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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Lustiger und anmuhtiger
Festo aut Nonio denen vortreflichen Römischen Feld-Obristen und
andern vornehmen Leuten zu schicken. Wiewohlen sie auch selbsten
sehr klagen/ daß fast nichts mehr vollkommenes oder unverfälschtes
seye in ihren Namen- oder Wört-Büchern.

Hierauff sagte Scaliger, mein Sohn und du Mercere, erin-
nert ihr euch nie nicht dieser abscheulichen und gehässigen Worte/
da doch einer dem Varroni und Festo, der ander dem Nonio die
Nase gerümpffet hat. Gewißlich diese unverschämte Neuling mö-
gen immerhin zum Ergernüß und bösen Exempel reden: und es möch-
te ihnen frey stehen/ daß eine jedwedere Rede neue Farbe an sich neh-
me und anthue: Wir müssen gleichwol zur Mittags Mahlzeit gehen/
nach dem wir von so süssen Meth beschenckt worden.

Und als der Lucius fortfuhre und selbe Reputationem be-
schriebe durch den Namen Studiosi INCONSIDERATI. Eben
der sagte: Es solte hier etwas folgen von den greulich verderbten und
gantz umgekehrten Sitten der Universitäten/ und wo es euch/ ihr lie-
ben Brüder/ nicht mißfelt/ werdet ihr hören wunderliche und seltzame
Veränderung der vorigen Zeiten.

Aber hütet euch/ daß ihr dem Schwätzer und halbgelehrten
Menschen nicht alles glaubet. Unterdessen wil ich alles fleissig
durchsuchen/ und will euch von allen dem/ was ich in warhaffte Er-
kundigung bringen werde/ Bericht erstatten.

Dieser Raht ward beliebet/ wiewol der Scioppius nicht we-
nig entgegen war: seinem Enckel aber/ wie sich es geziemete/ gefiel es
sehr wol/ und der vielmehr auff allerley Mittel und Wege/ auch Feuer
und Schwefel bedacht war/ wie solches heyloses Buch möchte vertil-
get und abgeschaffet werden. Doch hat man dem geziemenden Vor-
haben Folge geleistet; und indeme er das was er versprochen zuver-
richten angriffe: wurde allenthalben eine grosse Stille und grosses
warten auff Hoffnung/ biß daß der Censor von dem Lesen müde und
wie es schiene/ sehr zornig das verdrießliche Buch auß den Händen
geschlagen: und damit ihr wisset/ sagt er/ was mich so sehr verdriesse/
daß ich diesen Menschen nicht der Gebühr nach hier in euerer Session
vorgestellet/ ist das ich einem Ankömling und in unserer Versamlun-
ge Frembden willfahren wöllen. Jch aber hielte dafür daß mir die-
ses als eine Vorrichtung auffgetragen wäre/ damit ich das jenige
was etwan nicht zum besten außgearbeitet wäre/ beobachten sol-
te. Man mag oder wölle mich auch nur für halb geleh-
ret halten/ wil ich doch vielmehr lieber den zehenden Theil

des

Luſtiger und anmuhtiger
Feſto aut Nonio denen vortreflichen Roͤmiſchen Feld-Obriſten und
andern vornehmen Leuten zu ſchicken. Wiewohlen ſie auch ſelbſten
ſehr klagen/ daß faſt nichts mehr vollkommenes oder unverfaͤlſchtes
ſeye in ihren Namen- oder Woͤrt-Buͤchern.

Hierauff ſagte Scaliger, mein Sohn und du Mercere, erin-
nert ihr euch nie nicht dieſer abſcheulichen und gehaͤſſigen Worte/
da doch einer dem Varroni und Feſto, der ander dem Nonio die
Naſe geruͤmpffet hat. Gewißlich dieſe unverſchaͤmte Neuling moͤ-
gen immerhin zum Ergernuͤß und boͤſen Exempel reden: und es moͤch-
te ihnẽ frey ſtehen/ daß eine jedwedere Rede neue Farbe an ſich neh-
me und anthue: Wir muͤſſen gleichwol zur Mittags Mahlzeit gehen/
nach dem wir von ſo ſuͤſſen Meth beſchenckt worden.

Und als der Lucius fortfuhre und ſelbe Reputationem be-
ſchriebe durch den Namen Studioſi INCONSIDERATI. Eben
der ſagte: Es ſolte hier etwas folgen von den greulich verderbten und
gantz umgekehrten Sitten der Univerſitaͤten/ und wo es euch/ ihr lie-
ben Bruͤder/ nicht mißfelt/ werdet ihr hoͤren wunderliche und ſeltzame
Veraͤnderung der vorigen Zeiten.

Aber huͤtet euch/ daß ihr dem Schwaͤtzer und halbgelehrten
Menſchen nicht alles glaubet. Unterdeſſen wil ich alles fleiſſig
durchſuchen/ und will euch von allen dem/ was ich in warhaffte Er-
kundigung bringen werde/ Bericht erſtatten.

Dieſer Raht ward beliebet/ wiewol der Scioppius nicht we-
nig entgegen war: ſeinem Enckel aber/ wie ſich es geziemete/ gefiel es
ſehr wol/ und der vielmehr auff allerley Mittel und Wege/ auch Feuer
und Schwefel bedacht war/ wie ſolches heyloſes Buch moͤchte vertil-
get und abgeſchaffet werden. Doch hat man dem geziemenden Vor-
haben Folge geleiſtet; und indeme er das was er verſprochen zuver-
ꝛichten angriffe: wurde allenthalben eine groſſe Stille und groſſes
warten auff Hoffnung/ biß daß der Cenſor von dem Leſen muͤde und
wie es ſchiene/ ſehr zornig das verdrießliche Buch auß den Haͤnden
geſchlagen: und damit ihr wiſſet/ ſagt er/ was mich ſo ſehr verdrieſſe/
daß ich dieſen Menſchen nicht der Gebuͤhr nach hier in euerer Seſſion
vorgeſtellet/ iſt das ich einem Ankoͤmling und in unſerer Verſamlun-
ge Frembden willfahren woͤllen. Jch aber hielte dafuͤr daß mir die-
ſes als eine Vorꝛichtung auffgetragen waͤre/ damit ich das jenige
was etwan nicht zum beſten außgearbeitet waͤre/ beobachten ſol-
te. Man mag oder woͤlle mich auch nur fuͤr halb geleh-
ret halten/ wil ich doch vielmehr lieber den zehenden Theil

des
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[984/1026] Luſtiger und anmuhtiger Feſto aut Nonio denen vortreflichen Roͤmiſchen Feld-Obriſten und andern vornehmen Leuten zu ſchicken. Wiewohlen ſie auch ſelbſten ſehr klagen/ daß faſt nichts mehr vollkommenes oder unverfaͤlſchtes ſeye in ihren Namen- oder Woͤrt-Buͤchern. Hierauff ſagte Scaliger, mein Sohn und du Mercere, erin- nert ihr euch nie nicht dieſer abſcheulichen und gehaͤſſigen Worte/ da doch einer dem Varroni und Feſto, der ander dem Nonio die Naſe geruͤmpffet hat. Gewißlich dieſe unverſchaͤmte Neuling moͤ- gen immerhin zum Ergernuͤß und boͤſen Exempel reden: und es moͤch- te ihnẽ frey ſtehen/ daß eine jedwedere Rede neue Farbe an ſich neh- me und anthue: Wir muͤſſen gleichwol zur Mittags Mahlzeit gehen/ nach dem wir von ſo ſuͤſſen Meth beſchenckt worden. Und als der Lucius fortfuhre und ſelbe Reputationem be- ſchriebe durch den Namen Studioſi INCONSIDERATI. Eben der ſagte: Es ſolte hier etwas folgen von den greulich verderbten und gantz umgekehrten Sitten der Univerſitaͤten/ und wo es euch/ ihr lie- ben Bruͤder/ nicht mißfelt/ werdet ihr hoͤren wunderliche und ſeltzame Veraͤnderung der vorigen Zeiten. Aber huͤtet euch/ daß ihr dem Schwaͤtzer und halbgelehrten Menſchen nicht alles glaubet. Unterdeſſen wil ich alles fleiſſig durchſuchen/ und will euch von allen dem/ was ich in warhaffte Er- kundigung bringen werde/ Bericht erſtatten. Dieſer Raht ward beliebet/ wiewol der Scioppius nicht we- nig entgegen war: ſeinem Enckel aber/ wie ſich es geziemete/ gefiel es ſehr wol/ und der vielmehr auff allerley Mittel und Wege/ auch Feuer und Schwefel bedacht war/ wie ſolches heyloſes Buch moͤchte vertil- get und abgeſchaffet werden. Doch hat man dem geziemenden Vor- haben Folge geleiſtet; und indeme er das was er verſprochen zuver- ꝛichten angriffe: wurde allenthalben eine groſſe Stille und groſſes warten auff Hoffnung/ biß daß der Cenſor von dem Leſen muͤde und wie es ſchiene/ ſehr zornig das verdrießliche Buch auß den Haͤnden geſchlagen: und damit ihr wiſſet/ ſagt er/ was mich ſo ſehr verdrieſſe/ daß ich dieſen Menſchen nicht der Gebuͤhr nach hier in euerer Seſſion vorgeſtellet/ iſt das ich einem Ankoͤmling und in unſerer Verſamlun- ge Frembden willfahren woͤllen. Jch aber hielte dafuͤr daß mir die- ſes als eine Vorꝛichtung auffgetragen waͤre/ damit ich das jenige was etwan nicht zum beſten außgearbeitet waͤre/ beobachten ſol- te. Man mag oder woͤlle mich auch nur fuͤr halb geleh- ret halten/ wil ich doch vielmehr lieber den zehenden Theil des

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 984. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1026>, abgerufen am 18.05.2024.