/ ſie wollen ſich ſo ſehr nicht betruͤben.
Dann/ hab er geſagt/ ich hab den Schluͤſſel noch zu der Satteltaſch/
ſie koͤnnen doch nicht bey das Geld kommen. Ein ſolch alber einfaͤl-
tig Blut war der Hiob nicht/ ſondern wuſte wol/ was in der Welt
Kauff und Lauff war. Er war aber ſonſt ſchlecht und recht/
das iſt/ er war kein Betruͤger/ kein Auffſchneider/ ſondern was er
ſagte/ das meynt er/ Hertz und Mund ſtimmete bey ihm uͤberein.
Es war bey ihm ein Wort ein Wort/ ein Mann ein Mann. Man-
cher meynt/ das ſey eine groſſe Klugheit/ wann er einen andern mit
falſchen Worten/ mit liſtigen Rencken und allerley Hilpersgriffen
betriegen kan. Aber verflucht ſey ſolche vermeynte Klugheit! Das
iſt keine Klugheit/ ſondern eine Boßheit. Ein jeder redlicher Mann
meynt/ wie er geſinnet ſey/ ſo ſey ein ander auch geſinnet. Und Gott
hat dem Menſchen kein Fenſter auff die Bruſt geſetzt. Wer kan
dann einem jeden Boͤßwicht ins Hertz ſehen? Solche boßhafftige
mit glatten Worten vermiſchte Klugheit brauchte am erſten der
Teuffel im Paradieß/ da er unſer erſte Mutter die Evam betrog.
Aber Gott/ der einen Greuel hat nicht allein an den Blutgierigen/
ſondern auch an den Falſchen/ der hat an ſolcher Beutelſchneideri-
ſchen Klugheit keinen Gefallen/ ſondern wird ihr Leben nicht zur
Helfte kommen laſſen. Man muß aber auch nicht meynen/ daß wañ
man ſich von einem jeden betriegen laſſe/ daß das fuͤr lauter Froͤm-
migkeit zu halten ſey. Es iſt nun ſo weit kommen/ daß wañ ein groſ-
ſer reicher Herr ein Narr iſt/ ſo ſagt man/ er iſt ein grundfrommer
Herr/ ja die Froͤm̃igkeit ſelbſt/ man kan mit ihm umbgehen wie mit
einem Kind. Er iſt ſchlecht und recht wie Hiob. Eben als wañ Hiob
ein Narr geweſen were. Der hochweiſe Engellaͤnder/ Franciſcus
Baconus/ Baron de Verulamio/ ſagt/ daß Koͤnig Heinrich der Sie-
bende in Engelland hab von dem Bapſt begehrt/ daß er ſeinen Va-
ter canoniſiren/ und unter die Heiligen in Calender ſetzen wolle. Aber
der Bapſt habe es ihm abgeſchlagen/ und dafuͤr gehalten/ es ſey ein
groſſer Unterſcheid inter ſimplicem & ſanctum, zwiſchen einem
albern einfaͤltigen/ und frommen und heiligen Menſchen. Einfalt
und Alberkeit iſt nicht alsbald Froͤmmigkeit. Ein Eſel iſt auch
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[143/0185] Hiob. auffgetragen worden/ daß er ſolle Ambaſſadeur ſeyn/ und dem und dem Obriſten im Namen Buͤrgermeiſter und Raths von Witze- burg dieſe Satteltaſch voll Geld liefern. Der Kuͤhehirt habe verſpro- chen/ er wolle fleiſſig außrichten/ was ihm befohlen ſey. Allein unter- wegens haben ihm etzliche Parthiegaͤnger angeſprengt/ und haben ihm die Satteltaſch ſampt dem Geld genommen. Der Kuͤhehirt ſey wider zuruͤck gangen/ und hab geklagt/ wie es ihm ergangen ſey/ daß die Satteltaſch weg ſey. Allein er hab Buͤrgermeiſter und Rath getroͤſtet/ und gebeten/ ſie wollen ſich ſo ſehr nicht betruͤben. Dann/ hab er geſagt/ ich hab den Schluͤſſel noch zu der Satteltaſch/ ſie koͤnnen doch nicht bey das Geld kommen. Ein ſolch alber einfaͤl- tig Blut war der Hiob nicht/ ſondern wuſte wol/ was in der Welt Kauff und Lauff war. Er war aber ſonſt ſchlecht und recht/ das iſt/ er war kein Betruͤger/ kein Auffſchneider/ ſondern was er ſagte/ das meynt er/ Hertz und Mund ſtimmete bey ihm uͤberein. Es war bey ihm ein Wort ein Wort/ ein Mann ein Mann. Man- cher meynt/ das ſey eine groſſe Klugheit/ wann er einen andern mit falſchen Worten/ mit liſtigen Rencken und allerley Hilpersgriffen betriegen kan. Aber verflucht ſey ſolche vermeynte Klugheit! Das iſt keine Klugheit/ ſondern eine Boßheit. Ein jeder redlicher Mann meynt/ wie er geſinnet ſey/ ſo ſey ein ander auch geſinnet. Und Gott hat dem Menſchen kein Fenſter auff die Bruſt geſetzt. Wer kan dann einem jeden Boͤßwicht ins Hertz ſehen? Solche boßhafftige mit glatten Worten vermiſchte Klugheit brauchte am erſten der Teuffel im Paradieß/ da er unſer erſte Mutter die Evam betrog. Aber Gott/ der einen Greuel hat nicht allein an den Blutgierigen/ ſondern auch an den Falſchen/ der hat an ſolcher Beutelſchneideri- ſchen Klugheit keinen Gefallen/ ſondern wird ihr Leben nicht zur Helfte kommen laſſen. Man muß aber auch nicht meynen/ daß wañ man ſich von einem jeden betriegen laſſe/ daß das fuͤr lauter Froͤm- migkeit zu halten ſey. Es iſt nun ſo weit kommen/ daß wañ ein groſ- ſer reicher Herr ein Narr iſt/ ſo ſagt man/ er iſt ein grundfrommer Herr/ ja die Froͤm̃igkeit ſelbſt/ man kan mit ihm umbgehen wie mit einem Kind. Er iſt ſchlecht und recht wie Hiob. Eben als wañ Hiob ein Narr geweſen were. Der hochweiſe Engellaͤnder/ Franciſcus Baconus/ Baron de Verulamio/ ſagt/ daß Koͤnig Heinrich der Sie- bende in Engelland hab von dem Bapſt begehrt/ daß er ſeinen Va- ter canoniſiren/ und unter die Heiligen in Calender ſetzen wolle. Aber der Bapſt habe es ihm abgeſchlagen/ und dafuͤr gehalten/ es ſey ein groſſer Unterſcheid inter ſimplicem & ſanctum, zwiſchen einem albern einfaͤltigen/ und frommen und heiligen Menſchen. Einfalt und Alberkeit iſt nicht alsbald Froͤmmigkeit. Ein Eſel iſt auch einfaͤltig/ und traͤgt alles/ was man ihm auffladet/ er komt aber deß- wegen

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/185>, abgerufen am 22.11.2024.