Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].SALOMO oder Hoff/ den Aspenas/ und nach ihm erhub er den Daniel in denFürstenstand/ und sein Sohn und Successor im Reich/ ließ diesen Daniel in Purpur kleiden/ regalirte ihn mit einer güldenen Ketten/ und machte ein königlich Decret, daß dieser Daniel solle der dritte Grandis oder grosse Herr im gantzen Lande seyn. Und dieser Daniel war Inspector über die Schulen. Aber ich sehe wol/ wann heutiges Tages ein Lumpenhund ist/ der weder zu sieden oder zu braten taug/ den macht man zu einem Schulmeister/ nnd sol offtmals grosse Herren und vornehmer Leut Kinder lehren/ was er selbst nicht weiß/ oder gelernet hat. Wann ein Königreich eine solche schöne Ritter- schul anordnete/ daß ein Königlicher Printz/ und die vornehmste junge Edelleut mit und neben einander aufferzogen würden/ was würde da von Kindheit an vor eine Lieb/ Treu und gute Vertraulig- keit erwachsen zwischen dem Haupt und seinen Gliedern unter sich selbst? Lieb und Freundschafft die in der Kindheit und ersten Jugend gewachsen/ die hat gemeiniglich tieffe Wurtzeln. Wann grosse Herren und auch gemeiner Leut Kinder recht aufferzogen würden/ so hätten wir innerhalb zwantzig Jahren eine neue Welt. Was dünckt dich Antenor? Jch beugte mich sehr tieff/ und sagte: Allergnädigster Käyser und Herr/ Euer Käyserliche Majest. haben von zweyen Din- gen gar hochweißlich geredet: Erstlich von Anstellung reputirlicher Hospitälen/ darin ein redlicher Cavallier seinen Unterhalt haben könne/ wann er in Unglück komme. Zum andern/ von einer schönen Ritterschul. Das sind rechte Käyserliche/ oder/ wie die Schrifft redet/ Fürstliche Gedancken/ welche/ wann sie ins Werck gesetzet werden/ manchen tapffern Helden zu grossen Thaten animiren werden. Es ist keine grösser Anfechtung/ die ein Edles Gemüth mehr piquirt als Ar- muth. Der Todt ist einem Generosen Gemüth so beschwerlich nicht als Armuth. Wann nun ein ehrlicher Cavallier wüste/ daß wann er nicht alsbald im Krieg todt/ sondern krum und lahm geschossen wür- de/ und er könte seinen ehrlichen dem Cavallirischen Stand gebührli- chen Unterhalt haben/ das würde manchen streitbaren Mann zu grossen Heldenthaten auffmuntern. Was die Aufferziehung der gros- sen Herren anlangt/ davon hab ich bißhero viel heimlicher Seufftzer gehen lassen/ und grosse Herren werden am Jüngsten Tag eine grosse Rechenschafft geben müssen/ daß sie unterweilens ihre Kinder nicht also erziehen/ daß sie gerathen/ wie die Pfeil in der Hand eines Starcken. Da David/ der Potentat und Mann nach dem Willen und Hertzen Gottes auff dem Todtbette lag/ da sagt er zu seinem Sohn Salomon: Jch gehe hin den Weg aller Welt. Sey getrost/ und sey ein Mann/ und warte auff die Hut deß HErrn deines Gottes/ daß
SALOMO oder Hoff/ den Aſpenas/ und nach ihm erhub er den Daniel in denFuͤrſtenſtand/ und ſein Sohn und Succeſſor im Reich/ ließ dieſen Daniel in Purpur kleiden/ regalirte ihn mit einer guͤldenen Ketten/ und machte ein koͤniglich Decret, daß dieſer Daniel ſolle der dritte Grandis oder groſſe Herꝛ im gantzen Lande ſeyn. Und dieſer Daniel war Inſpector uͤber die Schulen. Aber ich ſehe wol/ wann heutiges Tages ein Lumpenhund iſt/ der weder zu ſieden oder zu braten taug/ den macht man zu einem Schulmeiſter/ nnd ſol offtmals groſſe Herꝛen und vornehmer Leut Kinder lehren/ was er ſelbſt nicht weiß/ oder gelernet hat. Wann ein Koͤnigreich eine ſolche ſchoͤne Ritter- ſchul anordnete/ daß ein Koͤniglicher Printz/ und die vornehmſte junge Edelleut mit und neben einander aufferzogen wuͤrden/ was wuͤrde da von Kindheit an vor eine Lieb/ Treu und gute Vertraulig- keit erwachſen zwiſchen dem Haupt und ſeinen Gliedern unter ſich ſelbſt? Lieb und Freundſchafft die in der Kindheit und erſten Jugend gewachſen/ die hat gemeiniglich tieffe Wurtzeln. Wann groſſe Herꝛen und auch gemeiner Leut Kinder recht aufferzogen wuͤrden/ ſo haͤtten wir innerhalb zwantzig Jahren eine neue Welt. Was duͤnckt dich Antenor? Jch beugte mich ſehr tieff/ und ſagte: Allergnaͤdigſter Kaͤyſer und Herꝛ/ Euer Kaͤyſerliche Majeſt. haben von zweyen Din- gen gar hochweißlich geredet: Erſtlich von Anſtellung reputirlicher Hoſpitaͤlen/ darin ein redlicher Cavallier ſeinen Unterhalt haben koͤnne/ wann er in Ungluͤck komme. Zum andern/ von einer ſchoͤnen Ritterſchul. Das ſind rechte Kaͤyſerliche/ oder/ wie die Schrifft redet/ Fuͤrſtliche Gedancken/ welche/ wann ſie ins Werck geſetzet werden/ manchen tapffern Helden zu groſſen Thaten animiren werden. Es iſt keine groͤſſer Anfechtung/ die ein Edles Gemuͤth mehr piquirt als Ar- muth. Der Todt iſt einem Generoſen Gemuͤth ſo beſchwerlich nicht als Armuth. Wann nun ein ehrlicher Cavallier wuͤſte/ daß wann er nicht alsbald im Krieg todt/ ſondern krum und lahm geſchoſſen wuͤr- de/ und er koͤnte ſeinen ehrlichen dem Cavalliriſchen Stand gebuͤhrli- chen Unterhalt haben/ das wuͤrde manchen ſtreitbaren Mann zu groſſen Heldenthaten auffmuntern. Was die Aufferziehung der groſ- ſen Herꝛen anlangt/ davon hab ich bißhero viel heimlicher Seufftzer gehen laſſen/ und groſſe Herꝛen werden am Juͤngſten Tag eine groſſe Rechenſchafft geben muͤſſen/ daß ſie unterweilens ihre Kinder nicht alſo erziehen/ daß ſie gerathen/ wie die Pfeil in der Hand eines Starcken. Da David/ der Potentat und Mann nach dem Willen und Hertzen Gottes auff dem Todtbette lag/ da ſagt er zu ſeinem Sohn Salomon: Jch gehe hin den Weg aller Welt. Sey getroſt/ und ſey ein Mann/ und warte auff die Hut deß HErꝛn deines Gottes/ daß
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Hoff/ den Aſpenas/ und nach ihm erhub er den Daniel in den
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Daniel in Purpur kleiden/ regalirte ihn mit einer guͤldenen Ketten/
und machte ein koͤniglich Decret, daß dieſer Daniel ſolle der dritte
Grandis oder groſſe Herꝛ im gantzen Lande ſeyn. Und dieſer Daniel
war Inſpector uͤber die Schulen. Aber ich ſehe wol/ wann heutiges
Tages ein Lumpenhund iſt/ der weder zu ſieden oder zu braten taug/
den macht man zu einem Schulmeiſter/ nnd ſol offtmals groſſe
Herꝛen und vornehmer Leut Kinder lehren/ was er ſelbſt nicht weiß/
oder gelernet hat. Wann ein Koͤnigreich eine ſolche ſchoͤne Ritter-
ſchul anordnete/ daß ein Koͤniglicher Printz/ und die vornehmſte
junge Edelleut mit und neben einander aufferzogen wuͤrden/ was
wuͤrde da von Kindheit an vor eine Lieb/ Treu und gute Vertraulig-
keit erwachſen zwiſchen dem Haupt und ſeinen Gliedern unter ſich
ſelbſt? Lieb und Freundſchafft die in der Kindheit und erſten Jugend
gewachſen/ die hat gemeiniglich tieffe Wurtzeln. Wann groſſe
Herꝛen und auch gemeiner Leut Kinder recht aufferzogen wuͤrden/ ſo
haͤtten wir innerhalb zwantzig Jahren eine neue Welt. Was duͤnckt
dich Antenor? Jch beugte mich ſehr tieff/ und ſagte: Allergnaͤdigſter
Kaͤyſer und Herꝛ/ Euer Kaͤyſerliche Majeſt. haben von zweyen Din-
gen gar hochweißlich geredet: Erſtlich von Anſtellung reputirlicher
Hoſpitaͤlen/ darin ein redlicher Cavallier ſeinen Unterhalt haben
koͤnne/ wann er in Ungluͤck komme. Zum andern/ von einer ſchoͤnen
Ritterſchul. Das ſind rechte Kaͤyſerliche/ oder/ wie die Schrifft redet/
Fuͤrſtliche Gedancken/ welche/ wann ſie ins Werck geſetzet werden/
manchen tapffern Helden zu groſſen Thaten animiren werden. Es iſt
keine groͤſſer Anfechtung/ die ein Edles Gemuͤth mehr piquirt als Ar-
muth. Der Todt iſt einem Generoſen Gemuͤth ſo beſchwerlich nicht
als Armuth. Wann nun ein ehrlicher Cavallier wuͤſte/ daß wann er
nicht alsbald im Krieg todt/ ſondern krum und lahm geſchoſſen wuͤr-
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groſſen Heldenthaten auffmuntern. Was die Aufferziehung der groſ-
ſen Herꝛen anlangt/ davon hab ich bißhero viel heimlicher Seufftzer
gehen laſſen/ und groſſe Herꝛen werden am Juͤngſten Tag eine groſſe
Rechenſchafft geben muͤſſen/ daß ſie unterweilens ihre Kinder nicht
alſo erziehen/ daß ſie gerathen/ wie die Pfeil in der Hand eines
Starcken. Da David/ der Potentat und Mann nach dem Willen
und Hertzen Gottes auff dem Todtbette lag/ da ſagt er zu ſeinem
Sohn Salomon: Jch gehe hin den Weg aller Welt. Sey getroſt/
und ſey ein Mann/ und warte auff die Hut deß HErꝛn deines Gottes/
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