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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Regenten-Spiegel.
reich/ an grosser Herren Höfen offt grossen Nutzen schaffen. Dieser
Clement Marott ist am Frantzösischen Hofe so nutze gewesen als ein
königlicher Rath und Hofprediger. Man sagt/ daß er einsmals dem
königlichen Frauenzimmer zu Paris/ mit einem höfflichen Schertz die
Warheit gesagt habe. Das Frauenzimmer aber ist gemeiniglich rach-
gierig/ und wer Frauen und Jungfrauen die Warheit zeigt/ dem
schlagen sie den Fidelbogen auff den Kopff. Also ist es dem guten Cle-
ment Marott auch gangen Das Frauenzimmer hat ihn so lang bey
dem König verleumbdet/ biß der König eine Ungenad auff ihn ge-
worffen/ und befohlen daß er solle mit Ruthen gestrichen werden. Cle-
ment Marott hat dem König einen Fußfall gethan/ und gebeten/ daß
ehe die Execution vorgehe/ der König ihn einer einigen Bitt gewehren
wolle/ darin er nicht umb Perdon bitten wolle/ sondern nur daß die
Execution der Königlichen Sententz mit guter Manier möge vollzo-
gen werden. Der König hatte geantwortet/ so solle er dann bitten/ es
sol ihm nicht abgeschlagen werden. Da hatte Marott gebeten/ daß der
König befehlen wolle/ daß die jenige in dem Königl. Frauenzimmer/
welche mit einem theuren Eyd bezeugen könne/ daß sie keine Hure sey/
ihm möge den ersten Streich geben. Weil nun keine im Frauenzimmer
schweren wolt/ blieb Marott ungestrichen. Einsmals gieng er spatzie-
ren mit einem königlichen Cammerdiener/ und gieng ihm auff der rech-
ten Seiten. Der Cammerdiener war etwas hoffärtig/ und sagte: Ma-
rott/ ich kan nicht leiden/ daß mir ein Narr zur Rechten gehe. O sagte
Marott/ das kan ich gar wol leiden/ und gieng ihm geschwinde zur lin-
cken Seiten. Jch dencke itzo an einen vornehmen höchgelährten Mann/
welcher einsmals einen Marstall besehen wolt/ und nachdem er etwas
kurtz von Person/ und damals der Brauch war lange Spanische Rieth
oder Stöck zu tragen/ als hatte dieser einen Stock/ der viel länger war
als er selbst. Jndem er nun die schöne Pferde besahe/ kam ein alter Kö-
nig dazu/ und wolte den Marstall auch besehen. Als nun der König
diese Person mit dem langen Stock sahe/ sagte er: Wann du den
Stock nicht hättest/ so köntest du nicht fortkommen auff der Strassen.
Dieser gute Mann neigte sich gegen dem König/ und sagte: Euer
Majestät haben so viel Narren in ihren Königreichen und Provintzen/
also werden sie auch noch einen Stock-Narren passiren lassen. Der
König antwortete/ Siehe da Compe. Das hätte ich hinter dir nicht
gesucht. Am Käyserlichen Hofe ist einsmals ein artiger Narr gewesen.
Als der gehört/ daß über einen Fürsten geklagt worden/ daß er kein
Saltz auß seinem Land verkauffen/ und den Benachbarten umbs Geld
wolle folgen lassen/ da antwortet er: Lieben Herren/ er hat das Saltz
selbst vonnöthen. Wisset ihr nicht/ wie er seine Bauern schinde? Wann
er sie nicht wird einsaltzen lassen/ so wird es einen grossen Gestanck

im

Regenten-Spiegel.
reich/ an groſſer Herren Hoͤfen offt groſſen Nutzen ſchaffen. Dieſer
Clement Marott iſt am Frantzoͤſiſchen Hofe ſo nutze geweſen als ein
koͤniglicher Rath und Hofprediger. Man ſagt/ daß er einsmals dem
koͤniglichen Frauenzimmer zu Paris/ mit einem hoͤfflichen Schertz die
Warheit geſagt habe. Das Frauenzimmer aber iſt gemeiniglich rach-
gierig/ und wer Frauen und Jungfrauen die Warheit zeigt/ dem
ſchlagen ſie den Fidelbogen auff den Kopff. Alſo iſt es dem guten Cle-
ment Marott auch gangen Das Frauenzimmer hat ihn ſo lang bey
dem Koͤnig verleumbdet/ biß der Koͤnig eine Ungenad auff ihn ge-
worffen/ und befohlen daß er ſolle mit Ruthen geſtrichen werden. Cle-
ment Marott hat dem Koͤnig einen Fußfall gethan/ und gebeten/ daß
ehe die Execution vorgehe/ der Koͤnig ihn einer einigen Bitt gewehren
wolle/ darin er nicht umb Perdon bitten wolle/ ſondern nur daß die
Execution der Koͤniglichen Sententz mit guter Manier moͤge vollzo-
gen werden. Der Koͤnig hatte geantwortet/ ſo ſolle er dann bitten/ es
ſol ihm nicht abgeſchlagen werden. Da hatte Marott gebeten/ daß der
Koͤnig befehlen wolle/ daß die jenige in dem Koͤnigl. Frauenzimmer/
welche mit einem theuren Eyd bezeugen koͤnne/ daß ſie keine Hure ſey/
ihm moͤge den erſten Streich geben. Weil nun keine im Frauenzimmer
ſchweren wolt/ blieb Marott ungeſtrichen. Einsmals gieng er ſpatzie-
ren mit einem koͤniglichen Cammerdiener/ und gieng ihm auff der rech-
ten Seiten. Der Cammerdiener war etwas hoffaͤrtig/ und ſagte: Ma-
rott/ ich kan nicht leiden/ daß mir ein Narꝛ zur Rechten gehe. O ſagte
Marott/ das kan ich gar wol leiden/ und gieng ihm geſchwinde zur lin-
cken Seiten. Jch dencke itzo an einen vornehmen hoͤchgelaͤhrten Mañ/
welcher einsmals einen Marſtall beſehen wolt/ und nachdem er etwas
kurtz von Perſon/ und damals der Brauch war lange Spaniſche Rieth
oder Stoͤck zu tragen/ als hatte dieſer einen Stock/ der viel laͤnger war
als er ſelbſt. Jndem er nun die ſchoͤne Pferde beſahe/ kam ein alter Koͤ-
nig dazu/ und wolte den Marſtall auch beſehen. Als nun der Koͤnig
dieſe Perſon mit dem langen Stock ſahe/ ſagte er: Wann du den
Stock nicht haͤtteſt/ ſo koͤnteſt du nicht fortkommen auff der Straſſen.
Dieſer gute Mann neigte ſich gegen dem Koͤnig/ und ſagte: Euer
Majeſtaͤt haben ſo viel Narꝛen in ihren Koͤnigreichen und Provintzẽ/
alſo werden ſie auch noch einen Stock-Narꝛen paſſiren laſſen. Der
Koͤnig antwortete/ Siehe da Compe. Das haͤtte ich hinter dir nicht
geſucht. Am Kaͤyſerlichen Hofe iſt einsmals ein artiger Narꝛ geweſen.
Als der gehoͤrt/ daß uͤber einen Fuͤrſten geklagt worden/ daß er kein
Saltz auß ſeinem Land verkauffen/ und den Benachbarten umbs Geld
wolle folgen laſſen/ da antwortet er: Lieben Herꝛen/ er hat das Saltz
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[43/0085] Regenten-Spiegel. reich/ an groſſer Herren Hoͤfen offt groſſen Nutzen ſchaffen. Dieſer Clement Marott iſt am Frantzoͤſiſchen Hofe ſo nutze geweſen als ein koͤniglicher Rath und Hofprediger. Man ſagt/ daß er einsmals dem koͤniglichen Frauenzimmer zu Paris/ mit einem hoͤfflichen Schertz die Warheit geſagt habe. Das Frauenzimmer aber iſt gemeiniglich rach- gierig/ und wer Frauen und Jungfrauen die Warheit zeigt/ dem ſchlagen ſie den Fidelbogen auff den Kopff. Alſo iſt es dem guten Cle- ment Marott auch gangen Das Frauenzimmer hat ihn ſo lang bey dem Koͤnig verleumbdet/ biß der Koͤnig eine Ungenad auff ihn ge- worffen/ und befohlen daß er ſolle mit Ruthen geſtrichen werden. Cle- ment Marott hat dem Koͤnig einen Fußfall gethan/ und gebeten/ daß ehe die Execution vorgehe/ der Koͤnig ihn einer einigen Bitt gewehren wolle/ darin er nicht umb Perdon bitten wolle/ ſondern nur daß die Execution der Koͤniglichen Sententz mit guter Manier moͤge vollzo- gen werden. Der Koͤnig hatte geantwortet/ ſo ſolle er dann bitten/ es ſol ihm nicht abgeſchlagen werden. Da hatte Marott gebeten/ daß der Koͤnig befehlen wolle/ daß die jenige in dem Koͤnigl. Frauenzimmer/ welche mit einem theuren Eyd bezeugen koͤnne/ daß ſie keine Hure ſey/ ihm moͤge den erſten Streich geben. Weil nun keine im Frauenzimmer ſchweren wolt/ blieb Marott ungeſtrichen. Einsmals gieng er ſpatzie- ren mit einem koͤniglichen Cammerdiener/ und gieng ihm auff der rech- ten Seiten. Der Cammerdiener war etwas hoffaͤrtig/ und ſagte: Ma- rott/ ich kan nicht leiden/ daß mir ein Narꝛ zur Rechten gehe. O ſagte Marott/ das kan ich gar wol leiden/ und gieng ihm geſchwinde zur lin- cken Seiten. Jch dencke itzo an einen vornehmen hoͤchgelaͤhrten Mañ/ welcher einsmals einen Marſtall beſehen wolt/ und nachdem er etwas kurtz von Perſon/ und damals der Brauch war lange Spaniſche Rieth oder Stoͤck zu tragen/ als hatte dieſer einen Stock/ der viel laͤnger war als er ſelbſt. Jndem er nun die ſchoͤne Pferde beſahe/ kam ein alter Koͤ- nig dazu/ und wolte den Marſtall auch beſehen. Als nun der Koͤnig dieſe Perſon mit dem langen Stock ſahe/ ſagte er: Wann du den Stock nicht haͤtteſt/ ſo koͤnteſt du nicht fortkommen auff der Straſſen. Dieſer gute Mann neigte ſich gegen dem Koͤnig/ und ſagte: Euer Majeſtaͤt haben ſo viel Narꝛen in ihren Koͤnigreichen und Provintzẽ/ alſo werden ſie auch noch einen Stock-Narꝛen paſſiren laſſen. Der Koͤnig antwortete/ Siehe da Compe. Das haͤtte ich hinter dir nicht geſucht. Am Kaͤyſerlichen Hofe iſt einsmals ein artiger Narꝛ geweſen. Als der gehoͤrt/ daß uͤber einen Fuͤrſten geklagt worden/ daß er kein Saltz auß ſeinem Land verkauffen/ und den Benachbarten umbs Geld wolle folgen laſſen/ da antwortet er: Lieben Herꝛen/ er hat das Saltz ſelbſt vonnoͤthen. Wiſſet ihr nicht/ wie er ſeine Bauern ſchinde? Wann er ſie nicht wird einſaltzen laſſen/ ſo wird es einen groſſen Geſtanck im

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/85>, abgerufen am 25.11.2024.