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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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SALOMO oder

Wann Herren Stands-Personen in Ober-Deutschland ein Pan-
quet halten/ so meynen sie/ das sey ihnen ein Schimpff/ wann die Ta-
fel auffgehoben werde/ und die Trompeter/ die Musicanten/ die Pa-
gen und Laqueyen/ und andere nicht alles in thren Sack stecken. Daß
ein Herr gute Ordnung bey der Tafel halte/ das ist ein heimlicher
Schatz seines Landes. Jch sage abermals mit Salomon/ Wohl
dem Lande/ des fürsten Essen zur Stärcke und nicht
zur Lust.
Jch lobe hierinnen den tapffern und weisen Helden Fürst
Henrich Ludwigen zu Nassaw Dillenberg/ welcher hiebevor/ als ein
Patron des gantzen Grafen-Standes/ von dem Westerwald/ aus
der Wetterau/ und von dem gantzen Rheinstrom/ viel Visiten hatte.
Allein/ er ist gemeiniglich bey seiner wolgefasten Küchen-Ordnung
blieben. Eben also macht es mein hochseltger Herr Landgraff Jo-
hann. Wann aber die Herren ein sonderliches extraordinari Panquet
anstellen wolten/ suchten sie hierbey was zu finden war. Sonsten blie-
ben sie immer bey ihrem ordinari tractament. Wir Privat-Leute a-
ber/ sonderlich das Frauenzimmer/ meynen offe/ wann ein guter
Freund uns ohngefehr besuche/ so müsse man alsbald zehen Pasteten-
becker/ und zehen Bratenwender holen lassen. Jch bin allezeit der
Meynung gewesen/ wann jemand zu mir komme/ und mein Freund
sey/ so nehme er vorlieb mit dem Brod/ das ich hab. Jst er aber nicht
mein Freund/ so ist er auch nicht werth/ daß er das wenige Stück Brod
mit mir fresse/ damit ich mich contentire. König Salomo lobet aber
nicht allein die Fürsten/ welche zur Stärcke und nicht zur Wollust
essen/ sondern vornemlich auch die jenigen/ welche zu rechter Zeit
essen.
Jhr werdet vielleicht gedencken/ mein lieber Philanderson, ein
Fürst und grosser Herr habe viel Geschäffte/ und könne ein jeder nicht
allemal die rechte Zeit im Essen in acht nehmen. Ein jeder Schuster
und Schneider nehme ein stück Butter und Brod in die Hand/ wann
er Lust und Appetit zu essen habe/ warumb es nicht ein König oder
Fürst auch thun solle? Und ich erinnere mich selbst/ daß ich beym
Frortino gelesen habe/ daß Hannibal sey des Nachts auffgestanden/
habe keine Ruhe gehabt den gantzen Tag/ und habe nicht gessen als
gegen Abend in der Dämmerung. Allein es ist nicht einjeder Fürst
oder Graff ein Hannibal. Nicht einjeder hat zuthun was Hannibal
zu thun hatte. Darumb soll er auch die Zeit im Essen nicht ändern/
wie Hannibal. Erfordert es die hohe Noth/ das ist für sich. Wo
nicht/ so soll man bey der Regul bleiben: Woldem Land/ des
Fürsten essen zu rechter Zeit.
Was einem Lande daran gelegen
sey/ daß die Herrschafft zu rechter Zeit esse/ davon discurrirt Herr
Cantzler Reinking in seiner Biblischen Policey lib. 2. Axiom. 68. sehr
wol/ und saget: Der Hoff ist gleich einem Centro, dahin alles/ was im
Lande passirt, de volviret und berichtet wird. Dannenhero auch alle

Reso-
SALOMO oder

Wann Herꝛen Stands-Perſonen in Ober-Deutſchland ein Pan-
quet halten/ ſo meynen ſie/ das ſey ihnen ein Schimpff/ wann die Ta-
fel auffgehoben werde/ und die Trompeter/ die Muſicanten/ die Pa-
gen und Laqueyen/ und andere nicht alles in thren Sack ſtecken. Daß
ein Herꝛ gute Ordnung bey der Tafel halte/ das iſt ein heimlicher
Schatz ſeines Landes. Jch ſage abermals mit Salomon/ Wohl
dem Lande/ des fuͤrſten Eſſen zur Staͤrcke und nicht
zur Luſt.
Jch lobe hierinnen den tapffern und weiſen Helden Fuͤrſt
Henrich Ludwigen zu Naſſaw Dillenberg/ welcher hiebevor/ als ein
Patron des gantzen Grafen-Standes/ von dem Weſterwald/ aus
der Wetterau/ und von dem gantzen Rheinſtrom/ viel Viſiten hatte.
Allein/ er iſt gemeiniglich bey ſeiner wolgefaſten Kuͤchen-Ordnung
blieben. Eben alſo macht es mein hochſeltger Herꝛ Landgraff Jo-
hann. Wann aber die Herꝛen ein ſonderliches extraordinari Panquet
anſtellen wolten/ ſuchten ſie hierbey was zu finden war. Sonſten blie-
ben ſie immer bey ihrem ordinari tractament. Wir Privat-Leute a-
ber/ ſonderlich das Frauenzimmer/ meynen offe/ wann ein guter
Freund uns ohngefehr beſuche/ ſo muͤſſe man alsbald zehen Paſteten-
becker/ und zehen Bratenwender holen laſſen. Jch bin allezeit der
Meynung geweſen/ wann jemand zu mir komme/ und mein Freund
ſey/ ſo nehme er vorlieb mit dem Brod/ das ich hab. Jſt er aber nicht
mein Freund/ ſo iſt er auch nicht werth/ daß er das wenige Stuͤck Brod
mit mir freſſe/ damit ich mich contentire. Koͤnig Salomo lobet aber
nicht allein die Fuͤrſten/ welche zur Staͤrcke und nicht zur Wolluſt
eſſen/ ſondern vornemlich auch die jenigen/ welche zu rechter Zeit
eſſen.
Jhr werdet vielleicht gedencken/ mein lieber Philanderſon, ein
Fuͤrſt und groſſer Herꝛ habe viel Geſchaͤffte/ und koͤnne ein jeder nicht
allemal die rechte Zeit im Eſſen in acht nehmen. Ein jeder Schuſter
und Schneider nehme ein ſtuͤck Butter und Brod in die Hand/ wann
er Luſt und Appetit zu eſſen habe/ warumb es nicht ein Koͤnig oder
Fuͤrſt auch thun ſolle? Und ich erinnere mich ſelbſt/ daß ich beym
Frortino geleſen habe/ daß Hannibal ſey des Nachts auffgeſtanden/
habe keine Ruhe gehabt den gantzen Tag/ und habe nicht geſſen als
gegen Abend in der Daͤmmerung. Allein es iſt nicht einjeder Fuͤrſt
oder Graff ein Hannibal. Nicht einjeder hat zuthun was Hannibal
zu thun hatte. Darumb ſoll er auch die Zeit im Eſſen nicht aͤndern/
wie Hannibal. Erfordert es die hohe Noth/ das iſt fuͤr ſich. Wo
nicht/ ſo ſoll man bey der Regul bleiben: Woldem Land/ des
Fuͤrſten eſſen zu rechter Zeit.
Was einem Lande daran gelegen
ſey/ daß die Herꝛſchafft zu rechter Zeit eſſe/ davon diſcurrirt Herꝛ
Cantzler Reinking in ſeiner Bibliſchen Policey lib. 2. Axiom. 68. ſehr
wol/ und ſaget: Der Hoff iſt gleich einem Centro, dahin alles/ was im
Lande paſſirt, de volviret und berichtet wird. Dannenhero auch alle

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[104/0146] SALOMO oder Wann Herꝛen Stands-Perſonen in Ober-Deutſchland ein Pan- quet halten/ ſo meynen ſie/ das ſey ihnen ein Schimpff/ wann die Ta- fel auffgehoben werde/ und die Trompeter/ die Muſicanten/ die Pa- gen und Laqueyen/ und andere nicht alles in thren Sack ſtecken. Daß ein Herꝛ gute Ordnung bey der Tafel halte/ das iſt ein heimlicher Schatz ſeines Landes. Jch ſage abermals mit Salomon/ Wohl dem Lande/ des fuͤrſten Eſſen zur Staͤrcke und nicht zur Luſt. Jch lobe hierinnen den tapffern und weiſen Helden Fuͤrſt Henrich Ludwigen zu Naſſaw Dillenberg/ welcher hiebevor/ als ein Patron des gantzen Grafen-Standes/ von dem Weſterwald/ aus der Wetterau/ und von dem gantzen Rheinſtrom/ viel Viſiten hatte. Allein/ er iſt gemeiniglich bey ſeiner wolgefaſten Kuͤchen-Ordnung blieben. Eben alſo macht es mein hochſeltger Herꝛ Landgraff Jo- hann. Wann aber die Herꝛen ein ſonderliches extraordinari Panquet anſtellen wolten/ ſuchten ſie hierbey was zu finden war. Sonſten blie- ben ſie immer bey ihrem ordinari tractament. Wir Privat-Leute a- ber/ ſonderlich das Frauenzimmer/ meynen offe/ wann ein guter Freund uns ohngefehr beſuche/ ſo muͤſſe man alsbald zehen Paſteten- becker/ und zehen Bratenwender holen laſſen. Jch bin allezeit der Meynung geweſen/ wann jemand zu mir komme/ und mein Freund ſey/ ſo nehme er vorlieb mit dem Brod/ das ich hab. Jſt er aber nicht mein Freund/ ſo iſt er auch nicht werth/ daß er das wenige Stuͤck Brod mit mir freſſe/ damit ich mich contentire. Koͤnig Salomo lobet aber nicht allein die Fuͤrſten/ welche zur Staͤrcke und nicht zur Wolluſt eſſen/ ſondern vornemlich auch die jenigen/ welche zu rechter Zeit eſſen. Jhr werdet vielleicht gedencken/ mein lieber Philanderſon, ein Fuͤrſt und groſſer Herꝛ habe viel Geſchaͤffte/ und koͤnne ein jeder nicht allemal die rechte Zeit im Eſſen in acht nehmen. Ein jeder Schuſter und Schneider nehme ein ſtuͤck Butter und Brod in die Hand/ wann er Luſt und Appetit zu eſſen habe/ warumb es nicht ein Koͤnig oder Fuͤrſt auch thun ſolle? Und ich erinnere mich ſelbſt/ daß ich beym Frortino geleſen habe/ daß Hannibal ſey des Nachts auffgeſtanden/ habe keine Ruhe gehabt den gantzen Tag/ und habe nicht geſſen als gegen Abend in der Daͤmmerung. Allein es iſt nicht einjeder Fuͤrſt oder Graff ein Hannibal. Nicht einjeder hat zuthun was Hannibal zu thun hatte. Darumb ſoll er auch die Zeit im Eſſen nicht aͤndern/ wie Hannibal. Erfordert es die hohe Noth/ das iſt fuͤr ſich. Wo nicht/ ſo ſoll man bey der Regul bleiben: Woldem Land/ des Fuͤrſten eſſen zu rechter Zeit. Was einem Lande daran gelegen ſey/ daß die Herꝛſchafft zu rechter Zeit eſſe/ davon diſcurrirt Herꝛ Cantzler Reinking in ſeiner Bibliſchen Policey lib. 2. Axiom. 68. ſehr wol/ und ſaget: Der Hoff iſt gleich einem Centro, dahin alles/ was im Lande paſſirt, de volviret und berichtet wird. Dannenhero auch alle Reſo-

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/146>, abgerufen am 22.11.2024.