Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Instrumentum Pacis. chelung des Schmacks am meisten reitzen/ die müssen erkaufft werden/dieweil sie die gesundesten und anmühtigsten den Appetit zu erwecken und die Essens-Lust zu vermehren seyn; Sie achtet keiner Speisen noch Getränckes/ wann sie nicht von weit abgelegenen Orten zuge- führet werden/ die Süssigkeit selbst ist auf ihrer Zunge eitel Bitterkeit wann sie nicht außländisch schmecke/ da muß ihre lüsterne Begierde ersättiget seyn/ es koste auch was es wolle/ dann wann eine Weibes- person über einem Dinge den Kopff auffsetzt/ kan sie kein Engel noch Teuffel darvon abwendig machen/ wil der Mann seine zart und schöne Frau nicht erzürnen/ muß er schaffen was sie begehrt und haben wil/ damit seine Schöne sich nicht ereyfere und zum Zorn bewege/ ihren Lebens-Stand in die unterste Helle alles Elendes vermaledeye/ ihre wolgestalte Wangen-Farbe erblasse/ die Kräfte ihres geil-zarten Lei- bes verliere und ihren weichmühtigen Leib auf das Bette sencke der Todtes-Stunde zu erwarten. Weil auch die Wollust und Gelassen- heit eine Außrufferin ist/ welche die Ehrbarkeit in die Acht erkläret und gantz auß den Hertzen und Gedancken außbannet/ dann wann sie ei- nige Lebens-Lufft wieder geschöpfft/ und die natürlichen Geister etwas aufgemuntert/ setzt sie die Würckung ihres Eyfers recht fort und geust den gantzen Zorn-Strohm wieder ihren Mann auß/ da ist er unwür- dig daß er eine solche liebe Seele anschauen und umb sich haben/ und ein so schöner (schnöder vielmehr) wolformierter und wolgebeerder Leib bey einem so grob und unhöflichen Unhold ruhen sol. Ob er nicht weiß was sie vor ein schön/ holdselig und angenehmes Frauen-Bild sey/ so weiß sie solches so viel besser/ dieweil bey allen solchen Damen des hochlöblichen Käysers Augustus Tochter Julia Muht und Sinn verborgen liegt/ welche/ wie sie von einem Hoffraht ermahnet worden/ sie solte sich nach des Herrn Vatern Vorbilde demütig halten/ gar frech geantwortet. Mein Vater hats vergessen daß er Käyser ist/ ich aber weiß/ daß ich eines Käysers Tochter bin. Also sagen unsere Frauen/ mein Mann hat vergessen daß er eine so schöne/ wolgestalte zarte Frau genommen/ ich aber weis es noch wol daß ich eine solche bin/ die wol eines andern würdig als eines so unhöflichen Gesellen. Nach mahln erwächset hierauß ein Wiederwille/ Verachtung und Uneinigkeit/ der Mann geräht entweder in melancolische Gedancken oder auch unordentlich und sorgloß Leben/ die Frau aber sucht andere srische Weyde/ besucht den Tempel der Blauder Göttin gewydmet fleissig/ und thut derselbigen Gelübde die Tage ihres Lebens/ nebst ih- rer Neben-Göttin der Wollust auffzuopffern/ da sie dann leicht erhö- ret und ihr der Weg dahin zugelangen gewiesen wird. Jch weiß einen bekandten und hochberühmten Ort/ da das Frau-Zimmer ihrer Jahre- Stunden in solcher Uppigkeit und Gelassenheit auch Verachtung ih- rer
Inſtrumentum Pacis. chelung des Schmacks am meiſten reitzen/ die muͤſſen erkaufft werden/dieweil ſie die geſundeſten und anmuͤhtigſten den Appetit zu erwecken und die Eſſens-Luſt zu vermehren ſeyn; Sie achtet keiner Speiſen noch Getraͤnckes/ wann ſie nicht von weit abgelegenen Orten zuge- fuͤhret werden/ die Suͤſſigkeit ſelbſt iſt auf ihrer Zunge eitel Bitterkeit wann ſie nicht außlaͤndiſch ſchmecke/ da muß ihre luͤſterne Begierde erſaͤttiget ſeyn/ es koſte auch was es wolle/ dann wann eine Weibes- perſon uͤber einem Dinge den Kopff auffſetzt/ kan ſie kein Engel noch Teuffel darvon abwendig machen/ wil der Mann ſeine zart und ſchoͤne Frau nicht erzuͤrnen/ muß er ſchaffen was ſie begehrt und haben wil/ damit ſeine Schoͤne ſich nicht ereyfere und zum Zorn bewege/ ihren Lebens-Stand in die unterſte Helle alles Elendes vermaledeye/ ihre wolgeſtalte Wangen-Farbe erblaſſe/ die Kraͤfte ihres geil-zarten Lei- bes verliere und ihren weichmuͤhtigen Leib auf das Bette ſencke der Todtes-Stunde zu erwarten. Weil auch die Wolluſt und Gelaſſen- heit eine Außrufferin iſt/ welche die Ehrbarkeit in die Acht erklaͤret und gantz auß den Hertzen und Gedancken außbannet/ dann wann ſie ei- nige Lebens-Lufft wieder geſchoͤpfft/ und die natuͤrlichen Geiſter etwas aufgemuntert/ ſetzt ſie die Wuͤrckung ihres Eyfers recht fort und geuſt den gantzen Zorn-Strohm wieder ihren Mann auß/ da iſt er unwuͤr- dig daß er eine ſolche liebe Seele anſchauen und umb ſich haben/ und ein ſo ſchoͤner (ſchnoͤder vielmehr) wolformierter und wolgebeerder Leib bey einem ſo grob und unhoͤflichen Unhold ruhen ſol. Ob er nicht weiß was ſie vor ein ſchoͤn/ holdſelig und angenehmes Frauen-Bild ſey/ ſo weiß ſie ſolches ſo viel beſſer/ dieweil bey allen ſolchen Damen des hochloͤblichen Kaͤyſers Auguſtus Tochter Julia Muht und Siñ verborgen liegt/ welche/ wie ſie von einem Hoffraht ermahnet worden/ ſie ſolte ſich nach des Herꝛn Vatern Vorbilde demuͤtig halten/ gar frech geantwortet. Mein Vater hats vergeſſen daß er Kaͤyſer iſt/ ich aber weiß/ daß ich eines Kaͤyſers Tochter bin. Alſo ſagen unſere Frauen/ mein Mann hat vergeſſen daß er eine ſo ſchoͤne/ wolgeſtalte zarte Frau genommen/ ich aber weis es noch wol daß ich eine ſolche bin/ die wol eines andern wuͤrdig als eines ſo unhoͤflichen Geſellen. Nach mahln erwaͤchſet hierauß ein Wiederwille/ Verachtung und Uneinigkeit/ der Mann geraͤht entweder in melancoliſche Gedancken oder auch unordentlich und ſorgloß Leben/ die Frau aber ſucht andere ſriſche Weyde/ beſucht den Tempel der Blauder Goͤttin gewydmet fleiſſig/ und thut derſelbigen Geluͤbde die Tage ihres Lebens/ nebſt ih- rer Neben-Goͤttin der Wolluſt auffzuopffern/ da ſie dann leicht erhoͤ- ret und ihr der Weg dahin zugelangen gewieſen wird. Jch weiß einen bekandten und hochberuͤhmten Ort/ da das Frau-Zimmer ihrer Jahre- Stunden in ſolcher Uppigkeit und Gelaſſenheit auch Verachtung ih- rer
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f1184" n="150"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">Inſtrumentum Pacis.</hi></fw><lb/> chelung des Schmacks am meiſten reitzen/ die muͤſſen erkaufft werden/<lb/> dieweil ſie die geſundeſten und anmuͤhtigſten den <hi rendition="#aq">Appetit</hi> zu erwecken<lb/> und die Eſſens-Luſt zu vermehren ſeyn; Sie achtet keiner Speiſen<lb/> noch Getraͤnckes/ wann ſie nicht von weit abgelegenen Orten zuge-<lb/> fuͤhret werden/ die Suͤſſigkeit ſelbſt iſt auf ihrer Zunge eitel Bitterkeit<lb/> wann ſie nicht außlaͤndiſch ſchmecke/ da muß ihre luͤſterne Begierde<lb/> erſaͤttiget ſeyn/ es koſte auch was es wolle/ dann wann eine Weibes-<lb/> perſon uͤber einem Dinge den Kopff auffſetzt/ kan ſie kein Engel noch<lb/> Teuffel darvon abwendig machen/ wil der Mann ſeine zart und ſchoͤne<lb/> Frau nicht erzuͤrnen/ muß er ſchaffen was ſie begehrt und haben wil/<lb/> damit ſeine Schoͤne ſich nicht ereyfere und zum Zorn bewege/ ihren<lb/> Lebens-Stand in die unterſte Helle alles Elendes vermaledeye/ ihre<lb/> wolgeſtalte Wangen-Farbe erblaſſe/ die Kraͤfte ihres geil-zarten Lei-<lb/> bes verliere und ihren weichmuͤhtigen Leib auf das Bette ſencke der<lb/> Todtes-Stunde zu erwarten. Weil auch die Wolluſt und Gelaſſen-<lb/> heit eine Außrufferin iſt/ welche die Ehrbarkeit in die Acht erklaͤret und<lb/> gantz auß den Hertzen und Gedancken außbannet/ dann wann ſie ei-<lb/> nige Lebens-Lufft wieder geſchoͤpfft/ und die natuͤrlichen Geiſter etwas<lb/> aufgemuntert/ ſetzt ſie die Wuͤrckung ihres Eyfers recht fort und geuſt<lb/> den gantzen Zorn-Strohm wieder ihren Mann auß/ da iſt er unwuͤr-<lb/> dig daß er eine ſolche liebe Seele anſchauen und umb ſich haben/ und<lb/> ein ſo ſchoͤner (ſchnoͤder vielmehr) wolformierter und wolgebeerder<lb/> Leib bey einem ſo grob und unhoͤflichen Unhold ruhen ſol. Ob er nicht<lb/> weiß was ſie vor ein ſchoͤn/ holdſelig und angenehmes Frauen-Bild<lb/> ſey/ ſo weiß ſie ſolches ſo viel beſſer/ dieweil bey allen ſolchen <hi rendition="#aq">Damen</hi><lb/> des hochloͤblichen Kaͤyſers <hi rendition="#aq">Auguſtus</hi> Tochter <hi rendition="#aq">Julia</hi> Muht und Siñ<lb/> verborgen liegt/ welche/ wie ſie von einem Hoffraht ermahnet worden/<lb/> ſie ſolte ſich nach des Herꝛn Vatern Vorbilde demuͤtig halten/ gar<lb/> frech geantwortet. Mein Vater hats vergeſſen daß er Kaͤyſer iſt/ ich<lb/> aber weiß/ daß ich eines Kaͤyſers Tochter bin. Alſo ſagen unſere<lb/> Frauen/ mein Mann hat vergeſſen daß er eine ſo ſchoͤne/ wolgeſtalte<lb/> zarte Frau genommen/ ich aber weis es noch wol daß ich eine ſolche<lb/> bin/ die wol eines andern wuͤrdig als eines ſo unhoͤflichen Geſellen.<lb/> Nach mahln erwaͤchſet hierauß ein Wiederwille/ Verachtung und<lb/> Uneinigkeit/ der Mann geraͤht entweder in melancoliſche Gedancken<lb/> oder auch unordentlich und ſorgloß Leben/ die Frau aber ſucht andere<lb/> ſriſche Weyde/ beſucht den Tempel der Blauder Goͤttin gewydmet<lb/> fleiſſig/ und thut derſelbigen Geluͤbde die Tage ihres Lebens/ nebſt ih-<lb/> rer Neben-Goͤttin der Wolluſt auffzuopffern/ da ſie dann leicht erhoͤ-<lb/> ret und ihr der Weg dahin zugelangen gewieſen wird. Jch weiß einen<lb/> bekandten und hochberuͤhmten Ort/ da das Frau-Zimmer ihrer Jahre-<lb/> Stunden in ſolcher Uppigkeit und Gelaſſenheit auch Verachtung ih-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">rer</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [150/1184]
Inſtrumentum Pacis.
chelung des Schmacks am meiſten reitzen/ die muͤſſen erkaufft werden/
dieweil ſie die geſundeſten und anmuͤhtigſten den Appetit zu erwecken
und die Eſſens-Luſt zu vermehren ſeyn; Sie achtet keiner Speiſen
noch Getraͤnckes/ wann ſie nicht von weit abgelegenen Orten zuge-
fuͤhret werden/ die Suͤſſigkeit ſelbſt iſt auf ihrer Zunge eitel Bitterkeit
wann ſie nicht außlaͤndiſch ſchmecke/ da muß ihre luͤſterne Begierde
erſaͤttiget ſeyn/ es koſte auch was es wolle/ dann wann eine Weibes-
perſon uͤber einem Dinge den Kopff auffſetzt/ kan ſie kein Engel noch
Teuffel darvon abwendig machen/ wil der Mann ſeine zart und ſchoͤne
Frau nicht erzuͤrnen/ muß er ſchaffen was ſie begehrt und haben wil/
damit ſeine Schoͤne ſich nicht ereyfere und zum Zorn bewege/ ihren
Lebens-Stand in die unterſte Helle alles Elendes vermaledeye/ ihre
wolgeſtalte Wangen-Farbe erblaſſe/ die Kraͤfte ihres geil-zarten Lei-
bes verliere und ihren weichmuͤhtigen Leib auf das Bette ſencke der
Todtes-Stunde zu erwarten. Weil auch die Wolluſt und Gelaſſen-
heit eine Außrufferin iſt/ welche die Ehrbarkeit in die Acht erklaͤret und
gantz auß den Hertzen und Gedancken außbannet/ dann wann ſie ei-
nige Lebens-Lufft wieder geſchoͤpfft/ und die natuͤrlichen Geiſter etwas
aufgemuntert/ ſetzt ſie die Wuͤrckung ihres Eyfers recht fort und geuſt
den gantzen Zorn-Strohm wieder ihren Mann auß/ da iſt er unwuͤr-
dig daß er eine ſolche liebe Seele anſchauen und umb ſich haben/ und
ein ſo ſchoͤner (ſchnoͤder vielmehr) wolformierter und wolgebeerder
Leib bey einem ſo grob und unhoͤflichen Unhold ruhen ſol. Ob er nicht
weiß was ſie vor ein ſchoͤn/ holdſelig und angenehmes Frauen-Bild
ſey/ ſo weiß ſie ſolches ſo viel beſſer/ dieweil bey allen ſolchen Damen
des hochloͤblichen Kaͤyſers Auguſtus Tochter Julia Muht und Siñ
verborgen liegt/ welche/ wie ſie von einem Hoffraht ermahnet worden/
ſie ſolte ſich nach des Herꝛn Vatern Vorbilde demuͤtig halten/ gar
frech geantwortet. Mein Vater hats vergeſſen daß er Kaͤyſer iſt/ ich
aber weiß/ daß ich eines Kaͤyſers Tochter bin. Alſo ſagen unſere
Frauen/ mein Mann hat vergeſſen daß er eine ſo ſchoͤne/ wolgeſtalte
zarte Frau genommen/ ich aber weis es noch wol daß ich eine ſolche
bin/ die wol eines andern wuͤrdig als eines ſo unhoͤflichen Geſellen.
Nach mahln erwaͤchſet hierauß ein Wiederwille/ Verachtung und
Uneinigkeit/ der Mann geraͤht entweder in melancoliſche Gedancken
oder auch unordentlich und ſorgloß Leben/ die Frau aber ſucht andere
ſriſche Weyde/ beſucht den Tempel der Blauder Goͤttin gewydmet
fleiſſig/ und thut derſelbigen Geluͤbde die Tage ihres Lebens/ nebſt ih-
rer Neben-Goͤttin der Wolluſt auffzuopffern/ da ſie dann leicht erhoͤ-
ret und ihr der Weg dahin zugelangen gewieſen wird. Jch weiß einen
bekandten und hochberuͤhmten Ort/ da das Frau-Zimmer ihrer Jahre-
Stunden in ſolcher Uppigkeit und Gelaſſenheit auch Verachtung ih-
rer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1184 |
Zitationshilfe: | Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1184>, abgerufen am 03.07.2024. |